1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Olympia-Geschichte: Olympia-Geschichte: Kerstin Finke war ein As über die 100 Meter

Olympia-Geschichte Olympia-Geschichte: Kerstin Finke war ein As über die 100 Meter

Von Tobias Heyner 17.08.2012, 17:23

Zeitz/MZ. - "Die Stabübergabe ist das A und O beim Staffellauf. Dort wird über Sieg und Niederlage entschieden. Durch reine Schnelligkeit kann man einen Patzer beim Wechsel nicht ausgleichen", sagt Kerstin Finke. Die heute 44-jährige Zeitzerin kennt sich aus - gehörte Mitte der 1980er Jahre zu den besten Sprinterinnen. Damals lief sie noch unter ihrem Mädchennamen: Kerstin Behrendt. Zu ihren größten Erfolgen gehört Olympisches Silber mit der 4 mal 100-Meter-Staffel der Frauen 1988 in Seoul (Südkorea). Außerdem verewigte sie sich als letzte DDR-Meisterin über 100 Meter in den Geschichtsbüchern.

Naturtalent über kurze Distanz

Finkes Karriere begann im Alter von neun Jahren beim Leichtathletik-Verein ihres Heimatortes, dem SG Motor Leisnig. Durch mehrmalige Siege bei Gedächtnisläufen an ihrer Schule, fiel sie ihrem späteren Übungsleiter Bernd Lorenz auf. Er lenkte ihr Talent für die Kurzstrecke in die richtigen Bahnen. Ein Sichtungstrainer aus Leipzig erkannte ihr Potenzial, als er den Club in Augenschein nahm. "So stand früh fest, dass ich mit 13 Jahren auf eine Leipziger Sportschule wechseln würde", so die Ex-Sprinterin.

Große Erfolge auf Anhieb

1980 bezog sie ihren Internatsplatz in der sächsischen Metropole. Trotz einem straff geregelten Alltag, in dem sich Schule und Trainingseinheiten eng aneinanderreihten und kaum Freizeit übrig blieb, gefiel ihr diese Zeit. "Ich war ohnehin nie der große Partygänger und abends auch immer ziemlich kaputt", erinnert sie sich. "Das Heimweh hielt sich ebenfalls in Grenzen. Mein älterer Bruder besuchte dieselbe Sportschule, somit hatte ich einen Teil meiner Familie stets in meiner Nähe." Schule und Internat seien zudem ein großer Komplex gewesen: "Ich konnte praktisch mit den Hausschuhen ins Klassenzimmer und konnte verhältnismäßig lange schlafen in der Früh", sagt sie lächelnd.

1985 dann der große Durchbruch: Bei den Junioren-Europameisterschaften in Cottbus gewann sie sowohl über die Distanzen 100, als auch 200 Meter und belegte mit der 4 mal 100-Meter-Staffel ebenfalls den 1. Platz. "Das war zugleich mein erster großer Wettkampf", so Finke, "der immense Erfolg auf Anhieb natürlich überwältigend." Nur zwei Jahre später holte sie mit der Staffel den Vize-Weltmeistertitel in Rom - im Alter von gerade einmal 20 Jahren.

"Der denkwürdigste Moment meiner Karriere ist natürlich die Teilnahme an den Olympischen Spielen", erklärt die Silbermedaillengewinnerin. "Die Atmosphäre im Olympischen Dorf und dem Stadion kann man gar nicht beschreiben. Das muss man einfach selbst erlebt haben." Gemeinsam mit Silke Möller, Katrin Krabbe und Sabine Günther holte Finke Silber in der 4 mal 100-Meter-Staffel - mussten sich jedoch den US-Amerikanerinnen geschlagen geben. "Auch wenn ich natürlich stolz auf den Erfolg bin, damals war der zweite Platz eigentlich eine Enttäuschung. Der Verband hatte mit einem Sieg gerechnet, und wir galten auch als die Favoriten."

Glanz vergangener Tage verblasst

Bei der 15. Leichtathletik-Europameisterschaft 1990 in Split (Kroatien) wurde sie Dritte über 100 Meter und gewann ein letztes Mal mit der Staffel. Im selben Jahr gewann sie über dieselbe Distanz und mit einer Zeit von 11,17 Sekunden die letzte DDR-Meisterschaft. "Nach der Wende beendete ich meine sportliche Karriere, absolvierte ein Studium als Medizinisch-technische Assistentin und wurde später Krankenschwester", berichtet sie. Seit 1995 arbeitet sie im Städtischen Klinikum "St. Georg" Leipzig. 2006 lernte sie ihren heutigen Lebensgefährten Bernd Fritzsche (51) kennen und zog ein Jahr später zu ihm nach Zeitz.

Die Olympischen Spiele in London hatte das Paar zu einem großen Teil während ihrem Urlaub in Bulgarien verfolgt. "Da kamen die Erinnerungen an meine eigene Teilnahme wieder richtig hoch", verrät Finke. Sie ärgert sich jedoch über das Abschneiden der deutschen Athleten - besonders natürlich der Sprinterinnen. "Ein Timing-Fehler bei der letzten Übergabe hat unsere Frauen-Staffel die Medaille gekostet", meint sie. Allgemein sei das Abschneiden der Deutschen in den letzten Jahren traurig, wenn sie an ihre aktive Zeit zurück denke. Es werde einfach zu wenig in die Nachwuchsförderung investiert. "Viele talentierte junge Sportler müssen ihre Laufbahn früh beenden, weil sie sonst beruflich auf der Strecke bleiben. Darauf wurde früher mehr Rücksicht genommen!" Wenn da kein Umdenken stattfinde, sehe sie auch für die Zukunft keine Besserung.