Deutscher Stiftungstag Leipzig Deutscher Stiftungstag Leipzig: Sachsen-Anhalt erlebt Aufschwung von Stiftungen

Leipzig/Halle (Saale) - Stiftungen in Sachsen-Anhalt erleben einen unerwarteten Aufschwung. Immer mehr Menschen sind bereit, sich mit privatem Geld langfristig für einen guten Zweck einzubringen. In diesem Jahr rechnet das Landesverwaltungsamt in Halle mit der Anerkennung von mindestens weiteren zehn Stiftungen. Diese Information ist beim noch bis Freitag dauernden Deutschen Stiftungstag in Leipzig, der bundesweit größten Veranstaltung dieser Art, auf großes Interesse gestoßen.
Jährlich wenden sich etwa 40 potenzielle Stifter, darunter sogar einige aus anderen Bundesländern, an die Zulassungsbehörde in Halle - Tendenz steigend. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sieht darin ein Indiz für wachsendes Interesse, die gesellschaftlichen Umstände aktiv mitzugestalten. „Stiftungen sind für das Gemeinwohl und den gesellschaftlichen Zusammenhalt von großer Bedeutung.“ Ohne das Engagement von Stiftungen könnten viele Projekte in unserem Land nicht realisiert werden.
Bundesweit noch kein vorderer Platz
„Bürgerinnen und Bürger bringen Ihren guten Namen für eine gute Sache ein. Bürgerstiftungen sind Stiftungen von Bürgern für Bürger.“ Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hebt die Unterstützung krebskranker Kinder, das Betreiben von Pflegeeinrichtungen und die Leistungen während der Flüchtlingskrise hervor. „Stiftungen haben das Nischendasein verlassen. Sachsen-Anhalt ist da ganz gut aufgestellt.“
Trotzdem belegt das Land im Bundesvergleich noch keinen vorderen Platz. Zwar kann die Gesamtzahl der bürgerlich-rechtlichen Stiftungen im Land in den kommenden Monaten auf über 300 steigen. Dazu kommen 78 kirchlichen Stiftungen. Umgerechnet pro 100.000 Einwohner gibt es damit bereits 13 Stiftungen. In Bayern oder Baden-Württemberg sind es aber mehr als doppelt so viele.
Stiftungen sind Einrichtungen, die mit Hilfe eines Vermögens und der Zinserträge einen vom Stifter festgelegten Zweck verfolgen. Sie haben eine lange Tradition und dienen in 95 Prozent der Fälle gemeinnützigen Zwecken. Zu den Schwerpunkten in Sachsen-Anhalt gehören Aktivitäten in Bildung und Erziehung, gefolgt von Kunst, Kultur und Denkmalsschutz sowie die Kinder- und Jugendhilfe.
Beratungsbedarf generell sehr hoch
Die meisten neuen Stiftungen, insgesamt 30, haben ihren Sitz in Magdeburg. Auch Halle mit 24 Neugründungen forciert die Entwicklung, zuletzt Ende April mit der staatlichen Anerkennung für die Stiftung Altes Rathaus. Schlusslicht im südlichen Sachsen-Anhalt ist der Landkreis Mansfeld-Südharz mit fünf Neugründungen seit 1990.
Im Unterschied zu anderen Regionen gibt es in Sachsen-Anhalt eine Reihe von Stiftungen mit sehr alten Wurzeln, die teils bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen, zu DDR-Zeiten aber geruht haben. Das Schicksal von ehemals 600 in Sachsen-Anhalt ansässigen Stiftungen ist mittlerweile geklärt, viele sind praktisch nicht mehr existent und abgewickelt.
Thomas Pleye, Präsident des Landesverwaltungsamtes in Halle: „Dennoch ist es gelungen, 96 alte Stiftungen zu vitalisieren.“ Die älteste reaktivierte Stiftung ist eine 1151 begründete Anstalt, heute ein Alten- und Pflegeheim in Derenburg (Harz).
Der Beratungsbedarf ist nach den Erfahrungen des Landesverwaltungsamtes generell sehr hoch. Das liegt unter anderem daran, dass viele der alten und neuen Stiftungen ehrenamtlich ins Leben gerufen und betrieben werden.
Große Vermögen, die von Privatpersonen oder Unternehmen in Stiftungen eingebracht werden, sind selten. Ein Viertel verfügen nur über ein Kapital von weniger als 50.000 Euro. Zwei Drittel erreichen Summen bis zu 500.000 Euro. Das oftmals noch fehlende Kapital werde, so Pleye, in vielen kleineren Stiftungen durch das Stiften von Zeit, durch ehrenamtliches Engagement und Hingabe aber mehr als wettgemacht. Das sei unbezahlbar wertvoll. (mz)