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Hobby Wie in Luckenau eine große Welt im Kleinen begeistert

Drei Freunde aus Luckenau basteln an einer Modellbahnanlage. Warum das auch Mädchen begeistert und woraus man Rohrleitungen bauen kann.

Von Peter Zielinski 17.12.2021, 12:12
Durch versteckte Luken kann Christian Hemmann auch an die Stellen der Anlage gelangen, die vom Plattenrand nicht mehr erreichbar wären.
Durch versteckte Luken kann Christian Hemmann auch an die Stellen der Anlage gelangen, die vom Plattenrand nicht mehr erreichbar wären. Foto: Peter Zielinski

Luckenau/MZ - „Wann kann ich losfahren, Papa?“ Ungeduldig steht die achtjährige Mia auf einem Stuhl hinter dem Schaltpult und wartet darauf, bis der Papa endlich den letzten Minol-Tankwagen aufs Gleis gesetzt hat. Noch ist die riesige Modelleisenbahn im Gemeindehaus von Luckenau nicht fertig. Aber die Züge kann man bereits rollen lassen. Selbstverständlich digital gesteuert. Und da die Tochter von Christian Hemmann gar keine Lust auf das Spielen mit Puppen hat, kommt sie so oft es geht mit Papa zur Modelleisenbahn. Technik fasziniert die Drittklässlerin. „Zu Weihnachten wünsche ich mir ein ferngesteuertes Auto“, sind ihre klaren Vorstellungen. Früh übt sich, wer eine Rennfahrerin oder Lokführerin werden möchte. Und den Papa freut es. Denn seine Tochter steuert nicht nur die Züge. Sie hilft ihm auch bei der Landschaftsgestaltung auf der Anlage.

Angefangen hatte alles vor zwölf Jahren. Die drei Freunde Marcus Müller, Eric Füldner und Christian Hemmann saßen zusammen und überlegten sich, was man denn machen könnte. Ihre Väter waren schon begeisterte Modellbahner und daher lag es nicht fern, dass die drei einen gemeinsamen Plan schmiedeten. „Man könnte eine große Modellbahnanlage bauen“, so ihre Idee. Der Raum im Gemeindehaus war leer und stand zur Verfügung. „Wir wollten einen See, ein Sägewerk, Rangierbetrieb, einen Bauernhof, eine Burg und eine Brücke.“ Dann die Frage: „Welche Spurbreite soll die Bahn haben?“

Das eher im Westen verbreitete H0 oder die ostdeutsche Variante TT? Eine Glaubensfrage. Die Entscheidung war pragmatisch. Man entschied sich für H0. „Da hatten wir die meisten Loks und Waggons von den Vätern“, so Hemmann. Für den Gleisbau benötigten wir zwei Winter. Allein das Schottern der Gleise dauerte Wochen. Es gab auch einige Rückschläge. Dann haben wir wieder alles umgebaut, wenn es nicht gut aussah. Schließlich sollten die Kurvenradien und die Höhenunterschiede so naturgetreu wie möglich werden“, erinnert sich Hemmann.

Die achtjährige Mia hat den Überblick und steuert fünf Züge gleichzeitig auf der Anlage.
Die achtjährige Mia hat den Überblick und steuert fünf Züge gleichzeitig auf der Anlage.
Foto: Peter Zielinski

An der Elektrik haben sie ein Jahr lang gebastelt. Die Brücke ist ebenfalls Marke Eigenbau. „Die Stahlseile sind aus Bindfaden. Den haben wir in einem Stück von einem Pfeiler durch den nächsten gefädelt. Da ist ein ganzer Abend draufgegangen.“

Die drei Freunde legen sehr viel Wert auf realistische Landschaften. Christian Hemmanns Beruf ist bei der Gestaltung der Anlage von Vorteil. Als Malermeister weiß er, wie er die Pinselstriche setzten muss, damit ein Berg so naturgetreu aussieht, wie möglich. „Der See war eine komplizierte Arbeit. Erst habe ich den Grund gemalt. Dann haben wir an einer speziellen Kunstharzmischung herumprobiert, die den Anschein von klarem Wasser hat.“ Der Bergsee lockt nun die Gäste des Campingplatzes zum Baden. Meistens arbeiten die drei Freunde in den Wintermonaten an der Anlage. „Da kann es schon mal eins in der Nacht werden. Man vergisst einfach die Zeit“, erzählt Hemmann.

Auf jedes Detail wird geachtet. Realistische Darstellung ist oberstes Ziel der Modellbahnfreunde.
Auf jedes Detail wird geachtet. Realistische Darstellung ist oberstes Ziel der Modellbahnfreunde.
Foto: Peter Zielinski

Neben dem Bauernhof befindet sich eine Autowerkstatt. In der Halle wird gerade an einem Blechteil geschweißt. Blaue Lichtblitze sind durch die Fenster erkennbar. Auf der Straße zum Dorf wird eine neue Wasserleitung verlegt. „Die Rohre haben wir selbst ausgetüftelt. Das sind mit der Schere gekürzte orange Plastiktrinkhalme“, sagt der 38-Jährige voller Stolz über den gelungenen Einfall.

Auf dieser   Baustelle sind die  Rohrleitungen in Wirklichkeit  Plastiktrinkhalme. Detailgetreues Bauen ist auch hier das A und O.
Auf dieser Baustelle sind die Rohrleitungen in Wirklichkeit Plastiktrinkhalme. Detailgetreues Bauen ist auch hier das A und O.
Foto: Peter Zielinski

Mia Hemmanns Lieblingsplatz liegt oberhalb des Dorfes. Sie liebt den Wald und die verschiedenen Bäume. Sie freut sich darauf, wenn Besucher kommen und die Anlage bestaunen. „Jeder weiß, wenn Licht brennt, dann kann man gerne vorbeischauen“, sagt ihr Papa. Ob es etwas ausmache, dass die Anlage noch nicht fertig sei? „Die muss ja nicht fertig werden“, lautet seine klare Antwort.