Adelshäuser in Sachsen-Anhalt Adelshäuser in Sachsen-Anhalt: Ringetausch an grober Stätte
Kropstädt/MZ. - Selbst ein trister Novembertag kann den Glanz nicht trüben. Strahlend gelb leuchtet die Fassade des Wasserschlosses Kropstädt durch die weitläufige Parkanlage mit ihrem einmaligen Baumbestand. Jahrhunderte alte Blutbuchen, mächtige Eichen und selbst exotische Exemplare wie ein Gingko-Baum belegen auch hier das Verlangen vieler Adelshäuser, ihren Besitz nach den Vorbildern englischer Landschaftsparks zu schmücken.
Allein schon dieses zehn Hektar große Kleinod im Landkreis Wittenberg lohnt den Abstecher, wenn man auf der B 2 nach Berlin unterwegs ist. Das Schloss selbst ist ein Beleg für die glückliche Verbindung von privater Initiative, behutsamer Sanierung und moderner Nutzung. In Kropstädt hat der Denkmalschutz den Wettlauf mit der Zeit gewonnen, "obwohl hier ja eigentlich nichts wieder erstehen sollte, wäre es vor einigen hundert Jahren nach dem Willen der Wittenberger Bürger gegangen", merkt Margit Koplin an. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Ulrich Mertes "herrscht" die junge Frau aus dem benachbarten Reinsdorf seit sechs Jahren als neue Herrin von Schloss Kropstädt. 1992 hatten sie es zunächst nur gemietet, um ein Bildungszentrum an der einst "groben Stätte" einzurichten.
"Grobe Stätte" - von dieser Kennzeichnung leitet sich auch der heutige Ortsname ab. Ursprünglich hieß die Gemarkung Liesnitz. Und dort muss im 14. Jahrhundert schreckliches geschehen sein, wie eine erst viel später entstandene Chronik berichtet. Das grün eingebundene Buch ist eines der wenigen Stücke, die die Zeit überdauert haben und Margit Koplin Auskunft über die Geschichte ihres schmucken Anwesens gibt.
Etwa um 1150 soll an dieser Stelle inmitten dichten Flämingwaldes eine Wasserburg gestanden haben, "zum Schutze gegen die Sorben", wie der Chronist notiert. Schutz benötigten etwa 200 Jahre später aber nicht die Burgbewohner, sondern jene, die auf dem nahe gelegenen Handelsweg aus Leipzig kommend in Richtung Nordosten unterwegs waren und das Anwesen des Raubritters Otto von Düben passieren mussten. Als sich dessen Überfälle häuften und damit auch der Ruf der nur 15 Kilometer entfernte Stadt Wittenberg Schaden nahm, beschlossen die Ratsherren, Ottos Treiben ein Ende zu setzen und seine Burg zu zerstören. Und damit dort nie wieder etwas erblühe, wurde der Ort mit Salz bestreut und zur groben Stätte erklärt.
Kuno von Thümen scherte dies wenig. Er begann 1550 an gleicher Stelle ein neues Schloss zu bauen, dessen Pracht auch Fremdlingen nicht verborgen blieb. Napoleon jedenfalls, der am 10. Oktober 1806 mit seinen Truppen durch den Fläming über Kropstädt und Treuenbrietzen Richtung Berlin marschierte, kehrte alsbald zurück und übernachtete am 23. Oktober 1806 als bis dato berühmtester Gast im Schloss Kropstädt.
Dass sich die kleine Gemeinde mit einem der größten und schönsten Wasserschlösser Sachsen-Anhalts schmücken kann, ist dem Architekt und Baurat Georg Friedrich Heinrich Hitzig zu verdanken. Nach den Plänen des späteren Präsidenten der Akademie der Künste entstand es 1855 im englisch-gotischen Stil. So, wie es der neue Besitzer Carl von Leipziger in Auftrag gab, an den bis heute ein mit Wappen geschmücktes Bleiglasfenster in der Eingangshalle erinnert.
Aus jüngerer Zeit, zwischen 1946 und 1992, stammen jene Gemälde, die bis heute im prachtvoll geschnitzten Treppenaufgang überdauert haben. Stillende Mütter mit Säuglingen und spielende Kinder sind darauf abgebildet und verweisen auf die Zeit bis zur Wende, als im Schloss eine Kurheim für werdende Mütter untergebracht war.
Inzwischen dreht sich an der groben Stätte wieder alles um junges Glück. Was sich zunächst nur als Bildungseinrichtung für junge Existenzgründer einen guten Ruf erwarb, ist nun auch als Ort zum Entspannen, Feiern und Heiraten sehr gefragt. "Fast jedes Wochenende", so Margit Koplin, "ist bei uns Ringetausch angesagt". Zu Heirat und Hochzeitfeier im Schlosshotel kommen nicht nur junge Paare aus der nahen Umgebung, sondern vor allem aus dem Berliner Raum. Vier Millionen Euro haben die neuen Schlossbesitzer investiert, damit das alte Haus in neuem Glanz erstrahlt und an der einst groben Stätte ein Ort des Frohsinns entstehen konnte.