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Schrottimmobilien im Unstruttal Schrottimmobilien im Unstruttal: Verlassen und verfallen

Von Gerd Stöckel 02.03.2018, 10:09
Sauber umgelegt - das einstige Schuhhaus in Laucha.
Sauber umgelegt - das einstige Schuhhaus in Laucha. Stöckel

Freyburg/Laucha/Nebra - Zwischen den schmucken Fassaden in den Zentren der kleinen Städte im Unstruttal fallen sie immer stärker ins Auge - herrenlose Häuser und Schrottimmobilien. Jüngstes Beispiel ist das einstige Schuhhaus an der Unteren Hauptstraße in Laucha. Vom einstmals stattlichen Bau steht jetzt nur nach das Untergeschoss. Weil Gefahr drohte, hat der Kreis die oberen Etagen abreißen lassen (Tageblatt/MZ berichtete). Der Bauschutt liegt im Inneren, die Fenster sind sauber vermauert, das Tor kreuzweise vernagelt. Baufachlich korrekt nennt man das, aber fürs Stadtbild ist das eine Katastrophe.

Stadt hofft auf Investor

Die Eigentümer der Ruine, eine Erbengemeinschaft, wären laut Auskunft von Bürgermeister Bilstein wohl zum Verkauf bereit. Bilstein ist sich aber nicht sicher, ob es außer den ihm bekannten Erben noch weitere gibt. Derzeit verfügt ein Nachlassverwalter über das Grundstück. An den schicke der Kreis auch die Rechnung für die Notsicherung.

„Als Stadt können wir das Haus auf keinen Fall erwerben. Wir können nur auf einen Investor hoffen. Mietwohnungen, betreutes Wohnen, Seniorenpflege - mir wäre alles recht, was in die Innenstadt passt“, sagt Bilstein. Jemanden zu finden dürfte schwer werden, und an aktive Vermarktung wäre ohnehin erst zu denken, wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt sind.

Gefahr im Verzug

Gefahr im Verzug ist auch am Haus Nummer 18 in der Breiten Straße in Nebra, einem Haus direkt an der Hauptstraße der einstigen Kreisstadt. Es ist, so wissen Alteingesessene, eines der ältesten Häuser der Stadt, hat Stadtbrände überstanden und beherbergte vor 1990 die Buch- und Papierwarenhandlung Scharf. Weil das Haus lange als Geburtshaus von Hedwig Courths-Mahler galt, war in Nebra dort die erste Gedenktafel an die Erfolgsautorin angebracht. Heute ist das Gebäude in desolatem Zustand, Bäume wachsen durch das Dach, Ziegel drohen herabzustürzen. Und - das Haus Breite Straße 18 ist ohne Besitzer.

Etwa ein Dutzend herrenloser Häuser gibt es nach Auskunft des Unstruttal-Bauamtes in den Gemeinden der Verbandsgemeinde. Konfrontiert worden damit sind die Kommunen verstärkt im Zusammenhang mit der Erhebung von Stadtsanierungsbeiträgen, gibt Conny Tilgner von der Abteilung Liegenschaften der Unstruttal-VG Auskunft. Oftmals handelt es sich um Grundstücke, bei denen die Erben die Annahme verweigert haben, womit diese an den Fiskus fielen. Das Land sei nun zwar nicht der Besitzer, doch sei es verfügungsberechtigt.

Wer solch ein Haus haben möchte, kann, wenn das Land zustimmt, einfach zu einem Notar gehen und es auf seinen Namen ins Grundbuch eintragen lassen. Freilich sei man gut beraten, sich zuvor jene Abteilung genau anzusehen, in der Hypotheken vermerkt sind.

Herrenlose Häuser

Vor einem Jahr hatte die Unstruttal-Verwaltung für die Gemeinden sechs herrenlose Häuser ausgeschrieben. Für eine Industriehalle in Karsdorf und für ein Haus an den Lauchaer Tannengärten, früher Sitz der Maler-PGH, fanden sich neue Besitzer.

Das Haus Breite Straße 18 in Nebra hingegen wollte keiner. Die Verbandsgemeinde hat nun Fotos an das Bauordnungsamt des Kreises geschickt, um die Gefahr zu verdeutlichen und den Handlungsbedarf aufzuzeigen.

Auch Nebra hat kein Geld, um Schrottimmobilien zu übernehmen. „Vermutlich“, so Nebras Bürgermeisterin Antje Scheschinski, „wird es keinen anderen Weg geben, als das Haus abzureißen“. Ein beräumtes Grundstück immerhin ließe sich möglicherweise - unter wessen Regie auch immer - vermarkten.

Schandfleck an Touristenroute

Seit Jahren ein Ärgernis sind die beiden desolaten Häuser im unteren Teil der Oberstraße in Freyburg. Gästeführer wählen, wenn sie die Touristen nicht vergraulen wollen, den Weg vom Markt Richtung Sektkellerei lieber so, dass sie diesen Schandfleck meiden.

Seit einigen Tagen ist der Gehweg vor einem der Häuser aufgrund dessen maroden Daches mal wieder mit Flatterband und Warnbaken gesperrt. Das war in den vergangenen Jahren immer wieder mal so. Dieses Gebäude und die Brandruine des einstigen fröhlichen Zechers zwei Häuser weiter, die bereits ohne Dach dasteht, flankieren ausgerechnet einen schmucken Neubau.

Diese Problemfälle haben den Freyburger Rat schon vor zehn Jahren beschäftigt. Anders als in den vorgenannten Fällen sind hier die Eigentümer bekannt. Der Stadt hilft das aber nicht weiter. Für eines der Gebäude habe man vor einigen Jahren sogar einen Käufer in Aussicht gehabt, gibt Stadtrat Jörg Schneider Auskunft, die Eigentümerin aber habe nicht verkaufen wollen.

Wie das Ordnungsamt Auskunft gab, sei dort, wo der Gehweg gesperrt wurde, der Eigentümer aufgefordert worden, das Dach neu zu sichern. Die Absperrung werde man ihm in Rechnung stellen. „Ansonsten sind der Stadt bei Privateigentum die Hände gebunden“, erinnert Stadtrat Schneider.

Leerstandsverzeichnis fehlt

Ein anderer Problemfall in Freyburgs denkmalgeschützter Innenstadt hat sich jüngst in der Johannisstraße mit Nachdruck in Erinnerung gebracht. Dort war ein Haus eingestürzt, der Eigentümer hat es jetzt ganz abreißen lassen. Hier lagert nun hinter Zäunen Bauschutt.

„Schrottimmobilien und herrenlosen Häuser sind ein riesiges Problem für die Gemeinden“, sagt Astrid Weide, Bauamtsleiterin der Verbandsgemeinde Unstruttal. Als vor fünf Jahren in Freyburg ein neues Stadtentwicklungskonzept erarbeitet wurde, sollte unter dem Titel „Mut zur Lücke“ auch ein Verzeichnis von leerstehenden, auch verfallenden Häusern erstellt werden, um die Vermarktung voranzubringen. Es blieb bei der Absicht. „Da fehlte dann einfach die personelle Kraft“, bekennt die Bauamtsleiterin offen.