Ärztin aus Halle erhält Bundesverdienstkreuz Ärztin aus Halle erhält Bundesverdienstkreuz: Ein Herz für die jungen Ärzte

Halle (Saale) - In der Praxis von Dr. Anna-Elisabeth Hintzsche sind zwei Arzthelferinnen ausgefallen. Jetzt muss Thomas Schneidereit ran. Stärker als ursprünglich geplant. Er studiert an der halleschen Universität im siebten Semester Medizin und absolviert bei der Ärztin gerade ein Praktikum. Geduldig und ausführlich erklärt sie ihm, was er - im Rahmen seiner Möglichkeiten - nun tun kann.
Start war 1995
Die Ausbildung angehender Allgemeinmediziner ist eine Aufgabe, der sich Anna-Elisabeth Hintzsche auch ohne „Notfall“ mit Leib und Seele widmet. Und zwar seit vielen Jahren und in vielerlei Hinsicht. Für dieses Engagement hat ihr Bundespräsident Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz verliehen. Morgen wird ihr Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff „die Ordensinsignien und die Verleihungsurkunde“ überreichen, wie es in der Einladung zur Feierstunde heißt.
Begonnen hat alles 1995. Damals wurden die Universitäten verpflichtet, ein Lehrfach Allgemeinmedizin im Studienprogramm zu installieren. Die Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität gründete die Sektion Allgemeinmedizin. Und sie suchte engagierte Ärzte, die ihre Praxen zu Ausbildungszwecken für die angehenden Mediziner öffneten. Anna-Elisabeth Hintzsche war sofort dabei. Doch nicht nur das. Sie gewann und begeisterte auch Kollegen für diese Aufgabe. Das sei, wie sie sagt, nicht immer leicht gewesen. „Dabei ist die Arbeit mit den Studenten frucht- und gewinnbringend für beide Seiten“, betont die heute 59-Jährige. Die „fertigen“ Ärzte schmorten nicht im eigenen Saft und den angehenden werde gezeigt, wie vielfältig es in der Praxis zugehe, wie nahe sie den Patienten kommen - und das über eine sehr lange Zeit. Inzwischen gibt es in Halle und im Saalekreis 80 Lehrbeauftragte für Allgemeinmedizin, deren Sprecherin Anna-Elisabeth Hintzsche ist.
Die Ärzte öffneten den Studenten jedoch nicht nur ihre Praxen für diverse Praktika. Sie hielten auch selbst Seminare. Und sie trafen sich regelmäßig, tauschten Erfahrungen aus, um ihre Arbeit ständig zu verbessern. „Alles in Eigeninitiative“, wie Anna-Elisabeth Hintzsche betont. In der offiziellen Begründung liest sich das so: „Sie leisten im Hintergrund aller öffentlichen Bemühungen einen hohen Beitrag für die zukünftige Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt.“
Anna-Elisabeth Hintzsche steht dabei zwar immer an der Spitze der Bewegung, spielt sich aber ungern in den Vordergrund. Dass die Allgemeinmedizin an der Universität heute einen so hohen Stellenwert hat und anderen medizinischen Fachrichtungen gleichgestellt ist, darüber freut sie sich. Aber das sei das Werk vieler Engagierter gewesen, betont sie.
Die zweite Baustelle, an der die Medizinerin seit fast zehn Jahren aktiv mitarbeitet, ist die Facharztausbildung der Allgemeinmediziner. Diese ständig zu optimieren, sie stärker den praktischen Erfordernissen anzupassen, ist ihr ein großes Anliegen. Auch hier betont sie, dass es um die Zusammenarbeit von Ärztekammer, Kassenärztlicher Vereinigung, Klinikvertretern, den Ärzten, die sich gerade in dieser Phase der Ausbildung befinden, und vielen anderen gehe. Doch, wen wundert es, von dem Gremium, das sich damit beschäftigt - der offizielle Name ist „Verbundweiterbildung Allgemeinmedizin Halle-Saalekreis“, ist sie die Sprecherin.
25 Jahre eigene Praxis
Anna-Elisabeth Hintzsche betont, dass sie Freude daran hat, ihre Erfahrungen an junge Menschen wie Thomas Schneidereit weiterzugeben. Am 1. Februar ist es übrigens genau 25 Jahre her, dass sie ihre Praxis am Reileck in Halle eröffnete. Im Quartal behandelt die Ärztin heute fast 1 000 Patienten. Sie und alle anderen in Sachsen-Anhalt auch in Zukunft medizinisch gut versorgt zu wissen, das liegt ihr am Herzen. Und deshalb kümmert sie sich so engagiert um den Nachwuchs. Sie spüre, so sagt sie, dass das Interesse an der Allgemeinmedizin zunehme und ermuntert ihre jungen Kollegen: „Habt keine Angst vor der Niederlassung.“ (mz)