Die Grünen in Sachsen-Anhalt Die Grünen in Sachsen-Anhalt: Arm, aber transparent
MAGDEBURG/MZ. - Betteln gehen oder Spenden einwerben - das ist in der Politik manchmal nicht weit auseinander. Etwa bei den Grünen: Auf dem Bundesparteitag vor zwei Jahren ging zu Gunsten der Parteifreunde aus Sachsen-Anhalt eine Spendenbüchse herum - als Hilfe, damit die Grünen wieder in den Landtag einziehen. Am Ende klingelten genau 916,21 Euro in der Büchse - und das war schon die zweithöchste Spende, die die Landesgrünen 2010 einnahmen.
In dem Jahr haben die Grünen genau 25 162 Euro Parteispenden bekommen - darunter war aber nur eine Spende eines Unternehmens: 100 Euro von den Elektrizitätswerken Schönau, einem Ökostrom-Anbieter aus Baden-Württemberg. Im Landtagswahljahr 2011 ging die Spendensumme zwar auf 36 700 Euro hoch. Davon waren auch immerhin 5 650 Euro von juristischen Personen - also Firmen oder Vereinen. Das meiste kam aber vom später insolventen Solarzellenhersteller Q-Cells: 4 900 Euro.
Die Grünen nehmen also den Großteil ihrer Spenden von Privatpersonen ein, meist kleinere Einzelsummen. Schatzmeisterin Julia Burghardt spricht von "hunderten Zahlungen". Weit mehr als die Hälfte der Spenden stammt laut Burghardt von Parteimitgliedern.
Die Spendeneinnahmen der Grünen sind eher ein Rinnsal, dafür aber ein vergleichsweise klares: Die Partei nennt wenigstens Spendernamen, obwohl sie nicht müsste. "Uns ist Transparenz beim Sponsoring und Spenden wichtig und wir verabreden mit juristischen Personen eine Veröffentlichung der Zusammenarbeit bereits unterhalb der Veröffentlichungsgrenze", sagt Burghardt. Ab 10 000 Euro müssen die Spendernamen veröffentlicht werden. Bei der Frage nach Namen ziehen sich die drei anderen im Landtag vertretenen Parteien darauf zurück.
"Es waren keine Spenden von juristischen Personen über 10 000 Euro zu verzeichnen und können aus diesem Grund nicht genannt werden", sagt CDU-Landesgeschäftsführer Mario Zeising. Die CDU hat alleine vergangenes Jahr 625 482 Euro an Spenden erhalten, das 17-fache der Grünen-Summe. Es ist eine Elbe an Parteispende - aber eben mit schlammigen Wasser. Als Spendernamen tauchen nur Mandatsträger wie Abgeordnete oder Regierungsmitglieder auf.
So hat 2009 Staatskanzleichef Rainer Robra 12 600 Euro gespendet. Und der damalige Bundestagskandidat Kees de Vries 15 525 Euro. Ansonsten nennt die CDU bei den Firmen nur die Evagor GmbH, weil die mehr als 10 000 Euro gespendet habe. Die Firma aus Leipzig bedachte aber auch die Linke mit 25 000 Euro. Warum die Gesellschaft für Investitionsberatung und Projektentwicklung die beiden gegensätzlichen Parteien fördert ist offen. Auf MZ-Anfrage gab es keine Reaktion der Firma.
Alle vier Parteien betonen aber, dass die Spenden nicht mit konkreten Erwartungen oder Forderungen der Spender einhergehen. "Spezielle Erwartungen von Spendern kenne ich nicht. Grundsätzlich dürfte jeder Spender natürlich erwarten, dass die SPD ihre politischen Ziele so gut wie möglich umsetzt", sagt SPD-Chefin Katrin Budde. Ähnlich äußerten sich die anderen Parteien. Spenden seien gerade für Kampagnen wichtig. "Der überwiegende Teil der Spenden fließt in die jeweiligen Wahlkämpfe."
Ihren laufenden Betrieb finanzieren die Parteien aus anderen Posten. Das wird am Beispiel der CDU deutlich. Nach dem Rechenschaftsbericht hatte die Partei 2010 Gesamteinnahmen von gut 2,2 Millionen Euro. Die Parteispenden waren mit 483 000 Euro der drittgrößte Posten. 627 882 Euro waren Mitgliedsbeiträge. 504 358 Euro erhielt die CDU aus staatlichen Mitteln, etwa Wahlkampfkostenerstattung. Und 434 237 Euro stammten aus Mandatsträgerbeiträgen: Landtagsabgeordnete müssen zum Beispiel zu ihrem normalen Mitgliedsbeitrag noch monatlich 6,5 Prozent der Grunddiät - aktuell mehr als 360 Euro - an die Partei zahlen.
Während die Linken als zweitgrößte Partei auch auf solide Mitgliederbeiträge (827 000 Euro) bauen können, sind SPD und Grüne auf eine Art Partei-Aufbau Ost angewiesen: Die Grünen erhielten 2010 mehr als 221 000 Euro aus einem bundesweiten Finanzausgleich der Partei. Die Landes-SPD 185 000 Euro. "Die Bundes-SPD unterstützt die strukturschwachen Landesverbände. Das ist eine handfeste Solidarität", sagt SPD-Chefin Budde. "Sie stellt sicher, dass wir die Strukturen der politischen Arbeit innerhalb der sachsen-anhaltischen SPD aufrecht erhalten können."
Bei den Landes-Grünen nimmt diese Solidarität aber ab. "Der Verteilerschlüssel begünstigt Landesverbände, die nicht im Landtag vertreten sind", sagt Schatzmeisterin Burghardt. Es handelt sich eher um eine Starthilfe, die nach dem Parlamentseinzug im Vorjahr abnehmen wird. Dafür wollen die Grünen jetzt mehr Spenden einwerben. Man arbeite gerade an einer "Verbesserung der Strukturen, um erfolgreicher Spenden einzuwerben", sagt Burghardt. Bei der Bundespartei werde zum Oktober eine "Fundraising-Stelle" eingerichtet, die dafür Ideen liefern soll. Die Bettelei mit der Spenden-Büchse soll bald vorbei sein.