Insolvenz von DRK-Rettungsdienst Insolvenz von DRK-Rettungsdienst : Bald keine schnelle Hilfe im Landkreis?

Naumburg - Sind bald keine Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes in den Regionen Naumburg-Nebra und Weißenfels unterwegs? Und sollte es so sein: Gibt es für medizinische Notfälle dann noch rasche, sachgerechte Hilfe? Wird Leben noch gerettet? Vorerst bleibt Raum für Spekulationen. Zum Stand des seit Oktober laufenden Insolvenzverfahrens der von den DRK-Kreisverbänden Naumburg/Nebra und Weißenfels getragenen Rettungsdienst Burgenlandkreis gGmbH gibt sich Sachwalter Nico Kämpfert bedeckt. Erst nächste Woche wolle er sich äußern, teilte er auf Tageblatt/MZ-Anfrage mit.
Indes heißt es aus einer anonymen Quelle, dass die Lichter beim Rettungsdienst am 31. März gelöscht würden. Wie es weitergehen soll, wissen die Angestellten nicht. Über die Folgen der Insolvenz wiederum wird der Kreistag erst am Montag in einer Sondersitzung beraten (siehe Beitrag „Kreistag“).
Verdi-Gewerkschaftssekretär Jens Berek indes sagte, ihm sei bekannt geworden, dass sich der DRK-Landesverband für die Aufgabe des Rettungsdienstes interessiere. Wäre es an dem, kämen die Angestellten vom Regen in die Traufe. Auch dort seien die Arbeitsbedingungen ähnlich schlecht, so Berek, wie einst bei der Rettungsdienst gGmbH, bevor Verdi mit dieser in einem seit 2018 geltenden Tarifvertrag bessere Bedingungen ausgehandelt hatte. Mit der Übernahme durch den Landesverband würden auf die Mitarbeiter 20 Prozent weniger Gehalt, wieder 48-Wochenstunden und sogar 24-Stunden-Dienste zukommen.
Gegen schlechte Arbeitsbedingungen bei der Rettungsdienst Burgenlandkreis gGmbH waren Angestellte 2014/15 gerichtlich vorgegangen. Dreh- und Angelpunkt ist die einst erfolgte Arbeitszeitverlängerung von 40 auf 48 Wochenstunden, wobei die Stunden der Arbeitsbereitschaft nicht bezahlt wurden. „Der Arbeitgeber meint, dass die Angestellten in der Zeit der Arbeitsbereitschaft ihr Geld im Schlaf verdienen, weil sie auf der Rettungswache schlafen würden“, weiß Berek. Doch dem steht zum einen gegenüber, dass die Rettungsdienstler immer mehr Einsätze fahren und zum anderen, dass sie rechtlich während der Arbeitsbereitschaft immer wach zu sein haben, um jederzeit im Bedarfsfall sofort losspringen zu können.
Diese einst geleisteten Arbeitsbereitschaftsstunden wollten die vor Gericht gezogenen Angestellten bezahlt haben. Wegen der Summe von rund 1,2 Millionen Euro, um die es dabei insgesamt ging, sah sich die gGmbH veranlasst, Insolvenz anzumelden. Aus gleichem Grund wie ihre Kollegen damals haben in jüngster Zeit weitere Rettungsdienst-Angestellte - vor allem die im Vergleich zu den Naumburger Kollegen schlechter gestellten Weißenfelser Kollegen - ihre Klagen vorbereitet. Termine vor dem Arbeitsgericht waren an-, dann aber wegen des Insolvenzverfahrens ausgesetzt worden.
Nun sind viele Mitarbeiter sauer. „Jeder Kollege verliert einige Tausend Euro. Meine Betriebsrente ist, wie es aussieht, das zweite Mal weg. Von den fast 30 Jahren Betriebszugehörigkeit will ich gar nicht reden. Es wird sicher keiner arbeitslos, aber zu welchen Konditionen“, sagte einer der Retter, der allerdings anonym bleiben wollte.
Ginge es nach der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, solle der Burgenlandkreis den Rettungsdienst in Eigenregie durchführen. „Dann“, so Berek, „greift der Tarif des öffentlichen Dienstes“ mit seinen besseren Bedingungen. Den Kreistagsmitgliedern und dem Landrat des Burgenlandkreises habe Verdi das in einem Schreiben empfohlen.
Dieser Vorschlag sei für die SPD überraschend. „Wir als SPD wollen keine Verstaatlichung“, betont Rüdiger Erben, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Das Rettungsdienstgesetz gebe den Hilfsorganisationen klaren Vorrang. Der Grund liege, so Erben, darin, dass diese Organisationen, diejenigen sind, die im Ehrenamt auch für den Katastrophenschutz zuständig sind, somit das notwendige qualifizierte Personal und die Technik haben. In der Betrauung der ehrenamtlich tätigen Hilfsorganisationen mit dem hauptamtlichen Rettungsdienst sieht er eine Unterstützung dieser.
Der Politiker verweist zudem auf den Landkreis Mansfeld-Südharz, in dem der Rettungsdienst vor Jahren verstaatlicht wurde. Der dortige Eigenbetrieb Rettungsdienst funktioniere zwar, aber auf der Strecke sei der Katastrophenschutz geblieben. In diesem Kreis gebe es beispielsweise kein Angebot mehr zur Ersten-Hilfe-Ausbildung, weil sich ASB und DRK nach Übernahme des Rettungsdienstes durch den Kreis zurückgezogen haben. Die ehrenamtlichen Strukturen waren weggebrochen. Das zeige, so Erben, wie verzahnt diese mit der hauptamtlichen Rettungsdienstaufgabe seien.