Anbau immer schwieriger Anbau immer schwieriger: Der Rübe geht's an den Kragen

Langendorf - Mit Freude haben die Zuckerrübenbauern der Region den Regen der vergangenen Tage zur Kenntnis genommen. „Das tut den Rüben noch einmal gut“, sagt Jens-Uwe Kraft, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Langendorf-Borau-Leißling. Und doch war es im wahrsten Sinne des Wortes nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
„Aufgrund der Trockenheit liegen wir bei den Getreideerträgen circa 30 Prozent unter dem Fünfjahresmittel. Bei den Zuckerrüben erwarten wir ähnliche Einbußen“, so Kraft.
Probleme durch Trockenheit
Ähnliche Befürchtungen äußert auch Christian Beyer, Geschäftsführer des Verbands Sächsisch-Thüringischer Zuckerrübenanbauer, dessen Gebiet sich auch über die südlichen Teile Sachsen-Anhalts und Brandenburgs erstreckt. Im vergangenen Jahr habe man durch die langanhaltende Dürre die schlechteste Ernte seit zehn Jahren eingefahren. Und auch in diesem Jahr geht der Verband von einem deutlich unterdurchschnittlichen Ertrag aus. „Wenn uns nun regelmäßig solch eine Trockenheit erwartet, haben wir ein Problem“, macht Beyer deutlich.
Zugleich kann der 33-jährige Hohenmölsener dem Klimawandel und dem damit verbundenen, später einsetzenden Frost auch etwas Positives abgewinnen, denn „die Rübe profitiert von jedem Tag, den sie länger wachsen kann.“ So erntet die Langendorfer Agrargenossenschaft laut Kraft beispielsweise in drei Etappen, und zwar Mitte Oktober, im November und noch einmal Ende Dezember. Der Landwirtschaftsbetrieb baut in diesem Jahr auf 76 Hektar Zuckerrüben an. Im gesamten Burgenlandkreis sind es nach Angaben des Verbands circa 3.600 Hektar.
Eigenschaften durch Zucht gut veränderbar
Durch züchterischen Fortschritt konnte der Ertrag in den vergangenen Jahren von acht bis zehn Tonnen pro Hektar auf inzwischen zwölf bis 15 Tonnen pro Hektar gesteigert werden, so Beyer. Überhaupt sei die Zuckerrübe eine Pflanze, deren Eigenschaften sich durch Zucht gut verändern ließen. Neben der Ertragssteigerung gehe es derzeit aber vor allem darum, trockenstress-resistente Pflanzen zu züchten. Das ginge auch mit gentechnischen Methoden.
„Was durch Züchtung zehn Jahre dauern würde, ließe sich damit innerhalb von zwei Jahren umsetzen“, meint Beyer. Diesbezüglich gebe es in Deutschland jedoch hohe Hürden. Zum einen durch gesetzliche Vorgaben, zum anderen würden auch die deutschen Verbraucher gentechnisch veränderten Pflanzen eine große Skepsis entgegenbringen. Anders sehe es beispielsweise in Brasilien und Indien, den weltweit größten Zuckerrohr-Produzenten, aus. Dort gebe es kaum Regulierungen, was den Einsatz von Gentechnik und chemischen Pflanzenschutzmitteln anbelangt.
Umweltauflagen in der Kritik
Sowohl Kraft als auch Beyer kritisieren die hohen Umweltauflagen in Deutschland. Kraft spricht von Problemen mit Schädlingen, seitdem Insektizidbeize bei Zuckerrüben verboten wurde. Und Beyer sagt: „Auch wir sind für eine umweltschonende und nachhaltige Landwirtschaft.“ Die Auflagen würden jedoch zu einem Wettbewerbsnachteil auf dem Weltmarkt führen. „Wir müssen deshalb zu einer sachlich fundierten Diskussion zurückkommen“, wünscht sich der Diplom-Agrarwissenschaftler.
Auch von Günter Tissen, Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker, heißt es im Hinblick auf die prognostizierte schlechte Ernte in diesem Jahr: „Wir sehen hier neben witterungsbedingten Ausfällen auch die Folgen der fortdauernden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten deutscher Anbauer.“ Ein Mittel dagegen war die Europäische Zuckermarktordnung, ein Regelwerk aus Quoten, Zöllen und Subventionen, das 1968 in Kraft trat, aber am 30. September 2017 ausgelaufen ist. „Durch den Wegfall sind auch die Preise eingebrochen“, bedauert Kraft.
Auszahlungspreise an die Bauern immer geringer
Das führe auch dazu, dass die Auszahlungspreise der Firma Südzucker, die die Zeitzer Zuckerfabrik betreibt, an die Bauern immer geringer würden. Für den Landwirt ist diese Entwicklung dennoch unverständlich, denn immerhin sei die Zuckerverarbeitung nur ein Standbein des Unternehmens, welches beispielsweise auch Bioethanol herstellt und über ein Tochterunternehmen Tiefkühlpizzen produziert.
Alles in allem zeichnet sich also ein düsteres Bild ab. „Wenn das so weitergeht, haben wir in zehn Jahren keinen europäischen Zuckermarkt mehr“, befürchtet Beyer. Und das betrifft nicht nur die Bauern selbst, sondern auch das verarbeitende Gewerbe. Zwar handele es sich bei der Zeitzer Zuckerfabrik um einen „sehr effizienten und wirtschaftlichen Standort“, sollte sich aber an der derzeitigen Situation, sowohl hinsichtlich des Wetters als auch der Agrarpolitik, nichts ändern, wäre diese auf lange Sicht in Gefahr, meint Beyer. Südzucker habe bereits Anfang 2019 zwei Werke in Deutschland geschlossen. (mz)