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20. September bis 25. September 20. September bis 25. September: Abschlussbilanz noch vor der ersten Montagsdemo

21.09.2009, 17:00

Halle/MZ. - Der Außenhandelsbetrieb Buchexport meldet Erfolge auf der Wiener Herbstmesse. Vor allem "kostbare Reprints" aus der DDR seien "Anziehungspunkte" für das Publikum.

20.9.: An der Karl-Marx-Oberschule in Querfurt beginnen die Wahlen zu den Pionier- und FDJ-Räten. Lothar Kolditz, Chef der Nationalen Front, verleiht zum 40. Jahrestag die "Ehrenmedaille der Nationalen Front der DDR" an 360 Bürger. Sechs Wochen vor dem faktischen Ende der Arbeiter- und Bauernrepublik kommen vier von fünf verliehenen Abzeichen aus dem "VEB Prägewerk Markneukirchen", insgesamt gibt es rund 10 000 "gesellschaftliche" und 142 staatliche Auszeichnungen - im Durchschnitt hat jeder DDR-Bürger zehn Abzeichen oder Ehrenmedaillen erhalten.

21.9.: Die Veränderungen sind kaum spürbar, aber sie sind da. Um der Opposition das Wasser abzugraben, hat die SED einen "Verband der Freidenker" gegründet, der nun Mitglieder sucht. Die Stasi würde gern noch weiter gehen: Verfasser einer Studie für MfS-Chef Mielke empfehlen, von Seiten des Staates aus Möglichkeiten zu schaffen, innerhalb des DDR-Systems Systemkritik zu üben. So könne etwa von der Akademie der Wissenschaften eine Zeitung veröffentlich werden, in der sich Systemkritiker unzensiert äußern dürfen.

22.9.: Seit zehn Tagen kursiert der Gründungsaufruf des Neuen Forum. Jetzt teilt der Minister des Innern mit, "dass ein Antrag zur Bildung einer Vereinigung Neues Forum eingegangen ist, geprüft und abgelehnt wurde". Ziele und Anliegen der Vereinigung widersprächen der Verfassung der DDR "und stellen eine staatsfeindliche Plattform dar. Die Unterschriftensammlung zur Unterstützung der Vereinigung war nicht genehmigt und folglich illegal". Sie sei ein Versuch, Bürger der DDR über die wahren Absichten der Verfasser zu täuschen.

23.9.: Egon Krenz reist wieder nach China. Es ist ein Freundschaftsbesuch, der aufmerksamen Zeitungslesern in der DDR Angst macht: Krenz in Peking? "Er holt sich Ratschläge, wie man das Volk niederhält", unkt es in den Kneipen. Daheim regiert derweil Günter Mittag, der Wirtschaftschef der SED. Heute berät er "mit Sekretären von Bruderparteien ideologische Fragen". Bei Verteidigungsminister Heinz Keßler steigt eine Kommandeurskonferenz. Gerhard Schürer, der Kopf hinter der DDR-Planwirtschaft, ist zu Gast in Ungarn, um auszuloten, wie die beiden zerstrittenen Bruderländer weiter zusammenarbeiten können.

24.9.: Fast liest es sich schon wie eine Abschlussbilanz: Die Einnahmen des Staatshaushaltes seien im 40. Jahr der DDR auf über 275 Milliarden Mark gewachsen - von 24,4 Milliarden Mark im Jahr 1950, teilt das Finanzministerium mit. Allein seit 1971 habe der Staat 550 Milliarden Mark in sein Wohnungsbauprogramm gesteckt. Da die Mieten stabil gehalten wurden, verfielen allerdings gleichzeitig hunderttausende Wohnungen, die Privatleuten gehören: Durch die niedrigen Mieteinnahmen waren Renovierungen einfach nicht zu finanzieren.

25.9.: Erste große Montagsdemonstration in Leipzig. Nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche in Leipzig formieren sich einige Tausend Menschen zu einer Demonstration, die sich am Ende selbst auflöst. Die Bilder von den marschierenden Menschen sind in den folgenden Tagen über ARD und ZDF in der ganzen Republik zu sehen - es ist wie ein Aufruf, nach Leipzig zu kommen.