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Amtsgericht Halle Amtsgericht Halle: Rechtes Weltbild im Gerichtssaal

Von Alexander Schierholz 18.04.2008, 06:19

Halle/MZ. - Eine gute Dreiviertelstunde spricht er. Richter Nicolai Petersen lässt ihn gewähren. Um, wie er später in seiner Urteilsbegründung sagen wird, die "Gesamtumstände" würdigen zu können.

Dass Neonazi Hupka so ausführlich Einblick in sein Weltbild gibt, nützt ihm nichts: Am Freitag verurteilte das Amtsgericht Halle den 45-Jährigen zu 1 400 Euro Geldstrafe wegen Beleidigung der früheren halleschen Sozialdezernentin und heutigen Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD). Zahlbar in 70 Tagessätzen zu je 20 Euro. Oder umzuwandeln in gemeinnützige Arbeit. Hupka lebt von Arbeitslosengeld II.

Im November 2005 hatte der ehemalige Landesvorsitzende der rechtsextremen NPD (1996 bis 2000) einen Brief an Szabados geschrieben. Die 60-Jährige, die vor Gericht als Zeugin und Nebenklägerin auftritt, bekommt täglich viel Post, auch böse Briefe. Aber der Hupkas, sagt sie, habe eine Grenze überschritten: "Ich fühle mich in meiner Ehre gekränkt und herabgewürdigt". Hupka wirft Szabados in dem Schreiben "Verbrechen an unserem Volk und an den wehrlosen Kindern" sowie "antideutsche und kinderfeindliche Absichten" vor. Dafür werde sie ihre "gerechte Strafe" erhalten. Hintergrund der Angriffe ist zum einen ein Projekt zur frühkindlichen Sprachentwicklung in den städtischen Kindergärten Halles, bei dem zusätzlich zu den Erzieherinnen Migranten eingesetzt werden. Zum anderen eine "interkulturelle Woche" in einer Kita, die Hupkas Kinder im Jahr 2004 besuchten.

In der Verhandlung verschärft Hupka seine Vorwürfe noch, indem er Szabados des "Völkermords" bezichtigt. "Der Angeklagte hat keinerlei Einsicht gezeigt", sagt denn auch Richter Nicolai Petersen, der den Straftatbestand der Beleidigung erfüllt sieht. Wie Staatsanwalt Peter Hübner, der angesichts des umfangreichen Vorstrafenregisters Hupkas sogar eine noch höhere Geldstrafe beantragt hatte. Zuletzt war Hupka im Jahr 2006 unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Der Vorwurf lautete, per Internet volksverhetzende Schriften angeboten zu haben. Unter anderem ein Buch mit dem Titel "Siegerjustiz in Dachau".

Szabados sagt nach dem Urteil, es erfülle sie mit Genugtuung, "dass wir einen wehrhaften Rechtsstaat haben". Hupka dagegen hatte schon zu Beginn von einem "politischen Prozess" gesprochen. Getreu seinem Weltbild.