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Braunkohle in der Lausitz Braunkohle in der Lausitz: Hallenser konstruierte größte Fördereinrichtung

Von anna ringle-brändli 30.09.2014, 04:50
Volkmar Schrader vor seinem Lebenswerk, der Förderbrücke F 60.
Volkmar Schrader vor seinem Lebenswerk, der Förderbrücke F 60. dpa Lizenz

welzow/schwarzheide - Als Volkmar Schrader und seine Kollegen vor Jahrzehnten beauftragt wurden, die bis heute größte Abraumförderbrücke im Braunkohletagebau in der Lausitz zu konstruieren, waren die Bedingungen vergleichsweise schlecht. „Wir hatten in der DDR manchmal Materialmangel und mussten uns als Konstrukteure dann Alternativen ausdenken“, erinnert sich der 74-Jährige aus Schwarzheide (Brandenburg). Der erste von fünf Stahlkolossen mit dem Namen F 60 nahm 1972 im Tagebau Welzow südlich von Cottbus seinen Betrieb auf. Noch heute ist er im Einsatz.

Die F60 als Lebenswerk

Seine Begeisterung für Technik ist dem Diplom-Ingenieur in jedem Satz anzumerken. An einer Wand in seinem Arbeitszimmer hängt ein Bild von der F 60. Als sein „Lebenswerk“ bezeichnet der hochgewachsene Mann, der ursprünglich aus Halle stammt, das riesige technische Konstrukt. „Dass die F 60 so lange Wind, Regen sowie den extremen Arbeitsbedingungen standgehalten hat...“, sagt er heute selbst fast ein wenig überrascht.

Schrader hat viele Daten zusammengetragen über die nach seinen Angaben rund 290 Jahre alte Geschichte seiner damaligen Firma Lauchhammerwerk und über den Jahrhunderte alten Tagebau in der Lausitz. In der DDR war der Braunkohlehunger groß. Die Energie war vergleichsweise günstig zu produzieren und sie war verfügbar. Im Boden der Lausitz - dem zweitgrößten Braunkohlerevier Deutschlands nach dem Rheinischen Revier - lagerten viele Schätze. Insgesamt 17 Gruben gab es bis zur Wende in Brandenburg und Sachsen.

Heute betreibt der schwedische Staatskonzern Vattenfall noch fünf: Welzow-Süd, Jänschwalde und Cottbus-Nord in Brandenburg, sowie Nochten und Reichwalde in Sachsen. Braunkohle ist heute als besonders klimaschädlicher Energieträger umstritten. Brandenburg und Sachsen, aber auch Sachsen-Anhalt halten bislang aber an dem heimischen Energieträger fest. So fördert die Mibrag hierzulande weiter Braunkohle im Tagebau Profen (Burgenlandkreis).

Wenn Schrader von der Konstruktion der F 60 erzählt, leuchten seine Augen. Bis der Stahlkomplex fertiggestellt war, waren viele Probleme zu überwinden, wie er berichtet. Er habe die Entwicklung der F-60-Brücken zunächst als Konstrukteur und zuletzt als Chefkonstrukteur begleitet. „Wir hatten zum Beispiel Schwierigkeiten mit den Fördergurten, die waren aus Polyamid. Sie rissen manchmal. In der BRD gab es bereits Stahlseilgurte, die stabiler waren.“

Vier Brücken noch in Betrieb

1972 ging die Brücke in den Probebetrieb. Damit war es möglich, bis in eine Tiefe von 60 Metern zu kommen, um Braunkohle zu fördern. Eimerkettenbagger legen die Kohle frei und laden das Erdreich auf Bänder der Brücke, erklärt Schrader. Diese transportiere den Abraum über den offenen Tagebau hinweg und verkippe ihn an vier Ebenen. Indessen werde die freigelegte Kohle unter der Brücke abgebaut und mit einer anderen Bandanlage wegtransportiert. Die Brücke ist fahrbar, so dass sie sich langsam durch den Tagebau arbeitet. Es wurden nach der ersten F 60 auch für andere Gruben solche Abraumförderbrücken gebaut.

In Nochten, Reichwalde und Jänschwalde sind sie laut Vattenfall noch in Betrieb. Eine fünfte Brücke ist heute eine touristische Attraktion. Unter dem Namen Besucherbergwerk kann sie in Lichterfeld betreten werden. Es gibt auch Konzerte vor der Stahlkulisse, sogar geheiratet wird dort.

Die F 60 war eine Weiterentwicklung der beiden Einheitsförderbrücken F 34 und F 45. Und Ingenieur Schrader ist überzeugt: „Eine größere Brücke als die F 60 kann nicht gebaut werden.“ (mz)