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Historismus und Pläne Blick zurück nach vorn - ein Rundgang durch Lützen

Ein Rundgang durch Lützen klärt über die stadtbildprägende Epoche des Historismus auf. Auch der Bürgermeister läuft mit - und spricht über Investitionspläne.

Von Franz Ruch 06.09.2021, 14:02
Das Gustav-Adolf-Gymnasium Lützen
Das Gustav-Adolf-Gymnasium Lützen (Foto: Franz Ruch)

Lützen/MZ - Die knapp 50 Jahre zwischen der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 waren eine bewegte Zeit - auch in architektonischer Hinsicht. Die Stilepoche des Historismus lenkte die Köpfe der Bauplaner und so entstanden bis heute berühmte Gebäude, wie etwa das Schloss Neuschwanstein oder das Neue Rathaus in Leipzig. Doch auch in Lützen ist der Historismus an fast jeder Ecke erkennbar. Wo genau, das konnten Besucher beim Stadtrundgang „Lützen im Kaiserreich“ am Freitagnachmittag erfahren.

Und zwar von Hans-Georg Walther, einer der „Köpfe“ hinter der aktuellen Sonderausstellung „Lützen von oben“ im Schlossmuseum. Der Lützener Chronist gab erst im Schlosshof eine kleine Einführung zur Epoche und nahm dann die knapp 40 Besucher zu einem Rundgang durch die Stadt mit. Um zu verstehen, wie sich das Stadtbild in Lützen in dieser Zeit geprägt hat, muss zunächst aber ein Blick in die Zeit vor dem Kaiserreich geworfen werden. Hier war Lützen noch weitestgehend von zweigeschossigen Gebäuden geprägt. „Im unteren Geschoss Lehmstampfwände, im oberen Fachwerk“, erklärt Walther. Letzteres sei damals aber kein Schaufachwerk gewesen, sondern habe zur Stabilisierung gedient.

„Die Ziegelsteine kamen aus eigenen Ziegeleien“

Mit dem Historismus ging es für Lützener hoch hinaus. Genauer gesagt, um ein Stockwerk, denn fortan setzten sich dreigeschossige Gebäude mit Mauerwerk-Bauweise und Ziegel statt Lehm durch. „Die Ziegelsteine kamen aus eigenen Ziegeleien“, ergänzt Walther. Ein solch typisches Gebäude ist das in der Ernst-Thälmann-Straße 39, gebaut im Jahr 1905 von dem Architekten F.A. Müller. Gut erkennbar sind die typischen Klinker-Fassaden, der Erker, Bauschmuck und die großen Ladenfenster.

Hans-Georg Walther (linke Bildmitte) erläutert den  interessierten Lützenern beim Stadtrundgang die Historie hinter den Häusern ihrer Stadt.
Hans-Georg Walther (linke Bildmitte) erläutert den interessierten Lützenern beim Stadtrundgang die Historie hinter den Häusern ihrer Stadt.
(Foto: Franz Ruch)

Der Wandel habe Lützen ein ganz anderes Stadtbild verschafft, sagt Walther. „All die stadtprägenden Gebäude sind in dieser Zeit entstanden.“ Heute noch besonders gut erkennbar sind die Neubauten der öffentlichen Gebäude. So entstand zwischen 1880 und 1907 das Lützener Rathaus, das neue Amtsgericht, die Kapelle der Gustav-Adolf-Gedenkstätte, die Superintendentur, die Katholische Kirche, das Gustav-Adolf-Haus, das Armen- und Waisenhaus, das Bahnhofsgebäude und die Neue Mädchenschule. Bei letzterer könne man laut Walther gut die „ordentliche Baukunst von damals“ erkennen, welche auch noch eine heutige Nutzung der Gebäude zulässt.

„Das Haus muss komplett entkernt werden“

Auch viele Gewerbe-Neubauten sind in dieser Zeit entstanden. So etwa die einstige Zuckerfabrik (1873), die Dampfmolkerei (1891), das Feuerwehrdepot in der Rudolf-Breitscheid-Straße (1894) oder das ehemalige Krankenhaus an der Hospitalstraße (1887).

Auch das ehemalige Gustav-Adolf-Gymnasium stammt aus dieser Zeit und ist ein gutes Beispiel dafür, in welcher schwierigen Verfassung sich die Gebäude heute befinden können. In dem Bau am Schlosspark machen sich nämlich Bauschäden wie Hausschwamm breit. Bürgermeister Uwe Weiß (SPD), der auch am Stadtrundgang teilnahm, sagte, dass die Stadtverwaltung aktuell in Gesprächen mit dem Denkmalschutz zu Restaurierungsfragen stecke.

So müsse etwa ein Weg gefunden werden, die Fassade ohne Chemikalien zu reinigen. Um einen Kahlschlag im Inneren komme man aber nicht umher. „Das Haus muss komplett entkernt werden“, sagt Weiß. Die für die Sanierung anfallenden Kosten - 7,8 Millionen Euro - seien dafür schon veranschlagt.