Von Paris nach Mahlen Von Paris nach Mahlen: Das ist die schnellste Brieftaube

Mahlen - Wie lange braucht eine Brieftaube für den Flug von Paris nach Mahlen im idyllischen Schnaudertal? Erhard Lange weiß es ganz genau, denn seine Taube W96 flog um 6.40 Uhr los und kam um 14.43 Uhr zu Hause an. Sie brauchte acht Stunden und drei Minuten für eine Distanz von 724 Kilometern. Die Taube legte also 1.500 Meter pro Minute zurück. Damit war sie die Taube mit der höchsten Fluggeschwindigkeit.
„So eine tolle Taube hatte ich noch nie“, sagt Erhard Lange. Denn die Taube war in „ihrer Wertungszone“ über 700 Kilometern von Paris zurück nach Mitteldeutschland die drittschnellste gefiederte Dame. In der Gesamtwertung von zehn Wettflügen in diesem Sommer liegt die Taube W96 auf dem ersten Rang. „Seit dem fünften Flug lag sie ganz vorn und ließ sich diesen Platz bis zum Ende nicht mehr nehmen“, sagt Lange. Das schöne Tier ist 2016 geboren und wiegt zirka 600 Gramm.
Seit 1974 züchtet Lange Brieftauben
Seit 1974 züchtet Lange Brieftauben. „Doch 2020 war bisher mein bestens Jahr“, erzählt der 71-Jährige. Dabei hatte er seine Hoffungen auf ein anderes Tier gesetzt. Aber jene Dame war nach einem Flug unbemerkt über die elektronische Zählstelle zurück in den Schlag gekehrt und fiel damit aus dem Rennen. Ärgerlich vor allem deshalb, weil mindestens fünf Tauben in zehn Flügen in die Wertung kommen. In der Gesamtwertung der Saison landete der Züchter in seinem Gebiet auf einem undankbaren vierten Platz.
Insgesamt 44 Teilnehmer aus Mitteldeutschland schickten in dieser Saison 1.878 Tauben auf den Flug. Denn die Züchter schließen sich in Vereinen zusammen, diese wiederum bilden Reisevereinigungen, die den eigentlichen Wettbewerb durchführen - in diesem Fall ist es die Reisevereinigung Jena. Dazu gehören zum Beispiel auch Taubenzüchter aus dem Raum Zeitz und Weißenfels. Davon nahmen in diesem Jahr 14 Leute mit 526 Tauben am Wettkampf teil.
„Ich hatte 60 Tauben am Start, die fünf besten kommen in die Wertung“
„Ich hatte 60 Tauben am Start, die fünf besten kommen in die Wertung“, sagt Lange. 20 Tauben haben im Laufe des Sommers den Weg zurück ins Schnaudertal nicht geschafft. Sie sind vermutlich Raubvögeln wie Wanderfalken, Habicht und Sperber zum Opfer gefallen.
Doch wie findet eine Taube den Weg nach Hause? Diese Frage ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Brieftauben ähnlich wie Zugvögel den Stand der Sonne und Sterne sowie das Magnetfeld der Erde als „Kompass“ verwenden und zusätzlich visuelle Anhaltspunkte nutzen. Hinzu kommt intensives Training durch die jeweiligen Züchter. Es beginnt mit kleinen Strecken und erhöht sich Schrittweise.
„Für den ersten Flug lasse ich meine Tauben in Schellbach raus“
„Für den ersten Flug lasse ich meine Tauben in Schellbach raus, das sind etwa zehn Kilometer bis in den heimischen Schlag“, verrät Lange. Danach geht es nach Breitenbach (15 Kilometer), Oberndorf am Hermsdorfer Kreuz (25) und Stadtroda (35).
Es fliegen übrigens nur die Damen, während die Männer zu Hause warten. Etwa 100 Tauben nennt Lange sein eigen. „Meine ersten Strasser-Tauben habe ich bei einem väterlichen Freund in Naundorf bei Starkenberg gekauft“, erzählt Lange. Seit 1982 ist er Vorsitzender des Brieftaubenvereins „Kehre wieder Pölzig“.
„Am 13. März 1982 habe ich meine erste Versammlung geleitet“, sagt Lange und zeigt auf das von Hand geschriebene Protokoll. Damals waren es 21 Mitglieder, zur Wende zwölf und heute nur noch vier. Lange hat auf seinem Vierseithof in Mahlen ein Paradies für Tiere geschaffen. Die Taubenschläge sind alle selbst gebaut. Es gibt 50 Kaninchen und eine kleine Landwirtschaft, wo er mit 71 Jahren Futter für die Tiere anbaut. Denn „nebenbei“ ist er seit Jahren Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins Kayna. (mz)

