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Bestattungen Bestattungen: Letzte Ruhe zwischen Bäumen

Von Susann Huster 11.11.2008, 15:20
Ein Musterschild hängt im Biosphärenreservat in der Nähe von Dessau-Rosslau im ersten Friedwald von Sachsen-Anhalt an einer Eiche. (FOTO: DDP)
Ein Musterschild hängt im Biosphärenreservat in der Nähe von Dessau-Rosslau im ersten Friedwald von Sachsen-Anhalt an einer Eiche. (FOTO: DDP) ddp

Oranienbaum/Griesheim/ddp. - Als sie vor kurzem einenFernsehbericht über die Eröffnung des ersten FriedWaldes inSachsen-Anhalt sahen, war es für sie schon so gut wie beschlosseneSache: Die Beiden wollen später ihre letzte Ruhe im GartenreichDessau-Wörlitz finden. In der UNESCO-Welterbestätte bietet dasUnternehmen FriedWald aus dem hessischen Griesheim seit einigenWochen diese besondere Art der Urnenbestattung an einem Baum im Waldan, den man sich schon zu Lebzeiten aussuchen kann. Im Gegensatz zumBau der Waldschlösschenbrücke im UNESCO-Welterbegebiet DresdnerElbtal habe es hier keine Proteste gegeben, sagt die Sprecherin derFriedWald GmbH, Andrea Amerland.

Im Gegenteil, der neue Trend zur Bestattung im FriedWald seiäußerst beliebt. «Das Interesse ist groß. Unsere Waldführungen sindfast immer ausgebucht», berichtet Amerland. Meist seien es ältereMenschen und deren Angehörige, die sich bei den Forstfachleuten indem Biosphärenreservat über die Bestattung informieren. Christa undErhard Tyziak sind auf eigene Faust losgezogen und haben mitten imFriedWald zufällig Harald Ruff getroffen. Er ist Leiter derStiftungsforsten der Kulturstiftung Dessau Wörlitz, die Eigentümerindes 118 Hektar großen FriedWaldes ist. Wald-Experte Ruff und zweiseiner Kollegen sind für die Führungen zuständig und begleiten dieTrauergemeinde auch bei den Urnenbeisetzungen.

«Bestattungen in der Natur sind etwas ganz Tolles», schwärmt Ruff.Voraussetzung für eine Bestattung in einem FriedWald, von denen esbundesweit inzwischen 26 gibt, sei allerdings eine gewisseNaturverbundenheit. «Niemand muss sich um die Grabpflege kümmern. DieVerwandten haben keinen Druck», beschreibt der 55-Jährige dieVorteile einer solchen Ruhestätte. Blumen und Kränze seien aber nichterwünscht. Die Stelle, wo die Urne aus biologisch abbaubarem Materialin der Erde versenkt wird, ist später für die Nachkommen nicht mehrgenau zu orten. Nur ein kleines, unauffälliges Namensschild am Baumerinnert an den Verstorbenen.

Die Tyziaks wollten eigentlich später einmal auf der grünen Wieseihre letzte Ruhe finden, um ihren Kindern die Grabpflege zu ersparen.Nun haben sie eine Alternative gefunden. «Das ist hier eine ganzandere Atmosphäre als auf dem Friedhof», sagt die 67-Jährige. Ihr einJahr älterer Mann ist zwar ebenfalls angetan von der Waldbestattung,will sich das Ganze aber doch noch einmal durch den Kopf gehenlassen.

Seit September habe es 20 Beisetzungen in diesem Mischwaldzwischen Dessau und Oranienbaum gegeben, sagt Amerland. 102Beisetzungsplätze seien bereits durch einen sogenanntenVorsorgevertrag mit dem Unternehmen reserviert worden. Dabei kanngewählt werden, ob die Urne unter einem Familien- undFreundschaftsbaum oder unter einem Gemeinschaftsbaum mit Unbekanntenvergraben werden soll. Erstere sind Ruff zufolge mit blauen Bändern,die anderen mit gelben Bändern gekennzeichnet. Wer es gerne etwasgrößer hat, kann sich auch einen der Prachtbäume aussuchen, die anden orangefarbenen Bändern erkennbar sind.

Auch dieser letzte Weg zurück zur Natur hat seinen Preis: DieKosten richten sich nach Alter und Größe des Baumes, beginnend bei3350 bis zu knapp 7000 Euro. Diese Summe teilt sich allerdings durchzehn, denn bis zu zehn Liegeplätze stehen unter einem Baum zurVerfügung. Wer sich nicht für einen Familienbaum entscheidet, zahlt770 Euro für einen Platz. Hinzu kommt dann jeweils noch dieBestattungsgebühr von 229 Euro. Dafür beraten Ruff und seine Kollegendie Angehörigen, heben die Urnenöffnung aus und richten denBestattungsplatz her.

Ansonsten sind die Trauernden relativ frei in der Gestaltung derAbschiedszeremonie für den Verstorbenen. Sie können einen Rednerengagieren, der an dem Holztisch auf dem Openair-Andachtsplatz mittenim Wald zu den Angehörigen spricht. Abgesehen von dem großenHolzkreuz, den Holzbänken, den farbigen Bändern um die Bäume und denkleinen Namensschildern gibt es in dem FriedWald nichts, was an eineletzte Ruhestätte erinnert.

Auch für Forstfachmann Harald Ruff steht fest: Er will sichirgendwann einen stattlichen Familienbaum im FriedWald aussuchen undgemeinsam mit seinen Lieben dort bestattet werden, wo er sein Lebenlang am liebsten war - in der freien Natur.

Ein Holzkreuz steht im Biosphärenreservat in der Nähe von Dessau-Rosslau im ersten Friedwald von Sachsen-Anhalt neben Eichen. (FOTO: DDP)
Ein Holzkreuz steht im Biosphärenreservat in der Nähe von Dessau-Rosslau im ersten Friedwald von Sachsen-Anhalt neben Eichen. (FOTO: DDP)
ddp