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Dorfprojekt Dorfprojekt: Tanz auf dem Speicher und Kabarett an der Schüttgosse

Von Harald Lachmann 19.10.2004, 19:42

Buhelndorf/MZ. - Hamburg hat seine Speicherstadt, Gdansk ein Speicherviertel und Buhlendorf (Kreis Anhalt-Zerbst) seinen alten Kornspeicher. Der ist mit 28 Metern Höhe nicht nur weithin sichtbar, sondern mit dem kleinen, ziegelgedeckten Turmaufbau auch ausgesprochen schön und zudem eine technische Rarität. "In ganz Europa gibt es nur vier baugleiche Exemplare", sagt Hans-Joachim Wuttig.

Der Buhlendorfer entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem Speicherexperten. Nach Feierabend leitet Wuttig den Kultur- und Heimatverein. Dahinter stecken rund vier Dutzend Dorfbewohner, die in den vergangenen Jahren vor allem ein Ziel einte: den seit der Wende dahin dümpelnden Speicher zu neuem Leben zu erwecken. Von 1912 bis 1914 war er errichtet worden - angeregt durch den umtriebigen Pächter Julius Sperling, der die Domäne Buhlendorf damals zu einem führenden Saatzuchtbetrieb Deutschlands entwickelte.

Unlängst jährte ich zum vierten Mal die feierliche Wiedereröffnung des Baus. Parterre lädt eine rustikale Bar zum Verweilen ein. In den Etagen darüber trifft sich das 260-Seelen-Dorf zu Vereinsarbeit, Feiern und Festen. Der besteigbare Turm erlaubt bei guter Sicht den Blick bis Harz und Fläming.

Doch die Jahre vor der Wiedereröffnung, konkret ab 1997, seien von harter Arbeit und dem Kampf um Geld geprägt gewesen, erzählt Wuttig. Der 49-jährige war die treibende Kraft, auch wenn er selbst es als große Gemeinschaftsaktion der Buhlendorfer Vereine wertet.

Der Turm wurde neu gedeckt, Schäden in der Fassade wurden repariert, Fenster ausgewechselt. Zehntausende Stunden Freizeit und viel handwerkliches Können stecken so in dem Mühl- und Lagerhaus. Wuttig: "Bezogen auf einen mittleren Stundenlohn am Bau erbrachten wir Eigenleistungen für 61 400 Euro." Diese Arbeiten wurden zum Unterpfand, damit auch erhebliche Zuschüsse nach Buhlendorf flossen. Allein die EU steuerte 190 000 Euro bei. Und auch die Buhlendorfer selbst klotzten, statt zu kleckern: Fast 17 000 Euro stammen aus der Gemeindekasse, weitere gut 10 000 Euro brachte der Verein selbst auf.

Nun ist ständig etwas los im Speicher. Die Palette reicht von Vereinsarbeit und Laienspielproben über Floristikabende, Weinverkostungen und Blasmusik bis zu Polterabenden und Schülerprojekttagen. Zu Speicherführungen kommen Interessierte von weither in das technische Denkmal.

Ein Highlight im Dorfleben sind Kabarettabende zwischen Schüttgosse, Becherwerk und Transmissionsriemen. Denn Buhlendorf gehört zum Tourneeprogramm der Magdeburger Ensembles "Kugelblitze" und "Zwickmühle". Und was bei den Veranstaltungen in die Vereinskasse fließt, ist meist schon für neue Projekte verplant.