Angst am Schacht nach Explosion Angst am Schacht nach Explosion: Aufatmen nach Unfall in der Grube Teutschenthal
Halle (Saale) - Die erlösende Nachricht kommt um 11.20 Uhr über den Twitterkanal der Polizei. „Alle Personen konnten geborgen werden.“ Das Grubenunglück, das sich am Freitagmorgen 700 Meter unter dem Saalekreis-Dorf Teutschenthal ereignet hat, es ist glimpflich ausgegangen.
Die 34 Bergleute, die nach einer Explosion unter Tage zunächst zwei Stunden in Schutzräumen ausharren mussten, kommen unbeschadet aus dem Bergwerk. Zuvor konnten bereits zwei Leichtverletzte geborgen werden.
Menschen nehmen sich in den Arm, die Freude über den glücklichen Ausgang ist fast zu greifen. Wie es sich anfühlte, fast zwei Stunden unter Tage eingeschlossen zu sein, will aber keiner der Arbeiter sagen. Man sei froh, dass es allen gut gehe, mehr wolle und dürfe man nicht sagen. Einige Arbeiter laufen zum Parkplatz, fahren davon. Andere tippen auf ihrem Handy herum, geben Angehörigen durch: „Es geht mir gut.“
Unfall in Grube Teutschenthal: 34 Bergleute eingeschlossen
Stunden vor der erlösenden Nachricht herrscht die blanke Angst am Schacht der Grube Teutschenthal, einem ehemaligen Kalibergwerk, in dem seit Jahren Giftmüll eingelagert wird. Es ist gut abgeschirmt, von Zäunen umgeben. So ist es kein Wunder, dass selbst Anwohner von dem Unfall, der sich am Freitagmorgen um kurz vor 9 Uhr in 700 Metern Tiefe ereignet, zunächst nichts mitbekommen.
Erst nach und nach, als ein Großaufgebot von Einsatzkräften anrückt, kommen Neugierige zum Haupteingang, darunter auch Angehörige der eingeschlossenen Bergleute. Eine Frau steht, mit Tränen in den Augen, am Zaun und blickt immer wieder auf ihr Handy. Ihr Mann sei einer der Eingeschlossenen, und noch habe sie ihn nicht erreichen können.
Auch Schwestern, Freundinnen und Eltern der Kumpels bangen, von Kamerateams umringt, um ihre Liebsten. Manche weinen, andere sprechen sich Mut zu. Mehr bleibt ihnen nicht übrig, denn gesicherte Informationen dringen zu diesem Zeitpunkt kaum nach außen. Es wird spekuliert, dass Arbeiter verschüttet sein könnten. Mitarbeiter der Grube wollen nichts sagen und verweisen auf eine Pressekonferenz am Mittag.
Grube Teutschenthal ist für Anwohner seit Jahren großes Ärgernis
Ein Nachbar ist gesprächiger. Dass die Grube sich abschirme, sei nichts Neues. Seit Jahren ist sie für viele Anwohner ein rotes Tuch. Sie klagen über den Gestank und Staub, der von den eingelagerten Materialien kommen soll. Gegen die Belastung kämpft seit Jahren auch eine Bürgerinitiative. „Die holen immer direkt die Polizei, wenn hier größere Menschenansammlungen sind, zum Beispiel wenn die Bürgerinitiative wieder demonstriert“, sagt der Mann. Zwar bemühten sich die Betreiber, die Belastung für die Anwohner zu reduzieren. Glücklich sei aber kaum jemand mit der Grube.
Später geben der Technische Geschäftsführer der Grube, Erik Fillinger, und Polizeisprecher Ralf Karlstedt Details bekannt. Demnach sei bei einer Verpuffung ein Damm gebrochen, an dem zwei Bergleute gerade arbeiten wollten. Beide seien verletzt worden. „Sie sind von der Grubenwehr nach über Tage gerettet worden und waren ansprechbar. Anschließend wurden sie in ein Krankenhaus nach Halle gebracht“, sagt Fillinger. Es handelt sich um einen 24-jährigen Deutschen und einen 44 Jahre alten Polen, der durch herumfliegendes Gestein Verletzungen im Gesicht erlitten hat.
Die anderen Arbeiter hätten sich in einem Pausenraum und einem Schutzraum in Sicherheit gebracht. Davon, dass sie eingeschlossen oder gar verschüttet gewesen seien, könne keine Rede sein, sagt Fillinger. „In den sicheren Bereichen haben die Arbeiter gewartet, bis wir entschieden haben, dass sie wieder ausfahren dürfen. Das war abhängig von den Messungen der Grubenwehr.“
Nach Unfall in Teutschenthal: Polizei prüft Ermittlungen
Für die Polizei und das Landesamt für Geologie und Bergwesen ist der Zwischenfall damit aber nicht abgeschlossen. Polizeisprecher Karlstedt kündigt an, Ermittlungen wegen fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Körperverletzung zu prüfen.
Die Bürgerinitiative sieht sich nach dem Unfall bestätigt. „Ich habe damit gerechnet, dass irgendwann etwas passiert. Es war abzusehen, dass dort unten nicht alles richtig läuft“, sagt die Vorsitzende, Carola Obereigner. Doch die Grube habe alle ihre Bedenken nie ernst genommen.
Das Landesamt wird sich die Stollen nun jedoch genauer ansehen, zumal die Ursache für die Verpuffung bisher nicht feststeht. Nach MZ-Informationen soll sich Wasserstoff entzündet haben. Fillinger räumt noch am Unglückstag ein, dass aus eingelagerten Materialien Wasserstoff austreten könne. (mz)