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An der Weißen Elster bei Halle An der Weißen Elster bei Halle: Dieser Mann angelte eine Schildkröte

Von Michael Tempel 02.09.2015, 19:54
Angler Andreas Puschner mit seinem überraschenden Fang von der Elster-Mündung.
Angler Andreas Puschner mit seinem überraschenden Fang von der Elster-Mündung. Michael Tempel Lizenz

Halle (Saale) - Hätte er das Tier nicht im Rucksack dabeigehabt und hätte er keine Beweisfotos mitgebracht, man würde Hobbyangler Andreas Puschner Anglerlatein unterstellen. Es klingt ja auch unglaublich, was der 47-Jährige erlebt hat: Am Montag hat er an der Mündung der Elster in die Saale im Süden Halles eine Schildkröte geangelt. Das Tier hing richtig am Haken! Und erst Ende vergangener Woche sei ihm haargenau das Gleiche schon einmal passiert. Abgesehen davon, dass Puschner es nicht auf Reptilien abgesehen hatte: Es handelt sich um Gelbwangen-Schildkröten, die in der Elster-Saale-Aue gar nichts verloren haben.

„Ich wollte eigentlich gern Aale, Zander oder Welse fangen. Dazu hatte ich meine Haken mit Fischfleisch bestückt“, berichtet Puschner, der in Rothenschirmbach (Mansfeld-Südharz) wohnt. Doch was an den Haken ging, waren keine Edelfische, sondern die Schildkröten. „So schwer, wie die sich aus dem Wasser ziehen ließen, dachte ich zunächst, tatsächlich Welse gefangen zu haben.“ Aber Pustekuchen.

Große Zuchtfarmen in den USA

Der Fachbereichsleiter Naturschutz beim Landes-Umweltamt, Jens Peterson, bestätigt, dass es sich um Gelbwangen-Schmuckschildkröten handelt. „Das ist eine im Tierhandel sehr beliebte Art. Sie stammt ursprünglich aus dem Süden der USA“, so Peterson. Offensichtlich seien die beiden Tiere von ihren Besitzern einfach in der Elsteraue ausgesetzt worden. In Übersee würden Gelbwangen-Schildkröten in großen Farmen gezüchtet und gelangten über den Handel auch nach Deutschland. „Beim Kauf sind die Tiere noch klein. Aber viele bedenken nicht, dass die Schildkröten bis zu 30 Zentimeter groß und sehr alt werden. Außerdem machen sie mit zunehmender Größe Schmutz und sorgen für Geruchsbelästigung.“

Neben den Gelbwangen-Schildkröten könnten Peterson zufolge auch Rotwangen-Schmuckschildkröten und Zierschildkröten an der Saale auftauchen. Beide Arten stammten ebenfalls aus Nordamerika und seien bis zur Verhängung eines Importverbots vor wenigen Jahren ebenfalls im Tierhandel beliebt gewesen. Die einheimische Europäische Sumpfschildkröte gelte dagegen als ausgestorben. Peterson: „Fremde Schildkrötenarten sind in unserer Natur aber kein Problem, weil sie sich unter den hiesigen klimatischen Bedingungen nicht vermehren.“ Dennoch gelinge es den Fremdlingen, viele Jahre zu überleben. Andere Arten würden sie nicht verdrängen.

Hobbyangler Puschner ist dennoch empört. „Das ist eine Schweinerei. Man kann doch seine Haustiere nicht so einfach aussetzen.“ Seine Schildkröten hätten die Angelhaken richtig geschluckt. Diese aus dem Maul zu lösen, sei kompliziert und für die Tiere schmerzhaft gewesen, so Puschner. Er will die Tiere bei Bekannten unterbringen.

Anlaufstelle Zoo

Wer exotische und andere Tiere findet, für den ist Halles Zoo eine wichtige Anlaufstelle. „Wir nehmen solche Tiere auf, schon weil wir uns moralisch dazu verpflichtet sehen“, sagt Zoosprecher Tom Bernheim. Derzeit lebten immerhin zehn Fund-Schildkröten in dem Tierpark, drei davon sind Gelbwangen-Schildkröten. Neben Schildkröten leben auch andere eigentlich nicht heimische Arten an und in den hiesigen Flüssen wie Nutria, Waschbär, Katzenwels, Regenbogenforelle, Marmorkrebs, Wollhandkrabbe und Kois. Das Aussetzen von Tieren ist laut Bernd Manneck vom Landesanglerverband kein Kavaliersdelikt: „Wer von unseren Fischereiaufsehern erwischt wird, wird angezeigt.“