Aktionstag Aktionstag : Warum am Freitag die Glocken läuten

Kistritz - Elke Blücher geht durch die Kistritzer Kirche. Hinten in der Sakristei, einem kleinen Raum für Vorbereitungen, bleibt sie stehen. Vor ihr hängen drei rote Wäscheleinen. Diese lugen durch die Decke des alten Hauses hervor und reichen bis einige Zentimeter über den steinernen Boden. Diese nimmt sie in de Hand und beginnt langsam daran zu ziehen. Elke Blücher lauscht und zieht weiter. Da ertönt ganz zart die erste der drei Glocken im Kirchturm.
Nach und nach bringt die Frau dieses alte Geläut zum kräftigen klingen. Das macht die 59-Jährige jedes Wochenende vor den Gottesdiensten, an bestimmten Feiertagen und an Terminen wie Hochzeiten. Am Freitag reiht sich ein weiterer Termin ein. Es findet der europaweite internationale Friedenstag statt. Um 18 Uhr wird Elke Blücher, gemeinsam mit unzähligen anderen Menschen, europaweit Glocken läuten. Anschließend gibt es in Kistritz eine kleine Andacht.
„Vier Kirchen im Kirchenkreis Nördliches Zeitz sind es noch, die so ausgestattet sind“
Das besondere an Elke Blücher ist aber, dass sie eine der wenigen Menschen ist, die das Läuten noch von Hand vornimmt. „Vier Kirchen im Kirchenkreis Nördliches Zeitz sind es noch, die so ausgestattet sind“, sagt Pfarrer Matthias Keilholz. Bei den anderen Gotteshäusern erfolgt das Läuten automatisch. Keilholz freut sich, dass sich Beate Blücher um die Kirche kümmert. Das macht sie seit Jahrzehnten.
Schon zu Kindertagen gehörte die Kirche zu ihrem Leben dazu. „Wir waren eine Bauernfamilie und sind mit dem evangelischen Glauben aufgewachsen“, sagt sie. Christenlehre und Konfirmation gehörten genau so dazu, wie der Besuch der Gottesdienste. Schon als Jugendliche übernahm die Frau das Läuten, wenn jemand anderes ausfiel.
Zeitgleich erklingen in Europa die Glocken
Später wurde sie Mitglied im Gemeindekirchenrat und seit den 80er Jahren, so schätzt es Elke Blücher, betritt sie vor den Gottesdiensten und anderen Anlässen die Kirche und bringt die Kirchenglocken in Schwung. „Ich hoffe dann, dass die Menschen kommen und ich selbst freue mich einfach, dass ich hier und dabei sein darf“, sagt die Mutter zweier Kinder bescheiden. So wird es auch am Freitag sein. Sie freue sich darauf in dem Bewusstsein, zeitgleich mit ganz vielen Menschen in Europa die Glocken erklingen zu lassen.
Die Andacht wird Matthias Keilholz halten. Frieden sei in diesen Tagen und Wochen ein aktuelles Thema, sagt er. „Frieden ist ja nicht nur die Abwesenheit von Krieg“, macht er mit Blick auf die angespannte Situation in Chemnitz und in Köthen klar. Der Mann weiß, wovon er redet. Er war der Pfarrer in Tröglitz, der zu Friedensgebeten aufrief, nachdem dort das Flüchtlingsheim angezündet worden war.
„Wir werden miteinander singen und miteinander beten“
Er macht darauf aufmerksam dass es sich bei dem internationalen Friedenstag um ein Datum handelt, welches sich jährlich wiederholt. „Er geht nur oft unter“, so Matthias Keilholz. Für ihn ist es auch besonders, dass die Kirchenglocken in Kistritz noch von Hand in Gang gesetzt werden.
Er selber bewundert auch nach seiner langen beruflichen Laufbahn als Pfarrer den besonderen Ton dieser Klangkörper und hört ihnen immer noch gerne zu und das an jedem Ort, wo Kirchenglocken erklingen. Matthias Keilholz freut sich auch auf das kleine Friedensgebet, welches am Freitag nach einer Viertelstunde, in der die Glocken läuten, von ihm gehalten wird. „Wir werden miteinander singen und miteinander beten und dies an Themen anlehnen, die mit dem Frieden zu tun haben“, sagt der Mann.
Früher musste Elke Blücher übrigens noch so manche Treppe hinaufsteigen, um zu den Glocken zu gelangen. Das ist heute nicht mehr nötig und das findet die Frau, die im Veterinäramt des Landratsamtes des Burgenlandkreises arbeitet, auch gut. Denn irgendwann wurden Löcher durch den Stein gebohrt. Es wurden die roten Wäscheleinen an die Glocken gebracht, durch die Löcher gefädelt und an diesen zieht die Frau nun so lange, bis sie die Klangkörper in Schwung gebracht hat. (mz)