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Das Leid der Streuner Warum der Burgenlandkreis der Kastrationspflicht keinen Gebrauch macht

Die gesetzliche Grundlage für eine Kastrationspflicht von Freigängern gibt es. Gebrauch wird im Burgenlandkreis davon noch nicht gemacht.

Von Angelika Andräs 09.08.2021, 14:30
Diese Winzlinge konnten rechtzeitig gefangen, aufgepäppelt und vermittelt werden. Nicht alle Streuner-Babys haben das Glück.
Diese Winzlinge konnten rechtzeitig gefangen, aufgepäppelt und vermittelt werden. Nicht alle Streuner-Babys haben das Glück. Foto: Angelika Andräs

Zeitz/MZ - Die Stadt Zeitz braucht eine Kastrationspflicht für freilaufende Katzen. Der gesamte Burgenlandkreis braucht sie. Das fordern Tierschützer bereits seit Jahren. Während immer mehr Kommunen und Landkreise deutschlandweit eine solche Verordnung einführen, bewegt sich hier nichts. Dabei lässt sich das Elend im Zeitzer Tierheim sehen und mit Zahlen belegen: Drei Dutzend Katzenbabys mussten in den letzten Wochen eingesammelt werden.

Dunkelziffer an Streunerkatzen ist hoch

Viele davon krank, dehydriert, unterernährt, voller Parasiten. Ihre Versorgung bleibt am Tierschutz hängen. Vereine und Tierheime stoßen zunehmend an ihre Grenzen. Von der Kapazität her, finanziell und auch emotional. „Die Dunkelziffer kennen wir gar nicht“, sagt Tierheimleiterin Eva-Maria Bauer, „wir wissen nicht, wie viele nicht gefunden werden. Oder wie viele einfach getötet werden.“

Auch viele Mutterkatzen sind krank, kämpfen täglich ums Überleben. Bis zu dreimal im Jahr haben sie Junge, die sie irgendwo draußen zur Welt bringen und aufziehen müssen. Und jedes ihrer Katzenkinder ist bereits nach einigen Monaten geschlechtsreif und wenn es nicht von Tierschützern gefunden, kastriert und vermittelt wird, eine weitere Streunerkatze.

Nicht nur Tierschützer fordern die Kastrationspflicht

Die berühmte Pyramide zeigt, dass eine Katze, wenn nur jeweils drei ihrer Kitten überleben, schon nach drei Jahren 382 Nachkommen hat, nach vier Jahren sind es über 2.200. Hochgerechnet hat eine Katze in zehn Jahren circa 80 Millionen Nachkommen. „Wer seine Katze kastrieren lässt, verhindert unsägliches Tierleid“, betont auch Jacqueline Just, die im Tierheim die Katzen betreut. Sie päppelt sie auf, aber oft sterben sie ihr auch unter den Händen weg.

Doch längst sind es nicht mehr nur die Tierschützer, die die Kastrationspflicht fordern. „Uns sprechen immer mehr Leute an“, sagt Bauer, „die verstanden haben, dass die Kastration von Katzen das A und O ist.“ Selbst in lokalen Gruppen sozialer Netzwerke ist es Thema. Doch bisher blieb jeder Vorstoß, den Erlass einer Verordnung zur Kastrations- und Kennzeichnungspflicht zu erreichen, erfolglos. „Spricht man Leute darauf an, dass sie ihre Freigängerkatzen unbedingt kastrieren lassen sollen“, so Eva-Maria Bauer, „dann hört man immer wieder: Warum? Ist ja keine Pflicht.“ Schon deshalb sei eine gesetzliche Grundlage vor Ort dringend nötig.

So sieht es an den Türen im Katzentrakt im Zeitzer Tierheim aus.
So sieht es an den Türen im Katzentrakt im Zeitzer Tierheim aus.
Foto: A. Andräs

Zeitz macht von der Kastrationspflicht keinen Gebrauch

Das Veterinäramt des Burgenlandkreises und Tierschutzvereine erhalten fast wöchentlich Hilferufe, bestätigt die Kreisverwaltung, da immer wieder Katzen mit Jungen aufgefunden werden und die Vermehrung unkontrolliert erfolgt. Das Veterinäramt rät dazu, Freigängerkatzen kastrieren zu lassen. Eine Verordnung erlassen könne der Burgenlandkreis allerdings nicht.

Das Gesetz mit dem sperrigen Namen „Gesetz zur Übertragung der Ermächtigung zur Festlegung von bestimmten Gebieten zum Schutz freilebender Katzen“ vom 27. November 2019 ist „die Grundlage, Anordnungen zu treffen für das Verbieten beziehungsweise Beschränken des freien Auslaufs für fortpflanzungsfähige Katzen, die Kastrationspflicht sowie die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Katzen mit freiem Auslauf“, bestätigt die Kreisverwaltung auf eine entsprechende Anfrage der MZ.

Kurz gesagt eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht. „Diese Anordnungen können in Sachsen-Anhalt nicht durch den Landkreis, sondern nur von den Gemeinden selbst getroffen werden.“ Laut Kenntnis des Veterinäramtes hat von diesen Maßnahmen noch keine Gemeinde Gebrauch gemacht. Auch in Zeitz und den umliegenden Gemeinden ist derzeit nichts geplant.