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Silvesterfeuerwerk in Zeitz Silvesterfeuerwerk in Zeitz: Laut und ungesund

Von Angelika Andräs 03.01.2020, 11:00
Rauch in der Silvesternacht
Rauch in der Silvesternacht dpa

Zeitz - Wenn das neue Jahr mit viel Krach und mitunter auch mit schönen Feuerwerksfontänen begrüßt wird, gehen die Meinungen auseinander. Die Zahl derer, die sich ein Böllerverbot in der Silvesternacht wünscht, liegt mittlerweile in Umfragen bei über 50 Prozent.

In Zeitz werden als Gründe für ein Verbot zumindest in der Kernstadt die große Belastung für Tiere und Umwelt meist an erster Stelle genannt, aber auch Lärm- und Feinstaubbelastung und nicht zu vergessen: Müll. Wie sah es zu diesem Jahreswechsel damit aus? Mit Unterstützung des Luftüberwachungssystems Sachsen-Anhalt (Lüsa) und bei Rundgängen und Gesprächen in der Stadt gibt es dazu Informationen, deren Quintessenz die MZ hier zusammenfasst.

Welchen Lärm erzeugten Silvesterknaller und Böller?

Mit zwei unterschiedlichen Apps zur Lärmpegelmessung wurden in der Wendischen Straße, am Schützenplatz und in der Unterstadt in der Silvesternacht zwischen 98 und 174 Dezibel gemessen. Böller erzeugen laut Gesundheitsministerium zwischen 130 und 180 Dezibel. Bereits ab 85 Dezibel können Schäden im Ohr auftreten. 85 Dezibel - das wäre etwa so laut wie ein vorbeifahrender Lkw.

Das Sprengstoffgesetz regelt in Deutschland, dass Feuerwerkskörper der Kategorie 2, die nur für Erwachsene erlaubt sind, in acht Meter Entfernung nicht lauter als 120 Dezibel sein dürfen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei illegalen, also nicht im Fachhandel mit Prüfsiegel gekauften Knallern, die Lautstärke als unkalkulierbar gilt.

Wie wirkt sich das auf die Gesundheit aus?

Bei 120 Dezibel beginnt das Schmerzempfinden. Ein so genanntes Knalltrauma ist bereits ab 135 Dezibel möglich. Ab 150 Dezibel besteht bereits die Gefahr von Hörsturz oder Tinnitus. Dabei genügt schon ein einziger lauter Knall. Neben dem eigentlichen Krach spielt auch die kurze Impulsstärke eine Rolle: Das Gehör hat keine Chance, sich darauf einzustellen, wie es von der Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde heißt.

Auch die Druckbelastung sorgt dafür, dass am Ohr Schäden entstehen können. Und bereits ab 65 Dezibel erhöht sich das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Hinzu kommt, dass sich der Lärm vervielfacht, wenn zwischen Häuserreihen geknallt wird. Etwa 8 000 Menschen müssen in Deutschland nach dem Silvesterfeuerwerk einen Arzt aufsuchen (Angaben der Bundesinnung der Hörakustiker für 2018).

Welche Vergleiche gibt es beim Silvester-Lärm?

Donnerschläge und Chinaböller führen die Lärmliste mit rund 150 Dezibel an. Damit sind sie sogar lauter als ein Presslufthammer und erreichen in etwa die Lautstärke einer kleinen Schusswaffe. 80 bis 100 Dezibel laut sind große Fahrzeuge, Motorsägen oder Winkelschleifer, aber auch die Musik in Diskotheken.

110 bis 120 Dezibel laut sind Druckluftmeißel, Kettensäge, Rockkonzert. Darüber liegen Niet- und Schmiedehammer (130 bis 150) und Geschützknall - bei 160 Dezibel. Ein startendes Flugzeug erreicht im Durchschnitt 140 dB.

Wie sah es mit der Feinstaubbelastung aus?

Lag die Feinstaubbelastung in Zeitz am 30. Dezember 18 Uhr noch unter 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, so stieg sie ab Vormittag am Silvestertag kontinuierlich an. Um Mitternacht wurden an der Messstation in der Freiligrathstraße in Zeitz knapp 30 Mikrogramm gemessen.

Richtig spürbar war der hohe Feinstaubanfall durch das Silvesterfeuerwerk am 1. Januar mit durchgängig 46 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das ist in der Lüsa-Bewertung gerade noch „ausreichend“. Der erlaubte Grenzwert ist 50 Mikrogramm. Gemessen wird „PM10“, das ist der Anteil der Staubpartikel mit einem Durchmesser kleiner ist als 10 Mikrometer, die in die Lunge gehen. Bei den Messungen, die durch die Stationen vor Ort - wie in Zeitz - unterstützt werden, stellen die veröffentlichten Werte stündliche Mittelwerte dar.

Wie sehen diese Werte im Vergleich aus?

Von den 22 Messstationen in Sachsen-Anhalt wiesen elf deutlich erhöhte Werte auf, in Halle zum Beispiel um 100 Mikrogramm, in Magdeburg und Bernburg um 120. Im Durchschnitt lagen die Werte sonst im Jahr 2019 um 20 und in Zeitz meist sogar unter 20 Mikrogramm pro Kubikmeter. Fünf lagen knapp unter dem Höchstwert.

Durch Feuerwerk entstehen in einer Silvesternacht über 4.000 Tonnen Feinstaub, wie das Umweltbundesamt angibt. Das entspreche etwa 15 Prozent der jährlich im Straßenverkehr freigesetzten Feinstaubmenge und mache 2,25 Prozent aller Feinstaubemissionen im Jahr aus. Feinstaub kann sich übrigens je nach Witterung noch über Stunden in der Luft halten und sich dann in den unteren Schichten anreichern. Das erklärt auch, warum in Zeitz am 1. Januar noch durchgehend so eine hohe Konzentration knapp unter dem Grenzwert gemessen wurde.

Welchen Schäden richten die Feinstaubpartikel an?

Laut Umweltbundesamt gefährdet das Einatmen von Feinstaub die Gesundheit und das auch schon bei kurzfristig hoher Konzentration. Die kleinen PM10-Partikel können tief in Lunge und Bronchien, aber auch ins Blut gelangen. Besonders gefährlich wird das für Kinder, Senioren und chronisch Kranke. In der Fußgängerzone und in der Fischstraße in Zeitz war durch das geballte Abbrennen von Feuerwerksbatterien, Böllern und Raketen dichter Qualm entstanden.

Ein Anwohner, der eigentlich beim Silvesterfeuerwerk über dem Altmarkt zuschauen wollte und deshalb nach draußen gegangen war, berichtete von starken Reizungen in Hals und Augen und Husten.

Was war mit dem Müll, der liegen blieb?

Die Innenstadt zeigte sich am Neujahrsmorgen wenig einladend. Müll von den nächtlichen Knaller-Einsätzen lag in Zeitz auch noch am 2. Januar. Besonders die Fußgängerzone, die Fischstraße, vor der Michaeliskirche, am Schützenplatz und in vielen weiteren Straßen standen die Reste von Batterien und lagen die Reste von Raketen und Böllern herum.

In der Innenstadt wurde am Donnerstagmorgen beräumt, allerdings meist nicht von den Verursachern. Dabei wären die in der Pflicht. Böllerabfälle sollten im Restmüll entsorgt werden, heißt es vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Wobei man Blindgänger vorher mindestens eine halbe Stunde in einen Eimer mit Wasser geben sollte. Das macht das Schwarzpulver unschädlich. (mz)