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Auktion in Naumburg Auktion in Naumburg: "Casanova"-Bordell findet keinen Käufer

Von jörg reiber 04.03.2014, 12:31
Das Etablissement in der Wenzelsgasse: tagsüber der Arbeitsplatz für acht Prostuierte, abends Nachtclub.
Das Etablissement in der Wenzelsgasse: tagsüber der Arbeitsplatz für acht Prostuierte, abends Nachtclub. archiv/Torsten biel Lizenz

leipzig/Naumburg - Das Naumburger Bordell „Club Casanova“ ist eines der ältesten Freudenhäuser in Sachsen-Anhalt. Am Sonnabend war das Gebäude bei einer Immobilienauktion in Leipzig für ein Startgebot von 120.000 Euro angeboten worden. Obwohl die Eckdaten recht passabel klangen, schließlich wurden Mieteinnahmen von mehr als 40.000 Euro pro Jahr angegeben, fand sich jedoch kein Interessent für die Immobilie in der Wenzelsgasse.

Hoffnung ist nur Luftnummer

Die im Vorfeld von Besitzer Martin Heinz formulierte Hoffnung, über 200.000 Euro einstreichen zu können, erwies sich als Luftnummer. Ein bei der Auktion anwesender Investor aus Südthüringen bot zwar für einige Objekte in der Region, hielt sich aber bei dem Angebot aus Naumburg zurück. Auf die Nachfrage, warum er dieses Objekt ausklammerte, sagte er nur: „Ich bin doch nicht verrückt.“ Er verwies darauf, dass Fallstricke in den zusätzlichen Unterlagen zur Auktion lauern würden, die eine Mitarbeiterin des Auktionshauses vor Beginn des Angebotes laut verlas. So sind auf den ersten Blick zwar die Mieteinnahmen bis zum 31. März 2023 garantiert, allerdings ist die Kaution beim derzeitigen Besitzer und Vermieter bisher nicht gezahlt worden. Um das Eintreiben dieser Sicherheitsleistung solle sich dann der Ersteher kümmern, hieß es vom Auktionshaus. Auch die Stadt Naumburg hat etwas gegen den Betrieb als Bordell und will ihn untersagen.

Missliebiges Stundenhotel

Der jetzige Mieter soll bei der Stadtverwaltung mündlich eine Nutzungserweiterung als Stundenhotel angefragt haben. Dort wurde man hellhörig und stellte fest, dass in dem Gebäude neben dem Barbetrieb auch ganzjährig Zimmer für käuflichen Sex angeboten wurden. Damit soll es sich nach Ansicht der Bauverwaltung bereits um ein Stundenhotel handeln. Das könne nicht zum Beherbergungsgewerbe gezählt werden und soll nach Paragraf 79 der Landesbauordnung untersagt werden. „Nach der neuesten vorliegenden Rechtsprechung ist eine derartige gewerbliche Nutzung nicht vereinbar mit der Nutzungsspezifik eines allgemeinen Wohngebietes“, heißt es in einem Schriftstück aus dem Naumburger Rathaus, das erst wenige Tage vor der Auktion herausging. Außerdem würde eine solche Nutzung, wie die ausgeübte, den Sanierungszielen der Stadt widersprechen, steht in dem Schreiben der Stadt. Auch eine Beschwerde eines Anwohners über eine nächtliche Ruhestörung liegt der Behörde bereits vor. Das alles ist in den Augen der Stadt Grund genug, den derzeitigen Betrieb, bis auf den Barbetrieb, zu verbieten. Dem derzeitigen Besitzer ging bereits Mitte Februar ein Anhörungsersuchen zu einer möglichen Untersagung des Bordellbetriebes zu. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endet am 15. März. Der Besitzer schrieb dem Auktionshaus, dass die Zukunft des Betriebes ungewiss, der Barbetrieb von einer Gewerbeuntersagung aber nicht betroffen sei.

Im Bordell „Grüne Oase“ am Peißener Ortsrand müssen sieben Holzbungalows beseitigt werden. Bei den Häuschen, in denen bis zu sieben Prostituierte ihre Liebesdienste offerieren, handelt es sich nach Auffassung der Behörden um Schwarzbauten. Der Anwalt des Bordell-Betreibers sieht die Häuschen jedoch keineswegs als illegal an, weil sie gar nicht im Boden verankert seien.

Greppin als Rotlichtviertel, diese Angst müssen Einwohner nun offenbar zunächst nicht mehr haben. Denn das Bordell,  das Anfang dieses Jahres für Ärger sorgte, soll auf Eis liegen. Das erklärte die Landkreisverwaltung Anhalt-Bitterfeld auf Nachfrage.  „Wir haben eine Erklärung des Eigentümers, dass das Gewerbe ruht und damit in dem Gebäude keine gewerbsmäßigen Tätigkeiten stattfinden“, sagt Kreis-Sprecher Udo Pawelczyk.

Wenn es dunkel wird in Greppin, geht am „Nightclub“ in der Rudolf-Breitscheid-Straße 13 eine rote Lichterkette an. Viele Anwohner  im Ort sprechen darüber, dass sich dort ein Bordell befinden soll.  Auch die Stadtverwaltung Bitterfeld-Wolfen ist informiert. Am Haus gibt es eine Kamera, ein Leuchtschild zeigt Telefonnummer und Öffnungszeiten.

Vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Dessau beginnt ein Prozess gegen einen 41-jährigen Mann aus Dessau-Roßlau und dessen 35-jährige Ehefrau wegen Ausbeutung von Prostituierten, Zuhälterei sowie Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Die beiden Angeklagten sollen 2008 in Dessau-Roßlau ein Bordell betrieben und dabei die Prostituierten, überwiegend aus Tschechien,  in wirtschaftlicher Abhängigkeit gehalten haben.

Die Stadt hat wie im Juni angekündigt Anzeige wegen der Verbreitung pornografischer Schriften erstattet; die Polizei ermittelt wegen desselben Straftatbestands.  Nun kommt eine weitere Anzeige dazu, von der Frau, die für das Haus eine Gewerbeanmeldung als Sauna, Massagesalon und Schankwirtschaft eingereicht hatte. Sie bestritt, in dem Haus in der Merseburger Straße 425 Bordell einrichten zu wollen. Und sie wisse nicht, wer die Flugblätter in Umlauf gebracht hat, in denen dafür geworben wurde.

Am Landgericht Halle wird nach eineinhalb Jahren Unterbrechung der Prozess gegen mehrere Männer fortgesetzt, die in der früheren Gaststätte „Kastanienhof“ in der Beesener Straße in Halle ein Bordell betrieben hatten.  Teil des Verfahrens sind Vorwürfe gegen einen Betreiber der früheren Nachtbar „Day & Night“ in Reideburg.  Ihm und einem Hallenser wird das Einschleusen von Ausländern in je 13 Fällen vorgeworfen.

Per Handzettel an Autos in der Umgebung wirbt ein Bordell im früheren Kino Tonbühne („Tobü“) in der Merseburger Straße in Halle-Ammendorf  um Freier. Die Stadt erklärt auf Nachfrage, bisher sei nur ein Gewerbe mit Sauna, Massagesalon und Schankwirtschaft angemeldet.  Wegen „Verbreitung pornografischer Schriften“ will die Stadt Strafanzeige erstatten.

Zwei von Prostituierten genutzte Wohnwagen am Ortseingang von Bebitz an der früheren B 71 brennen kurz vor Mitternacht bis auf die Radachsen nieder. Menschen werden nicht verletzt, die Kriminalpolizei vermutet einen Racheakt im Rotlichtmilieu.

Noch zwei Monate im Nachverkauf

Der Thüringer Investor erklärt dazu, dass im Falle einer Gewerbeuntersagung der Mieter Schadenersatzansprüche an den Besitzer stellen könne. Denn eine Kündigung des Mietvertrages sei wegen der festen Laufzeit fast unmöglich. Seiner Ansicht nach muss der bestehende Vertrag noch die nächsten neun Jahre erfüllt werden. „Das dürfte für den Besitzer im Falle einer Gewerbeuntersagung schwierig bis unmöglich werden“, meinte er. Die Immobilie verbleibt noch zwei Monate im sogenannten Nachverkauf. „Dort können die Objekte dann zum Startgebot gekauft werden“, erklärt Thomas Deckert, der Büroleiter der Leipziger Niederlassung des Auktionshauses. Der hatte eigentlich damit gerechnet, dass jemand für die Immobilie in der Wenzelsgasse bietet.

Diverse Immobilien aus Mitteldeutschland kamen am Sonnabend in Leipzig unter den Hammer. Für das Freudenhaus „Casanova“ in der Naumburger Wenzelsgasse fand sich hingegen kein Käufer.
Diverse Immobilien aus Mitteldeutschland kamen am Sonnabend in Leipzig unter den Hammer. Für das Freudenhaus „Casanova“ in der Naumburger Wenzelsgasse fand sich hingegen kein Käufer.
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