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Chaos im Regional- und S-Bahn-Verkehr Chaos im Regional- und S-Bahn-Verkehr: Die Problemzonen der Bahn rund um Halle

Von Alexander Schierholz 16.12.2015, 07:45
Mit einem Maskottchen namens „Max Maulwurf“ wirbt die Bahn um Verständnis für Bauarbeiten, hier am gesperrten Bahnhofstunnel in Halle. Viele Pendler dürften das mittlerweile nicht mehr lustig finden.
Mit einem Maskottchen namens „Max Maulwurf“ wirbt die Bahn um Verständnis für Bauarbeiten, hier am gesperrten Bahnhofstunnel in Halle. Viele Pendler dürften das mittlerweile nicht mehr lustig finden. Schierholz Lizenz

Halle (Saale)/Leipzig - Eigentlich hätte die Bahn am Sonntag Grund zum Feiern gehabt: neue ICE-Strecke, Erweiterung des S-Bahn-Netzes nach Dessau und neue IC-Züge. Doch mit dem Fahrplanwechsel kam das Chaos, jedenfalls im Regionalverkehr. Was läuft da eigentlich schief? Die MZ erklärt das S-Bahn-Netz - und wo Probleme lauern.

Nadelöhr I: Sechs der sieben S-Bahn-Linien im Großraum Halle-Leipzig führen durch den Leipziger City-Tunnel; er ist Herzstück des Netzes und Nadelöhr zugleich. Denn wenn ein Zug irgendwo steht, stehen auch alle anderen; für den Tunnel gibt es keine Umleitungsstrecke. Was es gibt, sind Szenarien für bestimmte Notfälle: Die Bahn kann einzelne Linien kürzen oder vorübergehend ganz einstellen, etwa die innerstädtische S 1 in Leipzig.

Doch zum einen hat es meist schon die ersten Verspätungen gegeben, bis solche Szenarien greifen. Zum anderen sorgt die Bahn bei ihren Fahrgästen damit immer wieder für unliebsame Überraschungen. So ließ das Unternehmen mehrere S-Bahnen aus Leipzig Richtung Halle wegen massiver Verspätungen gestern schon am Flughafen enden. Dort musstsen Pendler bis zu eineinhalb Stunden in der Kälte warten.

Nadelöhr II: Das ist neuerdings der hallesche Hauptbahnhof. Er wird bis Ende 2017 komplett umgebaut, um ihn fit zu machen für das ICE-Zeitalter. Gleisanlagen und Technik sind zum Teil mehr als 100 Jahre alt. Folge der Arbeiten: In den kommenden zwei Jahren stehen nur sechs der zwölf Gleise zur Verfügung. Seit Montag müssen Züge deshalb regelmäßig vor der Einfahrt in den Bahnhof stoppen; Verspätungen sind programmiert. Sogar die Bahn selbst spricht von einem Nadelöhr: Bei Zwischenfällen wie der defekten S-Bahn am Montag im City-Tunnel oder dem gesprengten Ticket-Automaten gehe das Fahrplankonzept angesichts der wenigen Gleise in Halle nicht mehr auf. Im Klartext: Ein Zug nach dem anderen verspätet sich.

„Der Knoten Halle bereitet uns große Probleme“, sagt auch Matthias Neumann, Sprecher von Abellio. Das Bahn-Unternehmen betreibt seit Sonntag mehrere Strecken im Süden des Landes, unter anderem von Bitterfeld über Halle nach Sangerhausen und Kassel. Neumann spricht von Verspätungen bis zu 30 Minuten und sagt: „Wir erwarten, dass die Bahn die Probleme gelöst bekommt.“

Damit ist Abellio nicht allein. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Nasa hat für heute den Bevollmächtigen des Bahn-Konzerns für Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen, Eckart Fricke, und einen Manager der Bahn-Tochter DB-Netze zum Rapport einbestellt. „Wir betrachten die Unregelmäßigkeiten mit großer Sorge“, sagt Nasa-Geschäftsführer Rüdiger Malter. Die Bahn-Manager sollen erklären, wie das Unternehmen die Probleme in den Griff bekommen will. Zwar sieht auch die Nasa den Engpass in Halle als „kritischen Punkt“, so Malter. Die Fahrpläne noch einmal anzupassen, hält er aber nicht für nötig. „Wir gehen davon aus, dass eine ordentliche Betriebsorganisation die Lösung ist.“ Im Klartext: Die Bahn muss liefern.

Kunden-Information: Der City-Tunnel und die Bauarbeiten in Halle sind nicht die einzigen Probleme. Viele Pendler beklagen unzureichende Informationen auf den Bahnhöfen über verspätete oder ausgefallene Züge. „Beide S 3 kommen nicht, keine Anzeige am Bahnsteig, keine Durchsage“, schreibt etwa User Christian Schmidt auf der MZ-Facebook-Seite über eine Situation auf dem halleschen Hauptbahnhof. Wenn es Informationen gebe, seien sie häufig unbrauchbar, unverständlich oder schlicht falsch, kritisiert Carsten Schulze vom Fahrgastverband „Pro Bahn“. So habe die Bahn den Ausfall von Zügen angezeigt, die aber doch gefahren seien. Schulze bemängelt auch das bürokratische Bahn-Deutsch: „Wenn ein Ticket-Automat gesprengt wird, warum sagt man das dann nicht so? Warum redet man von ,Störungen im Betriebsablauf’?“ Die Bahn kündigte an, das Informationssystem verbessern zu wollen.

Die Sorgen-Linien: Gemeint sind die beiden Verbindungen zwischen Halle und Leipzig, S 3 und S 5/S 5x. Sie sind die am stärksten genutzten im Netz und in den Hauptverkehrszeiten häufig überfüllt; bei Behinderungen gibt es hier deshalb auch die meisten Betroffenen. Nun drohen neue Probleme: Die S 3 fährt seit Sonntag von Halle aus über Leipzig hinaus bis Borna und Geithain. Mit der längeren Strecke steigt auch die Verspätungsanfälligkeit. Auch auf der S 5/S 5x gibt es Änderungen: Bisher fuhr die S 5x stündlich von Zwickau über Leizpig nach Halle. Die S 5 nahm dieselbe Strecke, endete aber schon am Flughafen. Nun ist es umgekehrt. Die Bahn hat die Linien getauscht, um so freie Gleise in Halle nutzen zu können. Bei vielen Pendlern sorgt das für Verwirrung. (mz)