Neustart für die Jugend Warum ein Lützener Industriemeister Jugendlichen das Einmaleins des Handwerks beibringt
Nach 15 Monaten Pandemie können Schüler in Lützen wieder loslegen. Dietmar Rau will Jugendlichen die Facetten des Handwerks lehren.

Lützen - Dietmar Rau fragt die Schüler, was für eine Feile gebraucht wird, um einen Flachstahl, der schon Rost angesetzt hat, blitzblank zu putzen. Die Kinder wissen, dass sie das blau markierte Werkzeug nehmen müssen. Der Vorsitzende des Vereins für Jugend und Technik in Lützen hatte zuvor erklärt, dass das Metall später gebogen wird, um darauf Kanthölzer zu befestigen. Die wiederum sollen der Aufnahme von Bohrern dienen.
Industriemeister und Ingenieur aus Lützen arbeitet seit 30 Jahren im Handwerk
Faktisch mit Ausbruch der Corona-Pandemie im März des vergangenen Jahres war vorerst Schluss damit, die Kinder für das Handwerk zu begeistern. Rau spricht von fünf Mitarbeitern, die ihn unterstützen und die in der Zeit Fassaden gestrichen oder Bänke gebaut haben. In der Vorwoche wurden die jungen Teilnehmer wiederholt über den Arbeitsschutz belehrt. Nun ist es am Montagabend richtig losgegangen, wurde gefeilt, aber auch einer der Buggys in Ordnung gebracht.
Der 70-jährige Rau hat selbst hier gelernt, seinen Industriemeister und Ingenieur gemacht und 30 Jahre hier gearbeitet. Produktive Arbeit hieß das damals oder auch Einführung in die sozialistische Produktion, gehörte die Einrichtung doch zur inzwischen längst abgerissenen Zuckerfabrik. Damit war mit der Wende Schluss. Einige Kollegen gingen anderswo hin, während Rau zunächst vom Landkreis Weißenfels und später vom Burgenlandkreis übernommen wurde.
Lützener Industriemeister bringt Jungendlichen das Einmaleins des Handwerks bei
Inzwischen ist der Lützener seit zehn Jahren Ruheständler. Auf die Frage, warum er sich vormittags weiter mit um den Schreibkram kümmert und den Verein am Laufen hält, antwortet er: „Es macht mir immer noch Spaß, handwerkliche Fähigkeiten weiterzugeben.“ Denn für ihn kommen die in der schulischen Entwicklung zu kurz und so hofft er, dass der Verein mal in seinem Sinne weitergeführt wird. Sogar das MDR-Fernsehen habe sich schon mal bei ihnen in Lützen sehen lassen.
Fragt man die Kinder, dann gefällt es ihnen, wenn sie Schiffe und Vogelhäuschen gebaut haben, die sie auch mit nach Hause nehmen können. Laut Rau muss man schon die Grundschüler ans Handwerkliche heranführen. Er sagt: „Das fehlt heute.“ Und er verweist auf die Messe der Meister von Morgen, an der man in DDR-Zeiten teilnehmen musste. „Selbst, wenn es nur kleine Sachen waren, hat man eine Vorstellung bekommen, was alles geht.“

Als Zehn- oder Elfjähriger hat er übrigens auch schon im Technik-Verein mitgemischt
Besonders begehrt sind die Fahrten mit den zwei Buggys, die vor längerem gebaut worden sind. Bei einem von ihnen musste der Motor gewechselt und die Elektrik in Ordnung gebracht werden. Ob der Motor nicht zu reparieren gewesen wäre? Dietmar Rau äußert: „Der kostet neu 160 Euro. Ihn zu reparieren, wäre unverhältnismäßig teuer.“ Zudem hat man mit Tom Niedner (20), der im Januar den Facharbeiterbrief als Mechatroniker erhalten möchte, einen Fachmann, dem es die Elektronik angetan hat.
Als Zehn- oder Elfjähriger hat er übrigens auch schon im Technik-Verein mitgemischt und sich mit Metall- und Holzbearbeitung beschäftigt. Klar, dass da Domenik Günther, Tim Kleinwächter und Maikel Rib begeistert sind. Neben dieser Technik steht eine kleine Eisenbahn mit zwei Anhängern zur Verfügung. Sie war auch am vergangenen Freitag in der Nachbarschaft beim Zuckertütenfest in der Kindertagesstätte „Spielhaus“ die große Attraktion. Und mitfahren durfte man vor genau zwei Jahren beim Festumzug zur 750-Jahrfeier der Stadt Lützen.
Jungen Leute sollen die Wirkungsweise eines Motors kennenlernen
Sogar von der Dekra mussten die kleinen Gefährte damals abgenommen werden. Nun will man auch mit einer Spende des Weißenfelser Rotary-Clubs weiterarbeiten. Da sind Kindergartenkinder ebenso willkommen wie Grundschüler oder Jugendliche aus der Freien Gesamtschule „Gustav Adolf“.
Einen, auf den sich der Vereinschef verlassen kann, ist Jan Günther (47). Er sagt: „Nach der Corona-Pause und den zuletzt höheren Temperaturen sind wir es erst einmal langsam angegangen.“ Er selbst hat Landmaschinenschlosser gelernt und arbeitet jetzt als Versandleiter. Ihm gehe es darum, dass die jungen Leute zum Beispiel die Wirkungsweise eines Motors kennenlernen. Wer das weiß, ist auch fasziniert.