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Dialog mit Legida in Leipzig Dialog mit Legida in Leipzig: Bürger nutzen Forum um Dampf abzulassen

Von Alexander Schierholz 20.01.2015, 21:06
Teilnehmer der islamkritischen Legida-Bewegung ziehen am 12.01.2015 mit Transparenten und Fahnen durch Leipzig.
Teilnehmer der islamkritischen Legida-Bewegung ziehen am 12.01.2015 mit Transparenten und Fahnen durch Leipzig. dpa Lizenz

Leipzig - Deutschkurse mit 1 500 Teilnehmern aus 50 Nationen - welcher Ort wäre besser geeignet, um in Leipzig über Einwanderer und Einwanderung zu reden als die Volkshochschule? Dorthin hatten ehemalige Bürgerrechtler am Dienstagabend Anhänger und Gegner der islamfeindlichen Legida-Bewegung geladen. Unter dem Motto „Für ein Europa freier Bürger mit offenen Grenzen“ sollte möglichst schnell jener Dialog zustande kommen, der in Dresden zuvor über Wochen nicht gelungen war.

Ja, um Europa, Grenzen und Flüchtlinge ging es auch. Bei fast 30 Wortmeldungen in eineinhalb Stunden zeigte sich aber, dass viele der rund 120 Besucher das Forum nutzten, um quer durch den Garten einfach mal Dampf abzulassen. Frust brach sich Bahn, über lokale Probleme, über Geld, das nicht reicht für vernünftige Schulen, über Politiker, die weit weg seien vom Wahlvolk, über Medien, denen man nicht trauen könne. Schnell wurde klar: Der Abend war ein offenbar dringend notwendiges Ventil. Wie für manche auch die bisher einzige Legida-Demonstration am Montag vergangener Woche in Leipzig.

Vergleiche mit der Reichspogromnacht

Einige Redner, durch die Bank Männer, bekannten, bei Legida mitgelaufen zu sein. Zugleich beteuerten sie, sich nur mal selbst ein Bild machen zu wollen und verwahrten sich dagegen, in die rechtsextreme Ecke gestellt zu werden.

Die Spielregeln waren klar: Jeder hatte drei Minuten. Wer dran war, durfte ausreden. Zwischenrufe  und Nachfragen aus dem Publikum waren nicht zugelassen. So hatten sie es kürzlich schon in Dresden versucht - und damit offenbar gute Erfahrungen gemacht. Auch in Leipzig funktionierte die Methode, bis auf  kleine Ausrutscher. Sie hat aber auch Nachteile: Wenn jeder sich erst einmal seinen Frust von der Seele reden darf, bleiben auch Meinungen stehen, die starker Tobak sind. Da setzte etwa ein Redner die gewalttätigen Ausschreitungen Linksautonomer in der vorigen Woche in Leipzig mit der Reichspogromnacht gleich.

Ein Rentner bekannte, er empfinde den Islam als bedrohlich angesichts des IS-Terrors und der Zahl der aus Deutschland nach Syrien gereisten IS-Kämpfer. Welche Konsequenzen er daraus zieht, erklärte der Mann auch: Seinen Enkeln schärfe er ein, sie sollten lieber ein Stück beiseite treten, wenn jemand „aussieht wie ein Moslem“. Das blieb nicht unwidersprochen: „Wenn man sagt, haltet euch von Muslimen fern, dann ist das Rassismus“, konterte eine Studentin, die wenig später dran war - und bekam genauso Beifall wie zuvor der Rentner.

Immerhin: So kam ein kleiner Dialog zustande, eine Auseinandersetzung. Und: Man hat sich mal zugehört. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden. Aber am Mittwoch wird in Leipzig erst einmal wieder demonstriert. Auf beiden Seiten. (mz)