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Einrichtung in Kelbra Einrichtung in Kelbra: Suchtklinik bei Sangerhausen steht vor dem Ruin

Von Manfred Deideck 14.11.2002, 20:05

Kelbra/MZ. - Der Fachklinik für Suchtkranke in Kelbra (Kreis Sangerhausen) droht der finanzielle Ruin. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt haben angekündigt, keine Patienten mehr dorthin zu schicken. Hintergrund ist der Vorwurf, dass in der Suchtklinik eine fachgerechte Betreuung nicht gewährleistet sei. So ist laut BfA der zuständige Chefarzt in den vergangenen vier Monaten nur ein einziges Mal im Haus gewesen. Außerdem sollen größere Therapiegruppen als vereinbart gebildet worden sein, um Kosten zu sparen. Die Geschäftsführung der Klinik bestreitet die Vorwürfe.

Die Idylle ist trügerisch. Wohl keinem der 52 Mitarbeiter der erst im Sommer 2000 eröffneten Fachklinik für suchtkranke Menschen in Kelbra (Kreis Sangerhausen) steht derzeit der Sinn danach, den Rundblick auf den nahe gelegenen Stausee am Fuße des Kyffhäuser-Denkmals zu genießen. Denn im Haus macht eine Hiobsbotschaft die Runde: Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die Landesversicherungsanstalt (LVA) Sachsen-Anhalt wollen keine Patienten mehr zur Therapie schicken.

Für das Haus käme das dem Ende gleich. Immerhin werden 90 Prozent der 106 Betten bislang von beiden Versicherungsanstalten beschickt. Und schon die nächsten Patienten, 58 an der Zahl, sollen jetzt nicht mehr anreisen.

Das habe trifftige Gründe, sagt der Abteilungsleiter der LVA Sachsen-Anhalt, Wolfgang Wall. Eine unangemeldete Überprüfung durch die BfA habe Zweifel aufkommen lassen, ob in der bisher stets gut ausgelasteten Klinik derzeit eine fachgerechte Therapie für Suchtkranke gewährleistet sei. Hintergrund ist der Vorwurf, dass der neue Chefarzt in vier Monaten nur einmal im Haus gewesen sein soll. "Die LVA ist nicht dazu da, Arbeitsplätze zu sichern", sagte Abteilungsleiter Wall. Vielmehr stehe das Wohl der Patienten im Vordergrund.

Z-TITEL: "Wenn bezahlte Leistungen nicht erbracht werden, müssen wir reagieren."

Ursula Mootz

Dezernentin der BFA

Dem pflichtet auch BfA-Dezernentin Ursula Mootz bei: "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht." Natürlich verfolge die Behörde die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt mit Sorge. Aber: "Wenn bezahlte Leistungen nicht erbracht werden, müssen wir reagieren."

Darüber hinaus wird dem Geschäftsführer der Fachklinik, Bernd Schnitter, vorgeworfen, "schwarze" Betten zu führen. Ein Mehr an Patienten, so argumentieren die Versicherungsanstalten, führe dazu, dass die für die Therapie-Gruppen festgelegte Zahl von zwölf Patienten überschritten wird.

Geschäftsführer Schnitter bestreitet die Vorwürfe. Die Klinik habe bundesweit einen guten Ruf. Er unterstrich, dass die Stelle des Chefarztes seit dem 1. November neu besetzt ist. Schnitter bewertet die ganze Sache als einen Racheakt des ehemaligen Chefarztes, dem zum 30. Juni 2002 gekündigt worden war und der inzwischen in Bad Kösen tätig ist. Auf MZ-Anfrage wies der beschuldigte Mediziner die Anwürfe weit von sich: "Ich bedaure diese Entwicklung sehr und bin tief bestürzt."

Den Mitarbeitern der rund 12,5 Millionen Euro teuren Klinik geht das ebenso. Und deshalb hoffen sie, dass es doch noch eine Lösung geben könnte. Viel Grund zum Optimismus haben sie freilich nicht mehr.