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Archäologie Archäologie: Verstößt Schatzregal gegen Grundgesetz?

Von Steffen Könau 22.07.2005, 17:28

Magdeburg/Halle/MZ. - Das im Landesdenkmalgesetz Sachsen-Anhalts verankerte Schatzregal ist verfassungsrechtlich bedenklich. Diese Ansicht vertritt der renommierte Magdeburger Rechtskommentator Andreas Reich. Das so genannte Schatzregal sichert dem Land im Fall von archäologischen Funden automatisch das Eigentum.

Diese Regelung aber steht für Reich im Gegensatz zum Grundgesetz. Der Jurist, der als Leitender Ministerialrat im Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Magdeburger Landtags arbeitet, hat den Vorsitzenden Richter im Berufungsverfahren um die Himmelsscheibe von Nebra deshalb jetzt in einem persönlichen Schreiben "als Wissenschaftler, nicht als Ministerialrat" auf seine Bedenken hingewiesen. In dem Verfahren vor dem Landgericht Halle stützt sich die Anklage auf das Schatzregal.

Reichs Ansicht nach ist diese Regelung "unter Überschreitung der Gesetzgebungskompetenzen des Landes zustande gekommen". Deshalb empfehle er, den Scheiben-Prozess auszusetzen. Vor einer Fortsetzung sollte das Schatzregal durch das Bundesverfassungsgericht (BVG) geprüft werden.

Ein Hinweis, dem Richter Thomas Gester nicht folgen will. Das BVG habe das Schatzregal bereits 1988 als verfassungsmäßig erkannt. Nach Ansicht von Andreas Reich indes hat das Gericht damals nicht die Sondersituation Sachsen-Anhalts beleuchtet, die der Jurist schon vor der Verabschiedung des Gesetzes im Landtag im Jahr 1991 thematisiert hatte.

"Ursprünglich", beschreibt Reich, "konnten die Länder, die ein Schatzregal hatten, es nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Jahr 1900 beibehalten, obwohl beide Regelungen sich widersprechen." So bestimme das BGB, dass gefundene Schätze zur Hälfte dem Finder und zur anderen dem Grundstückseigener gehören. Nach dem Schatzregal hingegen sind Fundstücke von archäologischem Wert Landeseigentum.

Nach Auffassung von Reich hat es die DDR-Zeit, in der kein Schatzregal existierte, dem Land Sachsen-Anhalt unmöglich gemacht, später erneut eines einzuführen. "Mit dem Paragraphen 984 BGB hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz in dieser Frage Gebrauch gemacht", schreibt Reich im Kommentar zum Landes-Denkmalschutzgesetz. "Eine Öffnung zugunsten des Landesrechts ist nicht vorgesehen." Das Landesparlament habe somit keine Berechtigung gehabt, eine Regelung zu treffen. "Da das dennoch geschehen ist, muss das BVG entscheiden."