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Einkauf von Weihnachtsgeschenken Einkauf von Weihnachtsgeschenken: Auf den letzten Drücker

Von Christian Schafmeister und Ralf Böhme 19.12.2014, 21:04
Nur wenige Deutsche verzichten in diesem Jahr gänzlich auf das Verschenken.
Nur wenige Deutsche verzichten in diesem Jahr gänzlich auf das Verschenken. DPA Lizenz

Halle (Saale) - Endspurt. Nur noch wenige Tage sind es bis Heiligabend. An diesem letzten Adventswochenende, so viel ist klar, werden auch in Sachsen-Anhalt nochmals tausende Geschenke über die Ladentische gehen. Gutscheine, Bücher und Kosmetik sind nach einer Umfrage des Einzelhandelsverbandes HDE die Renner im Weihnachtsgeschäft. Doch wer im Einkaufsstress ist, verbringt alles andere als ein besinnliches Wochenende. Stattdessen erleben alle, die noch auf der Suche nach dem passenden Geschenk sind (oder damit noch gar nicht begonnen haben), volle Geschäfte, stickige Luft in den Kaufhäusern und viel Hektik. Doch muss das so sein? Alle Geschenke auf den letzten Drücker zu kaufen?

Forscher der Hochschule für Oekonomie und Management in München haben in einer Umfrage ermittelt, dass rund 70 Prozent der Menschen sich tatsächlich erst im Dezember um die Geschenke kümmern. 5,8 Prozent der Befragten kaufen erst am 23. und 24. Dezember ein - trotz aller Vorsätze, sich dieses Mal nicht unter Druck zu setzen. Der HDE erwartet, dass der Trend zum späten Einkauf dieses Jahr besonders stark ist. „Heiligabend fällt auf einen Mittwoch. Daher gehen wir von einer großen Zahl von ,Last-Minute-Shoppern’ aus“, sagt Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Wer also Buch, Parfüm oder Smartphone nicht am Wochenende kaufen kann, der hat noch Anfang nächster Woche Zeit.

Bei Galeria Kaufhof in Halle ist es in der Spielwarenabteilung bereits am Freitag voll. An den Ständen von Playmobil und Lego wird aus- und eingepackt, beraten und probiert. Ernst Mannicke versucht gerade, wie man das Blaulicht eines Feuerwehrautos einschaltet. Sein Enkel ist drei Jahre alt. „Da muss ich ihm das natürlich erklären können.“ Den Einkauf der Geschenke legt der 55-Jährige traditionell auf das letzte Wochenende im Advent. Kein Einzelfall, wie sich zeigt. Katrin Schubert-Sentfleben etwa, die Puzzle sucht, glaubt, dass kurz vor der Bescherung das Angebot besonders gut ist. Und Sybille Schumann wartet immer erst auf die Prämie zum Jahresende, bevor sie sich in den Trubel stürzt.

Wer einen konkreten Kaufwunsch hat und Zeit sparen möchte, wendet sich am besten direkt an das Personal der Spielwarenabteilung. Und Schnäppchenjäger können sich kurz vor der Bescherung über viele Angebote freuen. Derweil hat das Personal alle Hände voll zu tun. Fünf Frauen falten Geschenkpapier, wickeln ein, kleben und bringen Schleifen an. Etwas Wartezeit muss man dennoch einplanen. Das gilt auch für die Kassen, wo die Mitarbeiter ihr Bestes geben, um die mit vielen Geschenken beladenen Kunden rasch abzukassieren. Übrigens, auch eine Ruhezone gibt es - dort, wo Barbie und Co. zu Hause sind. Rosarot ist die dominierende Farbe - und die scheint viele Gemüter in der allgemeinen Hektik sanft zu stimmen.

Gutscheine voll im Trend

Aus Sicht des Magdeburger Ökonomen Joachim Weimann hat sich der Markt ohnehin bestens auf die Bedürfnisse der Konsumenten eingestellt. „Das Schenken wird uns immer einfacher gemacht“, sagt der Professor für Wirtschaftspolitik. Viele Dinge könnten selbst noch am 23. Dezember online bestellt werden und lägen Heiligabend unter dem Weihnachtsbaum. „Das ist einfach, stressfrei und ohne Risiko.“ Auch vor Enttäuschungen beim Schenken würden die Kunden immer besser bewahrt. „Es ist ja kein Zufall, dass es heute Gutscheine in allen Variationen gibt.“ Aber auch Sammlungen, etwa mit Schmuck, die jedes Jahr um ein Stück ergänzt werden können, machten es dem Kunden einfacher.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum viele Menschen ihre Geschenke erst so spät kaufen.

Das Weihnachtsgeschäft ist für einige Branchen von zentraler Bedeutung. So werden knapp 28 Prozent der Umsätze im Spielwarengeschäft im November und Dezember erzielt. Insgesamt erwartet der deutsche Einzelhandel dieses Jahr ein Plus von 1,2 Prozent auf 85,5 Milliarden Euro. Allein im Online-Handel werden zehn Milliarden Euro umgesetzt, das ist ein Zuwachs von 18 Prozent.

Dass viele Menschen die Geschenke so spät kaufen, liegt für Weimann auch an der menschlichen Natur. „Der Mensch ist einfach sehr ungeduldig.“ Das heißt, wer ein Geschenk hat, der möchte es nicht lange Zeit versteckt halten. Vielmehr geht es darum, sich auch an der Freude des Beschenkten erfreuen zu können - und das schnell. „Auch aus dem Grund kaufen viele Menschen die Weihnachtsgeschenke nicht schon im Sommer.“ Trotz der Annehmlichkeiten wie Gutscheinen und Online-Bestellung: Für viele Menschen bleibt der Kauf der Geschenke nach einer Umfrage von Psychologen der Universität Erlangen ein Stressfaktor. Die Mehrheit der 500 Befragten im Alter von 17 bis 77 Jahren empfindet es schon als besonders anstrengend, sich Ideen zu überlegen. Die Krawatte für den Herren, das Parfüm für die Dame und die Topflappen für die Oma sollen es schließlich nicht schon wieder sein.

Gekauft wird dennoch - und zwar noch mehr als im Vorjahr. So erwartet der HDE im aktuellen Weihnachtsgeschäft ein Umsatzplus von 1,2 Prozent. Das wären 85 Milliarden Euro. Grund ist die gute wirtschaftliche Lage. So geben die Kunden im Schnitt 447 Euro aus, nochmals 50 Euro mehr als im Vorjahr. Davon profitieren aus Sicht des Soziologen Christian Papilloud aus Halle vor allem Kinder. „Sie stehen beim Schenken klar im Zentrum.“ Kein Wunder ist es daher, dass die Spielwarenhändler mehr als ein Viertel ihres Jahresumsatzes im November und Dezember machen.

Positive Gefühle dominieren

Und was nehmen wir mit für 2015? „Will man die Weihnachtszeit entspannter erleben, sollte man an seinem generellen Umgang mit stressreichen Situationen arbeiten“, rät die Sozialpsychologin Andrea Abele Brehm aus Erlangen. Denn insbesondere Personen, die auch sonst oft gestresst reagieren, erleben den Weihnachtsstress intensiv. Doch ob schon entspannt oder noch gestresst: Weihnachten sei für die allermeisten doch eine schöne Sache. „Die positiven Gefühle überwiegen bei Weitem.“

Na dann, frohes Fest! (mz)

Infografik zum Weihnachtsgeschäft
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