Neue Existenz nach Molkerei-Aus Neue Existenz nach Molkerei-Aus: Statt Milch Werkzeuge

Bad Bibra - Obwohl es von der Milch hin zum Thema Werkzeuge ein gewaltiger Sprung zu sein scheint, haben seine 15 Jahre Tätigkeit in der 2018 geschlossenen Molkerei Bad Bibra den gelernten Molkereifacharbeiter Till Möller ganz offenkundig doch prima auf sein neues und so gänzlich anders gelagertes Job-Projekt „vorbereitet“.
„Ich habe in der Molkerei alles gemacht, Verpackung, Produktion, die letzten acht Jahre den Leitstand betreut und mir dabei ein gehöriges technisches Know-how angeeignet. Und weil ich, praktisch seitdem ich zehn bin, auf jeder Baustelle im Bekanntenkreis mit ’rumturne’ und von daher selbst mauern sowie Beton-, Trockenbau- und Tischlerarbeiten ausführen kann, entschloss ich mich, einen Werkzeug-Laden zu eröffnen“, erläutert der heute 34-Jährige.
Im Juli und infolge Corona fast drei Monate später als geplant ist er mit seinem Geschäft, das er am Bad Bibraer Domberg in einem ursprünglich als Werkstatt- und Hobbyraum vorgesehenen Anbau seines Privathauses eingerichtet hat, gestartet. Vorausgegangen waren eine intensive Beschäftigung mit der Materie und penible Recherchen. „Ich hatte gesehen, wie gut der vor drei Jahren altersbedingt geschlossene Werkzeugservice Krüger in Saubach funktioniert hat. Die Heim- und vor allem die gewerblichen Handwerker, von denen es in unserer ländlich geprägten Region ja eine stattliche Anzahl gibt, schätzen die Nähe und kurze Wege vor Ort und sind froh, wenn sie nicht erst bis nach Naumburg oder Apolda fahren müssen“, schildert er sein Kalkül.
Nach unzähligen am PC und mit der Lektüre von Fachliteratur verbrachten Stunden hatte der junge Mann auch sein „Kerngeschäft“ eingegrenzt. „Ich biete Elektrowerkzeuge, Befestigungstechnik, Handwerkzeuge, Trenn- und Bohrtechnik, Diamantwerkzeuge, Schrauben und Normteile, einen Schärfdienst sowie ein kleines Sortiment an Bauchemie an“, erklärt Möller, der seinen komplett eigenständig erstellten Geschäftsplan bereits vor Beginn seines neuntägigen Existenzgründerlehrgangs „so gut wie fertig“ hatte. „Was mich richtig stolz machte, war, dass im Grunde von allen Institutionen, die bei meinen Start in die Selbstständigkeit eine Rolle spielten - Banken, Fördermittelgeber, IHK - die Frage kam, welcher Experte das Konzept geschrieben habe; so gut und schlüssig scheint es offenbar gewesen zu sein“, betont der Bad Bibraer. Klar sehe er die Konkurrenz durch die großen Baumarkt-Ketten und erst recht durch den Onlinehandel. Andererseits bleibe er bei seiner Einschätzung, dass viele Kunden die direkte Erreichbarkeit und das persönliche Gespräch mit einem „greifbaren“ Fachmann vor Ort favorisieren und dann auch bereit seien, nicht um den letzten Cent zu feilschen.
„Mein Plan B ist, dass ich optimistischerweise keinen Plan B brauche“, zeigt sich Till Möller von der Tragfähigkeit seiner Konzepts, das er mittelfristig noch um einen Außendienst für Großkunden ergänzen will, überzeugt. „Ich sehe es so: Wenn ich auf Amazon einen Akkuschrauber kaufe, mache ich einen Multi-Millardär noch reicher. Wenn ich aber mein Geld hier im Ort lasse, trage ich dazu bei, dass es meiner Heimatregion gut geht, weil dort Arbeitsplätze ebenso gesichert werden wie Steuereinnahmen. Und je voller die kommunalen Kassen sind, desto mehr Projekte zum Wohl der Allgemeinheit können realisiert werden.“