Geheimnisse an der Mühle Geheimnisse an der Mühle: Was Archäologen auf einem leeren Feld entdeckt haben

Breitenbach - Olaf Jöris steigt in die Grabungsgrube hinab, nimmt den Spachtel und schabt mal seitlich, mal von oben nach unten auf dem Boden entlang. Damit führt er den Studenten genau vor, wie moderne Archäologie funktioniert. Der Wissenschaftler aus Neuwied war in diesem Sommer bereits zum sechsten Mal an der Ausgrabungsstelle an der Schneidemühle bei Breitenbach und hat wieder zahlreiche Erkenntnisse gewonnen. „Auch wenn wir von der Stückzahl her diesmal nur wenig gefunden haben, sind doch die Schlussfolgerungen daraus umso wertvoller“, sagt Jöris.
Was sich zunächst wie ein Widerspruch anhört, erklärt der Mann von Institut Monrepos, dem archäologischen Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution, so: „Wenn wir viel Mammut-Elfenbein an der einen Stelle und kaum etwas an einer anderen finden, dann deutet das darauf hin, dass es vor rund 30.000 bis 40.000 Jahren schon Spezialisten in der Steinzeit gab, die ihren festen Arbeitsplatz hatten“, so Olaf Jöris.
Fundstücke der Öffentlichkeit bei einer kleinen Ausstellung im ehemaligen Landschulheim in Breitenbach
Am Freitag hat der 49-Jährige zusammen mit seinem Mitarbeiter Tim Matthies diese Erkenntnisse, aber auch die Fundstücke der Öffentlichkeit bei einer kleinen Ausstellung im ehemaligen Landschulheim in Breitenbach und bei einem Vortrag auf dem dortigen Waldspielplatz vorgestellt.
Viel gab es dabei nicht zu sehen. Denn statt mehrerer tausend waren es diesmal nur 600 Steine, Knochen und Elfenbeinstücke. Das interessanteste Teil war dabei eine Speerspitze aus Elfenbein, die in einem Kalkmantel relativ gut erhalten war. Trotzdem ist das kein Grund zur Enttäuschung für Olaf Jöris. „Nein, denn die Erkenntnisse, die wir gesammelt haben, waren ja viel wichtiger. Außerdem geht die Arbeit im Winter weiter, wenn wir die Stücke mit anderen Funden vergleichen und vielleicht passende Teile zusammenfügen können“, sagt er.
Frauen aus Indien, den USA, dem Sudan, Spanien, Dänemark, England und Deutschland in Breitenbach
Ob dann wie im vergangenen Jahr wieder Stücke von der Schneidemühle im Rahmen einer Ausstellung im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle gezeigt werden, konnte Jöris nicht sagen. „Auf alle Fälle aber ist die Unterstützung des Landesamtes für Archäologie und Denkmalpflege sehr groß und unkompliziert. Ohne diese wäre unsere Forschung kaum möglich“, sagt der 49-Jährige. Neben der fachlichen würde es auch manchmal finanzielle Hilfe geben.
Seit 2009 kommt er regelmäßig nach Breitenbach, immer sind im Wechsel für mehrere Wochen im Schnitt ein Dutzend Studenten aus aller Welt mit dabei. Aktuell sind das vor allem junge Frauen aus Indien, den USA, dem Sudan, Spanien, Dänemark, England und Deutschland. Zusammen mit Jöris und Matthies wohnen sie im ehemaligen Landschulheim, der Chef selber war, bis auf zwei Tage, die gesamte Dauer von zehn Wochen in Breitenbach.
Grabungsleiter: Das hier ist meine Haupt-Ausgrabungsstelle, zu der ich immer wieder gern komme.
„Das hier ist meine Haupt-Ausgrabungsstelle, zu der ich immer wieder gern komme. Breitenbach ist schon fast sowas wie meine zweite Heimat, hier werden wir sehr freundlich aufgenommen und toll unterstützt“, sagt Olaf Jöris. So würden die Landwirte viel Verständnis zeigen, wenn es mal etwas länger mit der Beräumung des Areals dauert. Und beim Aufbau des Zeltes halfen ein paar kräftige junge Männer mit, „weil in der ersten Studentengruppe fast nur eher kleinere Frauen dabei waren“, meint Jöris und grinst.
Apropos Zelt. Auch die Ausgrabungsgruppe an der Schneidemühle litt natürlich über die wochenlangen tropischen Temperaturen. Dazu kam die Trockenheit und der Staub, was das Handhaben der Spachtel auf dem Lehmboden nicht gerade zum Vergnügen machte. Ende September endet die sechste Saison und Olaf Jörig wird trotz allem auch diese wieder in guter Erinnerung behalten und garantiert bald nach Breitenbach zurückkehren. (mz)