Ärzteteam Ärzteteam: Lazarettschiff auf Hilfskurs
Halle/MZ. - Wenn doch alles nur so einfach wäre wie helfen. Während der im Hörsaal 10 des Kröllwitzer Klinikums aufgebaute Computer auf Zeit spielt, übt sich Dr. Hendrik Liedtke in Geduld. Der Anästhesist weiß, dass er nichts tun kann, um den Beginn der Pressekonferenz zu beschleunigen. Es sei denn, man verzichte darauf, den Journalisten die in den vergangen 16 Tagen auf den Malediven geschossenen Fotos zu zeigen. Doch das will der 41-Jährige ebenso wenig wie seine sechs halleschen Kollegen, die kurz nach dem verheerenden Tsunami zur Nothilfe auf die Inselkette im Indischen Ozean geeilt waren.
Krise im Paradies
Und wirklich: Die Bilder, die den Erlebnisbericht der Mediziner schließlich doch noch begleiten, sprechen eine drastische Sprache. Eine, die schlagartig vergessen lässt, dass dort vorn unter der Leinwand sieben braun gebrannte Männer sitzen, deren Haut nach Urlaub aussieht und nicht nach Katastrophe. Liedtke scheint zu ahnen, mit welchen Gedanken sich die Besucher die Zeit bis zur Bereitschaft des Computers vertreiben. "Rund ums Jahr 30 Grad, seit Menschengedenken galt auf den Malediven die Regenzeit als einziges Ungemach", so der 41-Jährige.
Galt. Bis zum Vormittag des 26. Dezember 2004. Als die Flutwelle über die 1 000 Kilometer lange Inselkette rollte, war vor Ort zunächst niemand in der Lage, angemessen auf die Katastrophe zu reagieren. Zumal auf vielen der etwa 10 000 Eilande neben Häusern und Straßen auch gleich noch die bescheidene medizinische Infrastruktur fortgespült worden war.
Umso größer war laut Rüdiger Neef - Unfallchirurg im Liedtke-Team - die Dankbarkeit und Erleichterung der Einheimischen, wenn das Lazarettschiff der Hallenser vor den entlegenen Inseln im Süden der Malediven auftauchte. Auf der eilends umfunktionierten "MS Island Explorer" seien in den 16 Tagen des Hilfseinsatzes fast 1 800 Patienten medizinisch versorgt worden.
Lage wieder stabil
Wie groß die Not gerade fernab der Touristenzentren war, spürte auch René Kriesel am eigenen Leib. Vor einer der 20 Inseln, an deren Küsten die "Island Explorer" insgesamt ankerte, musste der Pfleger sogar die Kajütentür zum Sprechzimmer zuhalten. "Der Andrang war so groß, dass jeder Tag gut und gern doppelt so lang hätte sein können", so der Hallenser.
Dennoch konnten die Mediziner von der Universitätsklinik ihren Rückflug am Wochenende im Bewusstsein antreten, dass ihr Einsatz mehr war als ein Tropfen im Ozean. "Die Lage hat sich nicht zuletzt der internationalen Hilfe wegen vielerorts stabilisiert", meint Liedtke zum Abschluss.
Trotzdem: Das Kapitel Malediven ist für den Arzt auch für dieses Jahr noch nicht erledigt. In ein paar Wochen will er - wie schon länger geplant - zum Urlaub in den Indischen Ozean fliegen. Was er dort machen wird? "Na weiter helfen."