Amtsgericht Naumburg Amtsgericht Naumburg : Automaten in die Luft gejagt

Naumburg - In Balgstädt ließen es zwei Kumpel, 27 und 41 Jahre alt, in der Nacht vom 16. zum 17. März dieses Jahres so richtig krachen. Mit einer „Super cobra 6“, so heißen Böller einer italienischen Firma, die hierzulande nur mit einer Genehmigung gezündet werden dürfen, jagte der Jüngere einen Zigarettenautomaten in die Luft. Von den herausgeflogenen Zigarettenschachteln sackte er 17 ein, während etwas weiter entfernt sein Kumpel hinterm Lenkrad des Fluchtautos auf ihn wartete. Weil aufgeschreckte Anwohner dem 27-Jährigen eher unbewusst den Weg zum Auto versperrten, machte sich dieser in die entgegengesetzte Richtung aus dem Staub. Der Kumpel indes wartete brav im Wagen, an dessen Scheibe schließlich die Polizei klopfte.
Dicht nebeneinander saßen die einst auf frischer Tat geschnappten Freunde wohl erst wieder Donnerstagnachmittag im Saal des Amtsgerichts Naumburg. Dort verurteilte sie ein Schöffengericht zu Haftstrafen wegen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, des unerlaubten Umgangs mit explosionsartigen Stoffen und schweren Diebstahls. Der 41-Jährige kam sprichwörtlich mit einem blauen Auge davon. Seine siebenmonatige Haftstrafe setzte das Gericht zur dreijährigen Bewährung aus - zum einen, weil es seine erste Verurteilung ist, und zum anderen, weil er nur das Fluchtauto, das seinem Kumpel gehörte, gefahren hatte. Für dieses hatte er allerdings auf Bitten seines Kumpels andere Kfz-Kennzeichen beigesteuert, die sie, um die Tat zu verschleiern, vor Antritt der Fahrt am Auto angebracht hatten.
Anders als sein Kumpel, der sogleich in die Bewährungsstrafe einwilligte, ist das Urteil des 27-jährigen Angeklagten noch nicht rechtskräftig. Bei ihm geht es auch um mehr. Immerhin wurde er zu zwei Jahren Haft verurteilt - ohne Bewährung und das, weil er den Automaten mit einem seiner zwei „Super Cobra 6“-Böller gesprengt hatte, wobei ein Schaden von rund 2700 Euro entstanden war, er die 17 Zigarettenschachteln eingesackt hatte und mit anderen Vorstrafen belastet ist. Zudem war er der Ideengeber der Sprengaktion. Er habe nur nachahmen wollen, erzählte er dem Gericht, was er bei Facebook gesehen habe. Dort hätte ein Video gezeigt, wie in Nebra versucht wurde, einen Automaten mit Böllern zu knacken.
Übrigens war in seinem Urteil ein am 1. September dieses Jahres ergangenes Urteil einbezogen worden. Damals erhielt er eine mehrmonatige Haftstrafe, weil man bei ihm ein Elektroimpulsgerät und zwei Kugelbomben gefunden hatte und er in mehreren Auseinandersetzungen mit der Mutter seiner zweijährigen Zwillinge, die inzwischen bei einer Pflegefamilie leben, verletzte. Er hatte ihr so kräftig auf den Hinterkopf geschlagen, dass ihr Gesicht auf die Oberschenkel prallte und sie eine Nasenfraktur erlitt. Als sie am Boden lag, trat er mit dem beschuhten Fuß auf ihre Hand. Ergebnis: ein gebrochener Finger. Ein anderes Mal würgte er sie eine Minute lang. Die Schmerzen hielten mehrere Tage an. Zwei Monate hatte er damals in Untersuchungshaft auf seinen Prozess gewartet.
Zur Urteilsverkündung am Donnerstag saß der 27-Jährige plötzlich mit Handschellen auf der Anklagebank. Während das Gericht zurückgezogen das Urteil beraten hatte, waren ihm die Fesseln von Polizisten angelegt worden - nicht in der weisen Voraussicht, dass er kurz darauf zur Haft verurteilt werden würde. Vielmehr wurde er wegen einer neuen Straftat in Gewahrsam genommen. Gestern wurde er dem Haftrichter vorgeführt.