Reichskrone in Naumburg Reichskrone in Naumburg: Ein Schatz der einst glänzte

Naumburg - Das Gerüst an der Fassade zur Grochlitzer Straße steht, auf dem Dach haben die Sicherungsarbeiten begonnen. Auch im Inneren wird geräumt. Am Gebäude der „Reichskrone“ am Naumburger Curt-Becker-Platz sind die von der Naumburger Stadtverwaltung angekündigten Arbeiten im Gange. Für insgesamt 450.000 Euro - zwei Drittel gefördert, 150.000 Euro muss die Stadt selbst tragen - sollen bis zum Jahresende eine neue Eindeckung des Daches mit bituminöser Abdichtung sowie Reparaturen an der Dachkonstruktion erfolgen.
Diese sind dringend notwendig, hat das marode Dach doch bereits Wasser in das Haus eindringen lassen. Danach möchte die Stadt das prominente Gebäude, das seit über 20 Jahre leersteht, in einem Bieterverfahren gern verkaufen. Aufgrund seines Zustandes und der daraus resultierenden hohen Sanierungskosten sowie seiner Größe mit mehr als 2600 Quadratmetern Nutzfläche auf zweieinhalb Keller- und drei Vollgeschossen dürfte das allerdings nicht einfach werden.
Denkmaltag am 8. September
Intensiv mit der Geschichte des Hauses, dessen Hotel „Zur Reichskrone“ 1882 und dessen Schauspielhaus 1883 eröffnet worden waren, beschäftigt hat sich der Naumburger Denkmalpfleger und Restaurator Ulrich Böduel. Im Auftrag der Stadtverwaltung bereitet er derzeit den Tag des offenen Denkmals vor, der am Sonntag, 8. September, stattfinden wird. Unter dem Motto „Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur“ wird Böduel zwei Führungen durch die „Reichskrone“ anbieten. Die dürften bei den Naumburgern auf großes Interesse stoßen, kennen doch noch viele Ältere den großen Saal von Theateraufführungen und Kinovorstellungen. Und mit Veronika Fischer und Manfred Krug gastierten vor jeweils ausverkauftem Haus auch DDR-Größen des Rock und Jazz. Beim Denkmal-Tag wird deshalb auch das Naumburger Theater mit im Boot sein. Ergänzend zu den Führungen, die um 10 und um 14 Uhr beginnen werden, gibt es für die Besucher ein kleines, aber vielfältiges Rahmenprogramm.
Wertvoll, so Böduel weiter, ist das Haus allerdings auch wegen seiner theatergeschichtlichen Aspekte. „Besonders erwähnenswert sind der ’Eisenerne Vorhang’ und die Deckengestaltung von 1882, die nach fast vollständig und in einem restaurierten Zustand vorhanden ist“, so der Denkmalpfleger weiter. Damit wurde im Naumburger Theater wohl als erstem in Deutschland der „Eiserne Vorhang“ eingebaut. Denn erst nach 1889 wurde die Schutzvorrichtung, die die Zuschauer vor einem auf der Bühne ausgebrochenen Brand schützt, in den deutschen Theatersälen zur Pflicht.
Bemerkenswert ist laut Ulrich Böduel ebenso die von Friedrich Hoßfeld in den Jahren 1923 und 1924 vorgenommene Umgestaltungen des Theatersaals. Der einstige Naumburger Stadtbaurat nahm dazu Anregungen aus seinen Begegnungen mit dem Anthroposophen Rudolf Steiner (1861-1925) auf. „Die damalige Gestaltung war damit ein mustergültiges Beispiel anthroposophischer Innenarchitektur“, schätzt Ulrich Böduel ein. Allerdings wurde sie im Jahr 1937 von den Nationalsozialisten entfernt.


