Poggenburg greift durch André Poggenburg greift durch: AfD-Landesvorstand macht mit Widersachern kurzen Prozess

Magdeburg - Der AfD-Landesvorstand macht mit seinen Widersachern kurzen Prozess. Parteiposten, die Chance auf ein Bundestagsmandat - für einige in der AfD steht das jetzt alles auf der Kippe. Das Signal der Parteiführung unter Landeschef André Poggenburg: Arbeit gegen die Spitze wird nicht geduldet. „Wir haben alles einstimmig beschlossen, das zugrundeliegende Material war eindeutig“, sagt Poggenburg am Mittwoch.
AfD-Landesvorstand hat die Nominierung dreier Bundestagskandidaten angefochten
Das „Material“ ist ein Datenwust aus hunderten Seiten voll Kurznachrichten, die Vorstandsgegner über zwei Monate hinweg austauschten. „Banditen“, „Terror-Regime“, „Sektenführer“, „bolschewistische Methoden“ - mit solchen Begriffen zog die innerparteiliche Opposition über ihr Führungspersonal her.
Trotz der heftigen Grabenkämpfe des Parteivorstandes auf dem Parteitag am Wochenende in Köln hat die AfD einen kleinen Mitgliederzuwachs verzeichnet. Seit dem Wochenende hätten sich 119 Neumitglieder gemeldet, sagte Parteisprecher Christian Lüth. 16 Mitglieder hätten ihren Austritt erklärt. Aktuell hat die Partei von Frauke Petry und Jörg Meuthen den Angaben zufolge 27 756 Mitglieder. Auf dem Parteitag war der gewachsene Einfluss des rechtsnationalen Flügels in der AfD klar zutage getreten.
Das hat nun Konsequenzen: Der Landesvorstand hat die Nominierung dreier Bundestagskandidaten angefochten. Die Aufstellung in den Bundestagswahlkreisen Anhalt, Harz und Börde-Jerichower Land wird wiederholt. Die zuvor Nominierten Kay-Uwe Ziegler, Armin Friese und Wolfgang Rehfeld können erneut antreten, müssen aber mit Gegenwind rechnen. Sämtliche Mitglieder würden informiert, welche Äußerungen den Dreien zur Last gelegt würden, kündigte Poggenburg an. „Es sind eindeutige Aufrufe zum Sturz des Landesvorstands.“
AfD-Politiker müssen mit Entfernung aus Parteiämtern und Ämtersperre rechnen
Die Anfechtung einer Kandidatenaufstellung durch die Parteispitze ist ein zulässiges, von den Parteien aber weitgehend ungenutztes Instrument. „Ich kenne keinen Fall, dass ein Landesvorstand davon Gebrauch gemacht hätte“, sagt die Politikwissenschaftlerin Suzanne Schüttemeyer, die an der Uni Halle zu Parlamentarismus forscht.
Andere AfD-Politiker müssen auch mit der Entfernung aus Parteiämtern und einer Ämtersperre rechnen. Es geht auch um Kreisvorsitzende - Namen will Parteichef Poggenburg nicht nennen. „Diese Leute dürfen keinen Schaden mehr anrichten“, fordert Poggenburg. Die Parteiordnungsmaßnahmen sind beim Landesschiedsgericht beantragt, dieses hat das letzte Wort.
AfD-Chef in Wittenberg wirft Landesvorsitzenden Poggenburg Diktator-Methoden vor
Das Gremium ist derzeit allerdings führungslos. Präsident Bodo Walther ist am Freitag zurückgetreten. Grund ist eine Interessenkollision: Walther hat einen Beratervertrag der AfD-Landtagsfraktion und soll noch einen weiteren erhalten. „Dafür wurde ich kritisiert und das ist auch berechtigt“, räumt Walther ein.
Angesichts der geplanten Amtsenthebungen wirft Dirk Hoffmann, AfD-Chef in Wittenberg, seinem Landesvorsitzenden Diktator-Methoden vor. „Wir wettern in Deutschland über Erdogan, aber Herr Poggenburg macht es in Sachsen-Anhalt ähnlich.“ Statt den Austausch mit Kritikern zu suchen, wolle Poggenburg Konflikte mit Drohungen und Strafen lösen. Auch Hoffmann war Teil der vorstandskritischen Chatgruppe. „Sollten Strafen gegen mich ausgesprochen werden, werde ich dagegen notfalls beim Bundesschiedsgericht vorgehen“, sagte er. „Diskussionen, auch Kritik, gehören zur Meinungsbildung in Parteien.“
Den enttarnten AfD-Rebellen der Groll der Poggenburg-Führung
Zudem setzt sich der Konflikt zwischen AfD-Spitze und Kritikern in der Landtags-Fraktion fort. Dort droht den enttarnten Rebellen der Groll der Poggenburg-Führung. So soll am Dienstag in der Fraktionssitzung in Frage gestellt worden sein, ob Jens Diederichs seinen Posten im Rechtsausschuss behalten könne. Der Justizvollzugsbeamte Diederichs war - wie Daniel Roi – als Mitglied der Rebellen-Chatgruppe aufgeflogen. Roi wiederum ist studierter Landwirt, auch sein Sitz im Landwirtschaftsausschuss soll wackeln. Aus Fraktionskreisen hieß es, endgültige Entscheidungen wurden nicht gefällt. „Doch die Posten sind in Frage gestellt“, so ein Abgeordneter. Diederichs und Roi gelten durchaus als Fachleute in ihren Ausschüssen. Sollte ihre Absetzung erfolgen, wie es Teile des Fraktionsvorstands offenbar wollen, wird in der Fraktion bezweifelt, dass die Posten adäquat besetzt werden können.
Bei den anderen Parteien sorgt der Machtkampf in der AfD für Spott. SPD-Landeschef Burkhard Lischka fühlt sich an das kommunistischen Regime von Nordkorea erinnert. „Und täglich grüßt der große Führer Kim Jong Poggenburg“, schrieb er beim Kurznachrichtendienst Twitter. (mz)