Er verbrannte sich 1976 in Zeitz öffentlich Selbstverbrennung in Zeitz: Gedenken an Pfarrer Oskar Brüsewitz

Zeitz/Halle (Saale) - Für die Staatsmacht der DDR war er ein Sicherheitsrisiko, einigen seiner evangelischen Brüder ist Oskar Brüsewitz gleichfalls ein Dorn im Auge gewesen. Eine Übersiedlung des Unruhestifters in den Westen wäre beiden Fraktionen wahrscheinlich am liebsten gewesen - dorthin, woher er 1954 gekommen war.
Aber Heimat war das nicht für Brüsewitz. Am 30. Mai 1929, vor 90 Jahren, in Willkischken im Memelland (Ostpreußen) als Kind armer Leute geboren, verschlugen den ebenso empfindsamen wie streitbaren Mann die Kriegs- und Nachkriegswirren auf eine wechselvolle Reise durch das schließlich geteilte Deutschland.
Oskar Brüsewitz: Pfarrer gegen den Kommunismus
Wenn Brüsewitz, der von 1964 bis 1969 in Erfurt zum Prediger ausgebildet und 1970 als Pfarrer ordiniert wurde, eine Heimat hatte, dann war es wohl die in seinem christlichen Glauben. Nach heutigem Verständnis wird man ihn einen Fundamentalisten nennen. Jedenfalls war er radikal und konsequent in seiner Ablehnung des kommunistischen Systems, was nicht nur die SED alarmierte, sondern auch jene seiner Dienstoberen ablehnten, die an ihrem schuldbeladenen Modell einer „Kirche im Sozialismus“ bauten.
Unbeirrt, mit Fantasie und gottgegebener Frechheit arbeitete Brüsewitz an der Erweckung seiner Gemeinde - und an der fortgesetzten Provokation des DDR-Systems. Ein Kreuz aus Neoröhren ließ er von seiner Kirche in Rippicha bei Zeitz leuchten. Die Wirkung war erheblich. Und die SED-Propagandaparole von der Ernte, die man im Osten auch ohne Gott und Sonnenschein einbringen könne, konterte er mit dem Plakatspruch: „Ohne Regen, ohne Gott geht die ganze Welt bankrott“.
Verzeifelte Selbstverbrennung: Weltweites Entsetzen
Die politischen und seelischen Konflikte, die Brüsewitz auszutragen hatte, führten ihn am 18. August 1976 zu einer Verzweiflungstat, die weltweites Aufsehen und Entsetzen erregte. Vor der Michaeliskirche im Zentrum von Zeitz, wo jetzt, anlässlich seines 90. Geburtstages, zu seinen Ehren eine neue Gedenktafel enthüllt werden wird, übergoss sich der Familienvater mit Benzin und setzte es in Brand. Vier Tage später erlag er im Bezirkskrankenhaus Halle-Dölau seinen schweren Verletzungen.
Im Nachhinein wird man Brüsewitz, so kompliziert sein Wesen zweifellos war, zu jenen zählen müssen, die der friedlichen Revolution vom Herbst 1989 vorausgingen. (mz)