1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Burgenlandkreis
  6. >
  7. Gleina feiert 900. Geburtstag

EIL

250-Seelen-Dorf Gleina feiert 900. Geburtstag

250-Seelen-Dorf besteht seit 900 Jahren. Wie die Einwohner zusammenstehen und gemeinsam ein Fest vorbereiten.

Von Yvette Meinhardt 17.09.2021, 16:45
Diese alten Postkarten hängen im Dorfgemeinschaftshaus in  Gleina. Wer will, kann sie sich zum Jubiläum anschauen.
Diese alten Postkarten hängen im Dorfgemeinschaftshaus in Gleina. Wer will, kann sie sich zum Jubiläum anschauen. (Foto: Yvette Meinhardt)

Gleina/MZ - Ganz Gleina hat sich herausgeputzt: Wimpelketten, Luftballons und Plakate hängen in dem 200-Seelen-Dorf nahe Tröglitz. Seit Donnerstag wird hier das 900-jährige Bestehen gefeiert. „Ist doch klar, das wir da mitmachen“, sagt Heiko Seifert. Er hat rund 100 Meter Wimpelketten an Haus und Zaun aufgehangen. Am Giebel seines Hauses hängt ein Schild „900 Jahre Gleina“. Natürlich ist das selbst gebaut. „Ich habe dazu eine Spanplatte genommen, diese gestrichen und die Schrift darauf gebracht“, sag Seifert. Darüber hängt ein kleiner Strahler, der den Schriftzug abends ins richtige Licht setzt und an der Fassade „fliegen“ abends elektrische Schmetterlinge. In der Dunkelheit spielt noch Musik.

„Ich habe diese Woche extra Urlaub genommen, um bei den Vorbereitungen zu helfen“, sagt Seifert. Am Mittwoch hat er unzählige Programmzettel im Dorf ausgetragen und bei vielen Leuten in die Briefkästen gesteckt. Auch ein großes Zelt steht bereits auf der Wiese zwischen Kirche und Dorfgemeinschaftshaus. Weitere kleine Zelte stehen für die Versorgung bereit. Es wurde gemeinsam aufgebaut. Doch lange Zeit stand es in den Sternen, ob das Jubiläum in diesen schwierigen Zeiten überhaupt gefeiert werden darf. „Etwa vor sechs Wochen haben wir uns dann entschlossen, uns die Freude am Leben nicht nehmen zu lassen und das besondere Fest zu feiern“, sagt Karlheinz Henckens, Vorsitzender des Heimatvereins Gleina. Ein Dutzend Enthusiasten hat sich daraufhin im Dorf zusammengefunden, Pläne geschmiedet und in die Tat umgesetzt. Jetzt geht es also los.

Aktive im Dorf

Edith Beilschmidt vom Gemeindekirchenrat gehört ebenfalls zu den Aktiven im Dorf. „1121 wurde unser Gleina erstmals urkundlich erwähnt als Gline, das bedeutet so viel wie Lehmdorf“, sagt die 72-Jährige. Dank Georg Beer, dem ehemaligen ehrenamtlichen Bürgermeister vom Ortsteil Gleina, besitze man eine tolle Chronik und vor 20 Jahren etwa entwarf Georg Beer ein Signet zum damaligen Jubiläum. Es zeigt den slawischen „Swantevith“, denn die Slawen waren vermutlich die ersten Siedler in Gleina. Danach folgten die Christen.

Heiko Seifert ist bereit: Gleina feiert 900-jähriges Bestehen und er hat Haus und Hof  geschmückt.
Heiko Seifert ist bereit: Gleina feiert 900-jähriges Bestehen und er hat Haus und Hof geschmückt.
(Foto: Y. Meinhardt)

Daher ist die weitere Entwicklung des Dorfes eng mit der Geschichte der Kirche verbunden. Das älteste noch vorhandene Bauwerk ist die Sakristei, deren Deckengemälde aus den Jahren um 1250 stammen. So ist das Gotteshaus auf jeden Fall eine Besichtigung wert. In den letzten Jahren wurde es umfangreich saniert und gehört heute zu dem Verbund „Bosos Erben“, Kirchen, die auf das Kloster Posa und Mönch Boso zurückgehen und das romanische Erbe lebendig halten.

Ende des 16. Jahrhunderts hatte Gleina mit dem Ortsteil Puschendorf zusammen 29 Baustätten und 29 Wirte. 1818 gab es 44 Wohnhäuser und 228 Einwohner, 1930 lag die Einwohnerzahl bei 269 und 1930 sogar bei stolzen 643 (Quelle: Tröglitzer Heimatblätter, Teil 5). Heute sind es nur noch 250 (Stichtag 31. Dezember 2020).

„Ich kann mich noch erinnern“

„Ich kann mich noch erinnern, dass wir einmal zwei Bäcker im Dorf hatten, drei Gaststätten, dazu noch Konsum, Fleischer und Kolonialwaren“, erzählt Edith Beilschmidt. Auch Vereine gab es im Laufe der Geschichte viele im Ort, so zum Beispiel Kegelclub, Turn- und Reiterverein, aber auch einen Frauenchor, einen Arbeitersängerchor und einen Freidenkerverein. „Mir gefällt am besten der evangelische Jungfrauenverein zur Pflege der weiblichen Jugend in der Provinz Sachsen“, sagt Karlheinz Henckens mit einem Augenzwinkern. Eine Kopie der Gründungsurkunde vom September 1925 hängt im Dorfgemeinschaftshaus. Daneben gibt es einige alte Postkarten und Gemälde zu bewundern. Im kleinen Gleina lässt es sich gut leben, auch wenn es keine Gaststätte und keine Einkaufsmöglichkeiten mehr gibt. „Ich lebe gern in Gleina, aber ich mache mir Sorgen, wenn ich nicht mehr Auto fahren kann, wie ich dann zum Einkaufen oder zum Arzt kommen soll. Ein Bus hält leider nicht und an der Straße nach Tröglitz gibt es nicht mal einen Fußweg“, sagt Edith Beilschmidt.

Das Signet entwarf Georg Beer zur 880-Jahr-Feier.
Das Signet entwarf Georg Beer zur 880-Jahr-Feier.
(Foto: Y. Meinhardt)

Dafür gibt es einen schönen großen Spielplatz für den Nachwuchs, man trifft sich zum Plaudern im Dorfgemeinschaftshaus oder zum Gärtnern im Verein. Und in der kleine Kirche finden in großen Abständen Konzerte und Gottesdienste statt. „Wir haben einen Heimatverein, der wird in zwei Jahren 30 Jahre alt, da haben wir dann wieder einen Grund zum Feiern“, sagt Henckens.

Kino und Disco im Zelt

An diesem Freitag geht die Party 17 Uhr los. Es gibt einen Kinderfilm im Festzelt, danach einen Lampionumzug durchs Dorf. Lampions bitte selber mitbringen. Später wird ein Landfilm für Erwachsene gezeigt. Am Samstag geht es ab 14 Uhr rund. Die Zeitzer Blasmusikanten spielen zur Kaffeezeit. 16.30 Uhr treten die Zeitzer Sternschnuppen auf. 17 Uhr spielt Radio Saalewelle und „Der Plattenpapst“ legt Musik der 80er Jahre auf. 20 Uhr steigt die Partynacht mit DJ Udo Mugge. Eintritt ist frei.