Von der Pike auf gelernt Von der Pike auf gelernt: Der letzte Polsterer von Zeitz

Zeitz - Historische Stühle mit Samt bezogen, schön geschwungene Sessel und Sofas aus der guten Stube - im Laden von Uwe Ritter reihen sich die Möbel der Kunden. Der Polsterer in der Zeitzer Liebknechtstraße hat viel zu tun. „Ich bin mindestens schon bis Oktober ausgebucht“, sagt der 48-Jährige. Und das ist auch kein Wunder, denn nach Angaben der Handwerkskammer Halle gibt es gerade mal drei Raumausstatter im Burgenlandkreis, nämlich in Zeitz, Langendorf (Elsteraue) und Nebra.
„Insgesamt gibt es 1.380 Eintragungen Raumausstatter in der Handwerkskammer Halle“, sagt Jens Schumann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer. Doch ganz exakt sei die Frage nach der Anzahl nicht zu beantworten. Denn es handelt sich um ein zulassungsfreies Handwerk und oft bieten Unternehmen sehr viele Gewerke an. So zum Beispiel Maler, die ein „bisschen“ Raumausstatter im Profil haben. „Wir schätzen, dass es zum 30. Juni 2018 im Kammerbezirk Halle 347 echte Raumausstatter gibt“, erklärt Schumann.
Polsterer: In Zeitz ist Uwe Ritter der einzige seiner Zunft
In Zeitz ist Uwe Ritter der einzige seiner Zunft. Vor vier Jahren hat er sein Domizil in der Liebknechtstraße eröffnet. So findet man auf rund 150 Quadratmetern seinen Laden und die Werkstatt. „Ich habe das Handwerk von der Pike auf bei meinem Vater gelernt und führe damit die Familientradition fort“, sagt der 48-Jährige. Das war in Roda bei Weickelsdorf, wo sein Vater bis heute ein kleines Möbelhaus führt. „Ich bin mit diesem Handwerk groß geworden“, sagt er.
Im Jahre 2003 hat Uwe Ritter seinen Meister gemacht und ist seit zehn Jahren als Polsterer und Möbelbauer selbstständig. Mit 48 Jahren liegt der Meister voll im Trend der Handwerkskammer Halle, denn im Ausbaugewerbe sind 41 Prozent der Chefs zwischen 41 und 50 Jahre alt.
Raumaustatter: Dekorieren, Polstern, Tapezieren und Gardinen nähen
„Zum Profil eines Raumausstatters gehören eigentlich Dekorieren, Polstern, Tapezieren und Gardinen nähen. Doch ich habe mich ausschließlich auf das Polstern spezialisiert“, fährt Ritter fort. Er liebt es, historische Möbelstücke wieder neu aufzubauen. Dabei werden auf traditionelle Art Polstergurte gespannt, Stahlfedern aufgebaut, Polsterung und Bezüge befestigt. Sattlernähmaschine, Tacker, Hammer und Nagel sind seine Werkzeuge dafür.
Dabei orientiert sich Ritter gern an einem fast 100 Jahre alten Buch über dieses Handwerk. „Bei den Bezügen hat der Kunde heute eine riesige Auswahl. Ich habe Muster von rund 7.000 verschiedenen Stoffen und Ledern“, sagt der Meister. „Oft besuche und berate ich die Kunden zu Hause, denn bei der Materialauswahl muss man das Umfeld berücksichtigen, zum Beispiel die Lichtverhältnisse im Zimmer und die Art des Fußbodens“, erläutert er.
Wünsche der Kunden sind individuell
Die Wünsche der Kunden sind individuell. Mal soll ein Sofa komplett neu bezogen werden, dann wieder soll ein alter Sessel repariert und das Polster neu aufgebaut werden. Die Mehrzahl der Kunden sind zwischen 50 und 60 Jahre alt. Weil die Nachfrage so groß ist, hat er vor zwei Jahren Tino Gebhardt eingestellt.
Dass jener Beruf nicht ausstirbt, dafür sorgt Familie Ritter auch weiterhin. So führt die dritte Generation das Handwerk fort. Sohn Kevin Ritter hat den Beruf ebenfalls gelernt und arbeitet heute bei einem Polsterer in Leipzig. In der Messestadt gibt es fünf Polsterer. Der Beruf wird auch in Sachsen-Anhalt ausgebildet. Die einzige Berufsschule befindet sich in Quedlinburg. In der Lehrlingsrolle der Handwerkskammer sind aktuell acht Lehrverträge eingetragen, fünf lernen im dritten Jahr, drei im zweiten. In diesem Jahr liegt noch keine Ausbildungsvertrag vor. Die Eintragung läuft aktuell noch. (mz)