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Benefizspiel in Großkorbetha Benefizspiel in Großkorbetha: 6.000 Euro für Familie Harre

Von Andrea Hamann 13.04.2015, 19:40
Die Akteure des SV Braunsbedra klatschen mit Anthony (Mitte), dem Sohn von René Harre, ab.
Die Akteure des SV Braunsbedra klatschen mit Anthony (Mitte), dem Sohn von René Harre, ab. Michael Thomé Lizenz

Großkorbetha - Fast 6.000 Euro - überwältigt nennt am Montag der Geschäftsführer des TSV Großkorbetha, Hans-Joachim Bringezu, diese Summe. Das Geld ist am Sonntag während eines Benefizspieles zusammengekommen. Selten hat der TSV Großkorbetha, Zweiter der Kreisliga, mit 1:9 so gern verloren, wie an diesem Tag, als er gegen den Landesligisten, SV Braunsbedra, spielte. Denn das Spiel war zweitrangig. Wichtig war für die Fußballer, dass Geld zusammenkommt. Geld, welches Familie Harre, die sich im Verein engagiert, gerade jetzt in einer ganz schweren Zeit ganz dringend braucht. Familienvater René ist vor viereinhalb Monaten schwer verunglückt.

Zum Unfall kam es laut Polizei, weil ein Autofahrer am 22. November gegen 12.15 Uhr von der Ausfahrt an einem Einkaufsmarkt auf die Tagewerbener Straße in Weißenfels abbiegen wollte. Dabei übersah er den Motorradfahrer, der stadtauswärts unterwegs war. Dieser ist auf die Straße geschleudert und trotz Helm und entsprechender Bekleidung schwer verletzt worden.

Das ist für seine Frau Nadine und seine zwei Kinder so schon schwer genug. Hinzu kommt aber, dass der Mann als Hauptverdiener aber erst einmal ausfällt. Nadine Harre verbringt praktisch jede freie Minuten am Bett ihres Mannes im Bergmannstrost in Halle. So ist auch ihr Job in Gefahr. Nicht einmal die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers greift, denn der ist geflüchtet. Das ist an Tragik eigentlich kaum zu überbieten. Das wissen auch die Großkorbethaer Vereinsmitglieder. Sie entschlossen sich, für die Familie zu spielen. Beim SV Braunsbedra angefragt, kam sofort die Zusage.

Über 500 Zuschauer

Die Resonanz auf die Veranstaltung am Sonntag war riesig. Ganze Autokolonnen fuhren in den Ort. Selten war es dort so schwierig wie an diesem Tag, einen Parkplatz zu bekommen. Mehr als 500 Männer, Frauen und Kinder fanden sich schon lange vor dem Anpfiff am Rand des Sportplatzes ein. Ein Thema dominierte: René Harre. Sein Vater Reiner Harre war auch da, sprach mit Hans-Joachim Bringezu. Der Weißenfelser Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) hörte zu. Auch er war betroffen. Er wolle sehen, ob die Stadt der Familie helfen könne, sagte er.

Weitere Informationen zum Benefizspiel lesen Sie auf Seite 2.

Reiner Harre schaute sich um. Er war überwältigt. Der Reichardtswerbener und seine beiden Enkel Anthony und Eddy vertraten die Familie an diesem Tag. Nadine Harre war im Krankenhaus bei ihrem Mann. Sie wusste, dort wird sie mehr gebraucht, als auf dem Sportplatz. Jörg Becker aus Reichardtswerben war extra hergekommen. Er kennt René Harre privat. „Er ist mein Kumpel“, sagte der Mann. Er schämte sich nicht zu sagen, dass er geweint habe, wie ein kleines Kind, als er von dem Unfall erfuhr. „Er ist ein Bombentyp und ich glaube, er ist der beste Vater der Welt“, sagte der Mann. René habe seine eigenen Bedürfnisse innerhalb seiner Familie immer hintenangestellt, so Jörg Becker weiter. Auch er guckte sich um. Die vielen Menschen am Platz warteten nicht nur darauf, dass das Spiel losgeht. Sie kauften Kuchen, Kaffee, andere Getränke und Grillwürstchen. Das sollten sie auch. Der Reinerlös aus dem Verkauf wird der Familie gespendet. Jeder Cent an diesem Tag zählte. Jörg Becker staunte angesichts der Massen. „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Besucher kommen“, sagte er. Aber er wisse eben auch, dass René Harre bekannt und beliebt ist. „Es ist heute Ehrensache, dabei zu sein“, so der Mann abschließend.

Es lassen sich kaum Worte finden

Annette Hahn kämpfte mit den Tränen. Sie war nicht nur Besucherin, sondern ist eine Cousine des verunglückten Familienvaters. „Ich habe heute alles gestrichen, um hier dabei sein zu können“, sagte die junge Frau. „Das ist hier gerade so emotional, dass ich dafür kaum Worte finde“, so die Frau weiter. Musste sie auch nicht. Ihre Gefühle bewiesen, wie toll sie es fand, dass so viele Gäste gekommen waren, um zu zeigen, dass sie für die Familie da sind. Annette Hahn selber war noch nicht im Krankenhaus gewesen. Da halte sie sich derzeit zurück, sagte sie. Was René brauche seien Ruhe und Struktur, um weiter zu genesen. Das falle ihr schwer, aber es gehe um René und nicht um sie. „Alle, die hier heute sind, haben großen Respekt verdient“, sagte auch sie.

Dann war es soweit. Hans-Jürgen Bringezu begrüßte die Menschen am Spielfeldrand und auch die Sportler auf dem Platz. „René Harre! Du schaffst das!“, durchdrang seine kräftige Stimme die Stille über dem Stadion. „Wir senden einen Gruß nach Halle, wo Nadine bei ihrem René ist“, rief er weiter. Der andauernde Beifall bewies, dass der Mann genau die richtigen Worte gefunden hatte. Er hatte allen aus dem Herzen gesprochen. Das war es aber noch nicht. Frank Becker war mit einigen Kollegen gekommen. Sie haben bis zum Unfalltag mit René Harre bei Kaufland in Osterfeld gearbeitet. Sie übergaben einen Umschlag. Unter den engsten Mitarbeitern war bereits Geld gesammelt worden. Das allein waren allein schon etwa 300 Euro. „Wir hoffen, dass er wiederkommt“, sagte Frank Becker. René sei ein 1-A-Kollege, der allen fehle. Kaufland selber wolle auch noch etwas tun, um der Familie zu helfen, kündigte er an.

Während die Sportler spielten, füllten sich die Spendendosen und Kassen, bis die unglaubliche Gesamtsumme von knapp 6 000 Euro zusammenkam. Diese wollen die Vereinskollegen Holger Hartmann und René Marks am Dienstag nach Halle zur Familie in das Krankenhaus bringen. Sie werden damit zeigen, dass zusammengehalten wird und Harres nicht allein gelassen werden. (mz)

Zahlreiche Zuschauer waren an diesem Tag nach Großkorbetha gekommen.
Zahlreiche Zuschauer waren an diesem Tag nach Großkorbetha gekommen.
Michael Thomé Lizenz