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Bad Suderode Bad Suderode: Sole ist der Schatz des Ortes

Von Marlene Köhler 05.06.2009, 14:29

Halle - Ohne Pause fließt aus dem Calcium-Brunnen das heilende Nass, schert sich nicht drum, ob gerade ein Gast aus ihm trinken will. Die Häuser ringsum strahlen mit der Sonne um die Wette, ganz so, als wollten sie Marie Scheele bestätigen.

Schon 1840 schrieb die damals viel gelesene Schriftstellerin "trunken von allen Schönheiten" an eine Freundin, so habe sie den Harz noch nie genossen. Für die Bäderarchitektur von Bad Suderode gibt es inzwischen einen eigenen Begriff: Pensionshausstil.

Im 19. Jahrhundert, als das Reisen in Mode kam und sich in dem kleinen Ort im Unterharz das Kurwesen entwickelte, brauchte es Beherbergungsstätten. Und weil es damals bei den Schönen und Reichen als unschicklich galt, gebräunte Haut zu haben, wurden Häuser mit filigran geschnitzten Veranden, Loggien und Balkonen gebaut. Die ermöglichten den Aufenthalt im Freien und trotzdem den Erhalt vornehmer Blässe.

Nach der Wende 1989 wurden die meisten Wohnhäuser, Pensionen und Hotels, auch mit Hilfe von Landesmitteln, aufwändig restauriert, und Neubauten wurden im gleichen Stil errichtet. Im sanierten Badehaus von 1898 hat die Kurverwaltung ihren Sitz. Ihr Leiter, Kay Duberow, breitet Material über Geschichte und Gegenwart des Kurorts vor sich aus.

Hineinschauen muss er nicht, er weiß auch so alles über Bad Suderode, das sich seit dem Jahr 2000 "Heilbad" nennen darf. Das höchste Prädikat, das man erhalten kann und das im Ostharz nur noch Blankenburg zuerkannt wurde. Voraussetzung sei ein anerkanntes natürliches Heilmittel (hier eine der stärksten Calcium-Solequellen Europas), eine kurörtliche Infrastruktur mit Kurmittelhaus und Park, ein öffentliches Bad, Saunen, Fitnesseinrichtungen, Beherbergungsbetriebe mit speziellen Ernährungsangeboten und anderes mehr. Auch die Ruhezeiten seien in einem Heilbad strenger geregelt als anderswo, erklärt Kay Duberow.

Als 1826 der erste Kurgast registriert wurde, trug der Ort den Zusatz "Bad" noch nicht im Namen. Doch Landrat Schmaling wusste schon vom "guten Wasser" aus der Solequelle. Nach deren Untersuchung 1820 empfahl "Medicinalrath" Ziegler, das Wasser zu Badezwecken zu nutzen, da es nur ein Drittel "Küchensalz", dagegen aber zwei Drittel Kalk enthalte. Bald gab es Anstalten, die das in Fässer gefüllte und auf Karren transportierte Suderöder Wasser zum Baden anboten.

In den 20er Jahren fuhr man hierher in die Sommerfrische, nach dem zweiten Weltkrieg regelten weitgehend Gewerkschaftsbund und staatliche Sozialversicherung (SVK) den Fremdenverkehr. Von 1959 bis 62 wurde am Waldesrand das Silikose-Sanatorium gebaut, die einzige Lungenfachheilanstalt der DDR. Ihr guter Ruf hatte sich weit verbreitet, sie ging auch als erste Klinik nach der Wende von der SVK an die Kommune über und konnte an die Paracelsus-Kliniken-Gruppe verkauft werden. Heute zählt der 2 000-Einwohner-Ort, von dessen Kurbetrieb 770 Personen in und um Bad Suderode ihren Lebensunterhalt bestreiten, rund 160 000 Übernachtungen im Jahr. Ein guter Teil geht auf das Konto der Paracelsus-Harz-Klinik mit ihren 260 Betten, die Rehabilitationsmaßnahmen bei Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, Diabetes und Krebsnachsorge anbietet. Der andere Teil kommt durch ambulante Kuren, Wellness- und Aktivurlauber zustande, die im 1996 neu eröffneten Kurzentrum ihren Mittelpunkt finden.

Seit 1997 haben sich dadurch die Übernachtungszahlen in Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen mehr als vervierfacht, sagt der Chef der Kurverwaltung, der just im gleichen Jahr seine Stelle als Marketingreferent angetreten hatte. Sein Studium der Tourismuswirtschaft an der Hochschule Harz in Wernigerode hatte der damals 26-Jährige gerade beendet, da kam der Anruf aus Bad Suderode. Duberow sagte zu, weil "das neue Gebäude zwar stand, aber es musste mit Leben erfüllt werden, man konnte etwas bewegen".

Sichtlich stolz ist er auf die vielen Gesundheits- und Wohlfühlangebote in dem modernen Kurmittelhaus mit öffentlichem, 32 Grad Celsius warmem Calcium-Solebad, mit Saunalandschaft, Massage- und Inhalationsräumen, Klangwannen, Kneipp-Becken und vielem mehr. Vorbeugen bzw. lindern kann man hier Erkrankungen des Bewegungsapparates, insbesondere Osteoporose, sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Atemwegsbeschwerden.

Im Kurzentrum gibt es Bibliothek, Brunnenhalle, Kursaal, Café und Restaurant und im milden Reizklima der Umgebung lassen sich zum Beispiel Terrain-Kurwege in 15 verschiedenen Schwierigkeitsgraden erwandern. Ein Badearzt steht zur Verfügung und bis zu 65 Mitarbeiter sorgen sich um das Wohl der Kurgäste. "Ohne das Engagement der Belegschaft wäre der Aufschwung nicht möglich gewesen", sagt Kurdirektor Duberow, der im Januar 2008 Betriebsleiter wurde. Die Gäste kommen heute sowohl aus Sachsen-Anhalt als auch aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Niedersachsen.

Am Nachmittag lockt die Sonne die Menschen auf die Café-Terrasse vor dem Kurhaus. Heilbad-verträgliche Stimmen freuen sich über den schönen Tag, Lachen weht über den Platz, in dessen Mitte Bad Suderodes Wahrzeichen sprudelt.