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Imker im Naturschutzgebiet  Imker im Naturschutzgebiet : Götter und Königinnen

Von Michael Heise 26.05.2019, 09:31
16 Bienenvölker hält der gebürtige Bad Kösener am Göttersitz - eine ideale Lage am Rande des gleichnamigen Naturschutzgebietes.
16 Bienenvölker hält der gebürtige Bad Kösener am Göttersitz - eine ideale Lage am Rande des gleichnamigen Naturschutzgebietes. Behrens

Bad Kösen/Leipzig - „Oh, hier hat es geregnet. Das ist sehr gut, denn der Boden ist noch immer zu trocken.“ Tobias Laub kommt gerade aus Leipzig und ist unterwegs zu seinen Bienen auf dem Göttersitz, jener exponierten Lage oberhalb Bad Kösens, wo einem die Welt zu Füßen liegt. Weite Flächen sind Naturschutzgebiet, entlang des Feldwegs hin zum einstigen Ausflugsrestaurant blühen die Obstbäume, der Raps leuchtet. Laub ist gebürtiger Bad Kösener, wohnt aber schon seit 1996 in Leipzig. Und er ist Imker im Haupterwerb.

60.000 Arbeitsbienen im Einsatz

Hier oben in der Idylle hat der 43-Jährige auf einer gepachteten Fläche von rund 120 Quadratmetern die Behausungen von 16 Bienenvölkern aufgestellt, sogenannte Magazinbeuten. Jeweils etwa 60.000 Arbeitsbienen der englischen Super-Rasse Buckfast machen hier einen honigsüßen Job. Hinzu kommen noch Hunderte Drohnen. Auch Laub hat zu tun, denn einem der Völker ist die Königin abhanden gekommen. Eine neue, selbst gezüchtete hat der Imker in einem kleinen Gefäß. Noch verpuppt, denn sie soll in der Beute schlüpfen. „Bienen sind megaschlau, sie erkennen schnell eine neue Königin“, weiß Laub, der übrigens vollkommen ohne Schutz arbeitet. Für ihn selbstverständlich: „Abgesehen davon, dass die Buckfast-Biene sehr sanftmütig ist, hantiert man behutsamer. Mit Handschuhen wird schnell mal eine Biene erdrückt, was die anderen Tiere aggressiv macht. Das passiert hier nicht. Ich bin lange nicht gestochen worden. Und wenn, bin ich selbst schuld.“ Tobias Laub setzt die verpuppte Königin in eine der Waben und schließt die Beute. Nicht lange wird es dauern, bis sich die Arbeiterinnen um ihr Oberhaupt kümmern werden.

Dass der Bad Kösener nicht nur der Familie wegen, sondern auch beruflich regelmäßig in seine Heimat kommt, hat er seinem Vater zu verdanken. Bernhard Laub ist schon seit vielen Jahren Imker und Vorsitzender des Imkervereins Bad Kösen und Umgebung. Sohn Tobias erinnert sich: „Vor 14 Jahren brachte mir mein Vater sechs Bienenvölker in meinen Garten am Joachimsberg, den ich mir gerade zugelegt hatte. Die Arbeit hat mich irgendwann fasziniert; ich wurde Berufsimker.“ Inzwischen hält er nicht weniger als 140 Bienenvölker vor allen an der Peripherie von Leipzig, zehn am Joachimsberg und besagte 16 am Göttersitz.

Vielfältige Blütenpracht

Die Lage ist für ihn in mehrfacher Hinsicht eine ganz bedeutende. Das angrenzende Naturschatzgebiet liefert eine Blütenvielfalt sondergleichen. Kirsche, Ahorn und Kastanie genauso wie Linde, Brombeere, Robinie und reichlich Wildkräuter. Laub: „So entsteht ein sehr aromatischer und für die Landschaft authentischer Honig.“ Und ein von Umweltgiften gegen Null belasteter - was dem gebürtigen Bad Kösener wichtig ist. Seine Produkte sind alle „Bioland“-zertifiziert, eines der wichtigsten Prädikate für ökologischen Landbau. Ortskundige werden jetzt allerdings fragen, wie das mit den angrenzenden Rapsfeldern übereinkommt, die üblicherweise mit Insektiziden behandelt werden. Aber eben nur üblicherweise.

Tobias Laub nämlich hat Friedrich Altenburg von der Landgut Möllern GmbH dafür gewinnen können, dass er auf seinen Feldern am Göttersitz keine Schädlingsbekämpfungsmittel ausbringt. Ein Pilotprojekt, von dem Laub fest überzeugt ist, dass es beiden Seiten viel bringt. „Es ist erwiesen, dass Bienen auf solchen Flächen mehr bestäuben und die Landwirte einen höheren Ertrag einfahren können, bis zu 50 Prozent. Der Imker wiederum profitiert von mehr Nektar und gesunden, deutlich weniger für Krankheiten anfälligen Bienen“, zählt er auf. Nach dem Ende der Rapsblüte werden Landwirt und Imker erstmals Bilanz ziehen. Tobias Laub würdigt aber schon jetzt das Projekt, es sei nicht selbstverständlich, das große landwirtschaftliche Betriebe auch große Flächen für solch Experimente freigeben - hier immerhin 50 Hektar.

Im lokalen Einzelhandel erhältlich

Die Gläser der Göttersitz-Honige - Frühlings- und Sommerblüte und erhältlich als regionaltypische Produkte bei der Tourist-Info Bad Kösen, in Naumburg in der „Käse-Ecke“ und im E-Center Hinze - zieren farbenfrohe Etiketten mit dem Bild der einstigen Ausflugsgaststätte. Für Tobias Laub auch eine kleine Erinnerung an Kindheitstage, während derer es immer mal hinauf ins Grün des Göttersitzes ging.

Doch eines bleibt noch zu klären: Wieso steht auf den Etiketten nicht „Laub“, sondern „Laubinger“? Weil in Bad Kösen so ziemlich jeder einen Spitznamen hat? „Fast richtig. Doch diesen habe ich mir irgendwann in Leipzig eingesammelt. Dort bin ich einfach nur der Laubinger.“

Der Raps steht in voller Blüte, auf 50 Hektar am Göttersitz auch ohne Behandlung mit Insektiziden. Ein Tummelplatz sondergleichen für die Bienen von Tobias Laub.
Der Raps steht in voller Blüte, auf 50 Hektar am Göttersitz auch ohne Behandlung mit Insektiziden. Ein Tummelplatz sondergleichen für die Bienen von Tobias Laub.
Laub