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Ärger in Bitterfeld Ärger in Bitterfeld: Baudenkmal steht vor dem Untergang

Von Alexander Schierholz 23.06.2004, 17:01

Bitterfeld/MZ. - Die unter Denkmalschutz stehende Bauermeister-Villa ist ein Kleinod in Bitterfeld. Im Jahr 1900 hat ein Fabrikant das Gebäude errichten lassen. Es steht in einem ebenso idyllischen wie verwilderten Park - und mittlerweile 1,50 bis zwei Meter im Wasser. Nach dem Auszug der letzten Mieter hatte die Eigentümerin, die TLG Immobilien GmbH, kurz vor Weihnachten vorigen Jahres eine Pumpe abgestellt - aus Kostengründen. Seitdem säuft die Villa buchstäblich ab. Jetzt ist sie so marode, dass wohl nur noch die Abrissbirne hilft. Die Behörden haben zugestimmt. Ein bislang einmaliger Fall.

Auch ein 37 Millionen Euro teures Grundwassersanierungsprogramm, das Bund und Land nach der Flutkatastrophe 2002 für Bitterfeld auflegten, kann der Bauermeister-Villa nicht mehr helfen. Mit dem Geld wurden mehr als 70 Brunnen gebohrt und Pumpen installiert. Bäche und Gräben werden abgedichtet, damit sie kein Wasser verlieren. "Das Sanierungsprogramm ist auf Dauer angelegt", sagt Martin Keil, Chef der Landesanstalt für Altlastenfreistellung.

Mit Hilfe der Brunnen ist es mittlerweile gelungen, den Grundwasserspiegel in der 16 000 Einwohner zählenden Kreisstadt wieder auf den Stand vor der Flut im August vor zwei Jahren zu senken. Damit das aber so bleibt, muss weiter gepumpt werden. 20 der Brunnen bleiben in Betrieb, die anderen am Netz, so dass sie bei Bedarf zugeschaltet werden können.

Doch wo es keine Brunnen gibt, steigt das Wasser. Zum Beispiel in der Kraftwerkssiedlung, direkt neben der zum Abriss freigegebenen Bauermeister-Villa. Seit dort die Pumpe abgestellt wurde, sorgen sich die Anwohner um ihre Häuser. "Wir wissen nicht, was mit unseren Kellern passiert", sagt Reinhard Leuschner, Vize-Vorsitzender der Siedlergemeinschaft.

Die Siedler fordern, die Pumpe wieder in Betrieb zu nehmen. Außerdem solle die TLG Immobilien für Schäden an den Häusern haften. Beides lehnt das Unternehmen ab. Der Grundwasseranstieg, argumentiert eine Sprecherin, sei schließlich nicht der einen ausgeschalteten Pumpe geschuldet, sondern dem Ende des Jahrzehnte langen Bergbaus. Und im übrigen bestehe außerhalb des Villen-Grundstücks kein Risiko. Leuschner bezweifelt das. Und hält auch nichts von der Idee, die Senke, in der das Haus steht, nach dessen Abriss einfach zuzuschütten. "Dann ist das Wasser nicht mehr zu sehen. Aber deswegen ist es doch nicht weg."

Auch in der Kraftwerkssiedlung könnten Brunnen helfen. Doch aus dem 37-Millionen-Euro-Programm, soviel steht fest, wird kein Geld dafür kommen. Denn das ist nur für jene Stadtteile gedacht, in denen durch Modellrechnungen nachgewiesen wurde, dass der Grundwasser-Anstieg tatsächlich eine Folge der Flut war. Auch andere Hausbesitzer sind deswegen schon leer ausgegangen, mussten ihre Keller auf eigene Kosten trocken legen. Und die Bitterfelder Feuerwehr sah sich sogar gezwungen, einen Teil ihrer Räume aufzugeben.

Von staatlichen Hilfen können Geschädigte in anderen Gemeinden indes nur träumen. Zum Beispiel die Gärtner der Sparte "Kühler Grund" im benachbarten Sandersdorf. Seit der Einstellung eines Tagebaus ist der Grundwasser-Pegel stetig angestiegen, fast die Hälfte der 81 Gärten ist überflutet. Die Gartenfreunde sind auf sich allein gestellt, müssen Wege und Böden in mühsamer Handarbeit aufschütten, um dem Wasser zu entfliehen. "Aber unser Sommerfest am 17. Juli, das werden wir trotzdem feiern", sagt Vereinsvorsitzender Ehrenfried Keil fast trotzig.