Theißener Protest für Ortsumgehung Theißener Protest für Ortsumgehung: Straftat oder nicht?

Theissen - Am Freitag vor zwei Wochen erreichte der Bürgerprotest auf dem Theißener Zebrastreifen für die geplante Ortsumgehung seinen bisherigen Höhepunkt. Zwei Lkw-Fahrer erstatteten direkt vor Ort bei der Polizei Anzeige wegen Nötigung, weil Demonstranten durch ständiges Überqueren des Fußgängerüberweges die Fahrer zu einem Zwischenstopp zwangen und diese ihre Termine nicht mehr einhalten konnten.
Anzeigen gegen Unbekannt
Was aus den beiden Anzeigen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig unklar. Fest steht, sie werden momentan von der Polizei bearbeitet und sollen in Kürze der Staatsanwaltschaft übergeben werden. Das Problem daran ist, dass die Anzeigen gegen Unbekannt aufgenommen wurden. Warum haben die Beamten vor Ort die Personalien der Demonstranten nicht direkt festgestellt? Polizeipressesprecher Dirk Seyffarth kann diese Frage nicht beantworten. „Ich weiß es nicht, ich war nicht dabei“, sagt er. Auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft in Naumburg heißt es: Die Beamten sind vor Ort verpflichtet, noch am Tatort die Personalien der Täter aufzunehmen. Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Neufang hat die Anzeige bisher noch nicht übermittelt bekommen und kennt den Sachverhalt noch nicht. „Wahrscheinlich wird es dann wieder zurück zur Polizei gehen, damit sie die Personalien ermitteln. Ich weiß nicht, warum es vor Ort nicht geschehen ist. Vielleicht haben die Beamten keine Straftat feststellen können“, so Neufang.
Fest steht auch, wenn es zu Verurteilungen kommt, dann kann das Strafmaß sehr unterschiedlich ausfallen. Sollte sich die Nötigung bestätigen, sagt das Gesetz, dass von Geld- bis zu Freiheitsstrafen nahezu alles möglich ist - je nach Größenordnung und Umfang der Nötigung.
Dringender Handlungsbedarf
Für Reiner Görg, dem Leiter der Verkehrswacht in Zeitz, steht fest, dass im Fall der Zebrastreifen-Demonstration dringend Handlungsbedarf besteht. Verständnis für den Ärger der Theißner hat er, schließlich seien sie lange hingehalten worden, aber die Art und Weise, dem Ärger Luft zu machen, sei bedenklich. „Es gilt zu prüfen, ob eine Straftat nach Paragraf 315 b Strafgesetzbuch vorliegt. Das ist Aufgabe der Polizei“, erklärt er. Dieser Paragraf besagt, dass eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet wird. Darunter fällt laut Gesetzestext auch, Hindernisse zu bereiten und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen zu gefährden.
Eine Gruppe regionaler Vertreter, darunter Landtagsabgeordneter Arnd Czapek (CDU), Landrat Götz Ulrich (CDU), Bundestagsabgeordneter Dieter Stier (CDU), der Zeitzer Bürgermeister Henrik Otto und der Zeitzer Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP) besuchten in Berlin den Staatssekretär im Bundes-Verkehrsministerium Reiner Bomba.
„Wir besprachen den beabsichtigten Baudurchführungsverlauf der Umgehungsstraße Theißen, bei dem einerseits der Neuntöter mit seinem Umsiedlungsplan eine Rolle spielte, aber auch die Planung und Umsetzung des Trassenverlaufes“, führte Kunze aus. Der Neuntöter ist ein auf der Roten LIste aufgeführter geschützter Vogel.
„Im ersten Quartal 2016 soll der Baubeginn mit dem Abriss des Gebäudes der früheren Verladestelle erfolgen“, führte Kunze weiter aus. Die Planungen für die fünf Brücken der Trasse beginnen laut Kunze zeitgleich. Der Plan enthält die Verkehrsfreigabe der Ortsumgehung Theißen Mitte 2020.
„Die Finanzierung ist durch den Bundesverkehrswegeplan in der aktuellen Fassung gesichert“, so Kunze weiter. Er sagte, dass auch der Theißener Ortsbürgermeister Heinz Borde (CDU) eingeladen war, jedoch abgesagt hatte. Aus wichtigen anderen Gründen, wie er gegenüber der MZ sagt. Außerdem kritisierte er die Landesstraßenbaubehörde: Die komme ihrer Pflicht nicht nach und informiere nicht zum Bauablauf. Er kenne als frühesten Baubeginn das Jahr 2019.
Görg hat schon zweimal wegen der Demonstration im Stau gestanden, habe dann durch Ortskenntnis einen anderen Weg zum Umfahren gefunden. Sollte es ihm noch einmal passieren, weiß er, dass er einen anderen Weg einschlägt. Und zwar den, dass er vor Ort Anzeige erstattet. „Hier werden absichtlich Menschen von ihren dienstlichen und privaten Pflichten abgehalten“, sagt Görg.
Auf Nachfrage beim Ortsbürgermeister von Theißen Heinz Borde (CDU) ist in den kommenden Tagen keine Blockade am Fußgängerüberweg geplant. Der nächste Termin ist eine Bürgersprechstunde am 27. November in der Schule des Ortes. Dort gibt es die neuesten Informationen zur Planung der Ortsumgehung. (mz)