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Turnwunderkind Turnwunderkind: Abschied von Freyburger Athletin Elli Schmidt

Von Constanze Matthes 17.08.2020, 06:15
„Fahne“ mit Vater: die vierjährige Elli, Tochter des Freyburger Turnwartes Heinrich Rosemann.
„Fahne“ mit Vater: die vierjährige Elli, Tochter des Freyburger Turnwartes Heinrich Rosemann. Torsten Biel (Repro)

Freyburg - Es sind historische Aufnahmen, die staunen lassen. Elli und ihr drei Jahre älterer Bruder Heinz heben dank ihrer Körperbeherrschung die Gesetze der Schwerkraft auf. Als Kinder des Freyburger Turnwartes und einstigen Verwalters der Jugendherberge, Heinrich Rosemann, galten die Geschwister als Turnwunderkinder. Am Mittwoch ist die Athletin Elli Schmidt im Alter von 100 Jahren in einer Berliner Klinik verstorben. Zuletzt hat sie in einem Appartement in Berlin-Mariendorf gelebt.

Das Leben ihrer Familie ist untrennbar mit der Jahnstadt und der Saale-Unstrut-Region verbunden. „Zuletzt war sie mit 99 Jahren Gast beim ersten Welterbe-Klangkonzert. Mit den Jahren ist eine Freundschaft entstanden“, erinnert sich Thomas Fritzsch. Der Gambist und Echo-Preisträger lebt mit Frau und Kindern in dem Haus 14/15 in der Mühlstraße, das Rosemann 1955 für seine Familie erwarb und bis zu seinem Tod 1969 bewohnte; eine Tafel weist auf die Geschichte des historischen Herrenhauses und dessen Bewohner hin.

Fritzsch erhielt von Elli Schmidts Lebensgefährten Manfred Großmann die traurige Nachricht, die schließlich auch das Jahnmuseum erreichte. „Ich habe sie persönlich nie kennengelernt, aber im Sommer vor zwei Jahren habe ich mit ihr telefoniert. Sie schwärmte von Freyburg“, sagt Museumsleiterin Manuela Dietz. Im Archiv des Hauses liegen jene Schwarz-Weiß-Fotos, die von der Turnleidenschaft der ganzen Familie und den Talenten der beiden Kinder Auskunft geben. Auf den Bildern sind Heinrich Rosemann, seine Frau Minna und die beiden Kinder Heinz und Elli zu sehen. Der Familienvater hatte zahlreiche Ämter inne. Er war unter anderem Oberturnwart, Turnwart für Männer, Frauen, Knaben und Mädchen, Trainer sowie Leiter der Freyburger Jugendherberge, die damals im heutigen Jahnmuseum zu finden war. Als die Herberge 1935 auf die andere Seite der Schloßstraße in die Gebäude des heutigen Weinguts Lückel umzog, verlor Rosemann den Posten als Herbergsvater. Die Familie verließ Freyburg vorerst in Richtung Wildensee bei Dessau. Rosemann sei von Turnfunktionären politisch unter Druck gesetzt worden. Er sollte seine Tochter nicht zu athletischen Spitzenleistungen trainieren. Darüber habe sie viel nachdenken müssen, erzählt Thomas Fritzsch.

Aus der Tochter des Freyburger Turnwarts, die bereits im Alter von vier Jahren mit der Fahne eine der anspruchsvollsten Übungen beherrschte, wurde jedoch eine herausragende Sportlerin, die erfolgreich an Meisterschaften teilnahm und mehreren Nationalteams angehörte. Beruflich war die rüstige Seniorin, die bis ins hohe Alter sportlich aktiv war, auch am Institut für Körpererziehung der Martin-Luther-Universität in Halle beschäftigt. Ein Foto im Internet zeigt sie lachend an der Seite der ältesten Turnerin Johanna Quaas zum Jahnturnfest 2012. In den vergangenen Jahren hat Elli Schmidt dem Museum mehrere Dokumente übergeben - so auch jene spektakulären Fotos aus dem Familienalbum sowie einen Sonderdruck des Querfurter Tageblattes und der Querfurter Heimatblätter, der anlässlich des 20. Jahnturnens am 9.August 1925 erschienen war.

Museumsleiterin Manuela Dietz mit den historischen Aufnahmen der Familie Rosemann. Die Fotos liegen im Archiv des Museums.
Museumsleiterin Manuela Dietz mit den historischen Aufnahmen der Familie Rosemann. Die Fotos liegen im Archiv des Museums.
Torsten Biel
Gast im Jahnmuseum: Elli Schmidt während eines Rundgangs. 2011 besuchte die damals 91-Jährige Freyburg.
Gast im Jahnmuseum: Elli Schmidt während eines Rundgangs. 2011 besuchte die damals 91-Jährige Freyburg.
Torsten Biel