Lebensbilder Lebensbilder : Seit 47 Jahren "Petri heil"!

Karsdorf - Von den Karsdorfer Vereinen, wie beispielsweise dem Sport-, Karneval- oder Feuerwehrverein, tauchen die „Angelsportfreunde Karsdorf“ eher selten in der Öffentlichkeit auf. Dabei gibt es die Angelsportfreunde bereits seit über sechs Jahrzehnten. Während andere noch schlafen, werfen Karsdorfs Angler schon ihre Ruten an der Unstrut aus. Auch wenn manch einer abends schon wieder auf dem Sofa sitzt, hocken die Petrijünger oft lieber am Uferrand des Flusses. Sie genießen den Sonnenuntergang, die Ruhe und nicht selten einen guten Fang.
Was die Faszination des Angelns ausmacht und welche Aufgaben der Angelverein wahrnimmt, das weiß Gerald Kisker genau. Er kennt den Verein wie seine sprichwörtliche Westentasche. Der 56-Jährige ist seit 34 Jahren Vorsitzender der Gruppe. Mit gerade 22 Jahren übernahm er 1986 das Amt vom langjährigen Vorgänger Bruno Biermann.
Der gebürtige Karsdorfer, der jetzt im Ortsteil Wetzendorf wohnt, war schon als Kind mit dem Angelsport in Berührung gekommen. „Mein Elternhaus steht ganz nah an der Unstrut, und unser Nachbar, Matthias Geisler, hat mich oft zum Angeln mitgenommen und mir die Grundlagen beigebracht. Er hat mich mit dem Angelvirus infiziert, so dass ich mit neun Jahren bei den Anglern Mitglied wurde“, berichtete der gelernte Elektromonteur, der als technischer Angestellter in Merseburg tätig ist.
Kisker erinnert sich noch genau an sein erstes Jahr als organisierter Angler: „Es war zum Heulen. Nicht ein einziger Fisch hat angebissen.“ Doch er habe sich nicht entmutigen lassen. Besonderen Spaß habe ihm als Kind und Jugendlicher das Turnierangeln bereitet. Der Wettbewerb habe meist auf dem Sportplatz in Freyburg stattgefunden. Bei dem Castingsport, auch als Trockenangeln bezeichnet, habe besonders die Ausdauer, Geschicklichkeit und Treffsicherheit gezählt, und er half mit, die Wurftechnik zu verbessern. Der Besuch der Freyburger Eisdiele gehörte zur Krönung des Tages und sei im Gedächtnis haften geblieben.
Wenn es die Zeit erlaubt, zieht der Vorsitzende mit mehreren Angeln los an die Unstrut oder, wie kürzlich, mal an den Geiseltalsee. Doch, wie er erwähnte, lege er stets nur zwei Ruten aus. Es sei erstaunlich, wie artenreich die Unstrut ist. So würden beispielsweise Barsche, Döbel, Plötzen, Karpfen, Hechte, Zander, Welse, Schleien, Aale und Rotfedern anbeißen. „Mein großer Fang, ein Hecht, liegt aber schon einige Jahre zurück. Doch ich zehrte lange davon“, gab der Petrijünger zu. Aber für ihn sei das Fischefangen nur Nebenprodukt des stillen Hobbys. Sich an der Natur und der Ruhe erfreuen, Eisvögel beobachten, den Blick über das seichte Wasser gleiten lassen, das sei das Schöne am Angelsport. Durch sein Ehrenamt tritt jedoch für Gerald Kisker der aktive Sport mehr in den Hintergrund. Die Karsdorfer Angler gründeten sich im Jahr 2007 neu als Verein. Dieser wiederum gehört dem übergeordneten Anglerverein Unstruttal Nebra an. Seit acht Jahren übt Kisker hier das Amt des Schriftführers aus. Nach langem Suchen habe er sich 2012 bereit erklärt. „Meine Devise lautet: Selbst Verantwortung übernehmen und einen Beitrag für den Verein leisten“, verdeutlicht Kisker. Zumal erhalte er als Vorsitzender vom Vorstand der Angelsportfreunde jede Menge Unterstützung, die Aufgaben würden gut verteilt.
Aktuell gehören dem Karsdorfer Verein 55 Mitglieder an, darunter fünf Kinder und Jugendliche. Diese Zahl, so Kisker, sei seit Jahren stabil. Zu DDR-Zeiten wurden allerdings schon 150 Mitglieder gezählt. Der Altersdurchschnitt liege zwischen 40 und 50 Jahren. „Über jüngere Angelfreunde würden wir uns freuen, das Interesse ist auch vorhanden“, berichtete der Vorsitzende. Eine Hürde sieht er allerdings im Ablegen der Prüfung für den Fischereischein, der für Angler ab acht Jahren eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist. Denn einfach an den Fluss zu fahren, die Rute auszuwerfen und den Fisch herauszuziehen - damit sei es nicht getan. Die Gewässer müssten betreut und gepflegt werden. „Seit drei Jahren führen wir vor dem Anangeln im Frühjahr mit dem Kanuverleih in Karsdorf am Ufer der Unstrut eine Müllsammlung durch. Kanuverleih-Chef Andreas Baatz stellt uns dafür Boote zur Verfügung. Neben dem Schutz der Umwelt besitzt die Aktion einen erzieherischen Wert für unsere jungen Mitglieder“, erklärt Kisker.
Wie der Vorsitzende weiß, wird es bald ruhiger an der Unstrut. Die Angelsaison neigt sich dem Ende. „Doch zuvor wollen wir mit genügend Abstand noch ein Gemeinschaftsangeln durchführen. Daneben wird gefachsimpelt und diskutiert, die Fangstatistik von mir vorbereitet, und bestimmt macht so manches Anglerlatein die Runde. Da werden die gefangenen Fische immer größer“, war von Kisker zu hören. Für das Angeln gebe es aber kein Geheimrezept. Jeder Tag sei anders, das Wetter und andere Faktoren spielten eine entscheidende Rolle. Ein Angler wisse vorher nie, ob ein guter Fang glückt.
Unterstützt bei seinem Hobby wird Gerald Kisker von seiner Ehefrau Ines. Gemeinsam mit ihr geht er seiner zweiten liebsten Freizeitbeschäftigung nach: Seit Mitte der 90er-Jahre singen beide im gemischten Chor Karsdorf. Außerdem halten ihn die vier Enkelkinder auf Trab. Und bei schönem Wetter frönt der Karsdorfer gern mal einer weiteren Leidenschaft, dem Motorradfahren. Dann holt er seine BMW aus der Garage, um gemütlich durch die Lande zu düsen und - ebenso wie beim Angeln - die Natur zu genießen.