Schimmelpilzbefall in Wohnungen Schimmelpilzbefall in Wohnungen: Jeden Morgen Kopfschmerzen
Naumburg. - Sieben Millionen Wohnungen in Deutschland sind mit Schimmelpilz befallen, 15 Millionen Menschen haben darunter zu leiden. So weist es eine aktuelle Statistik aus. Auch um Naumburg machen Aspergillus und Penicillium - so die lateinischen Bezeichnungen für die in Mitteleuropa maßgeblich auftretenden Pilze Gießkannen- und Pinselschimmel - keinen Bogen. Betroffen sind unter anderem Gebäude im Michaelisholz. 16 der insgesamt 300 Wohnungen der Grundstücksverwertungs- und Verwaltungs GmbH (NBG) sind nach Angaben des Eigentümers mehr oder weniger mit Pilz befallen beziehungsweise wurde dieser bekämpft.
"Wir nehmen die Problematik nicht auf die leichte Schulter. Im Gegenteil, uns ist das Ganze sehr unangenehm", sagt NBG-Geschäftsführer Bernd Warnecke und spricht von schnellem Handeln. Gemeint ist damit die Schimmelbekämpfung durch die Firma Holz- und Bautenschutz, Spezialabdichtungen mit Sitz in Possenhain. Das Unternehmen ist derzeit dabei, betroffene Wohnungen quasi schimmelfrei und - sicher zu machen. Dr. Lothar Bundesmann: "Wir entfernen zunächst den Pilz durch Abtragen der Tapete und behandeln das Mauerwerk, anschließend wir ein faserarmiertes Beschichtungsmaterial aufgebracht. Das enthält unzählige Mikroporen, die Feuchtigkeit in so großer Menge aufnehmen können, dass die Wandoberfläche trocken bleibt. Damit ist das Problem Schimmel gelöst."
Doch der Reihe nach: Laut Bundesmann - der sich seit 1998 mit der Schimmel-Problematik befasst und deswegen in ganz Deutschland unterwegs ist - sind die Schäden im Michaelisholz nicht auf Baumängel zurückzuführen, sondern auf eine zu feuchte und warme Luft in den Wohnungen. "Nach meinen Erkenntnissen gibt es hier ein Kondensproblem von Innen, gepaart mit einer gewissen Restfeuchte aus der Bauzeit. Kommt beides zusammen und wird nicht ausgiebig gelüftet und sinnvoll geheizt, entsteht Schimmel. Vor allem an kalten Außenwänden, in Fensterfaschen und auf Flächen, wo die Luft kaum zirkulieren kann", erklärt Bundesmann. Besonders kritisch: Wände, die dem Auge des Betrachters verborgen bleiben. Zum Beispiel jene hinter Küchenschränken oder großen Möbeln in der Wohnstube. Familie Diering / Mehlberg im Haus Nr.8 kann davon ein Lied singen. Über ein Jahr wohnt sie in ihrer knapp 90-Quadratmeter-
Wohnung. Großzügiges Wohnzimmer, sonniger Balkon und freier Blick ins Grüne. Doch in der Dreiraumwohnung hat sich der Pilz ausgebreitet. Und der ist nicht nur unansehnlich, sondern beschert auch gesundheitliche Probleme. "Jeden Morgen stehen wir mit Kopfschmerzen auf. Unerträglich", erzählt Carola Mehlberg. Das Pilz-Desaster wurde erst jetzt richtig offenbar, als die Küchenfront von der Wand abgerückt wurde. Ein schwarzer Fleckenteppich unterhalb des Fließensockels ist zu sehen, der sich nach oben hin verjüngt und bis zur Decke reicht. Auch die Küchenmöbel selber wurden in Mitleidenschaft gezogen, nicht zuletzt diverse Lebensmittel. Carola Mehlberg zeigt uns eine Tüte mit Haferflocken, die über und über mit Schimmel befallen ist. Ihr Lebensgefährte sagt: "In der Wohnung ist sogar der Boden feucht. Dreimal habe ich Laminat verlegt, weil es sich immer wieder gehoben hat." Ausreichend gelüftet habe man stets, betont er.
Die Familie hat zwar eine Mietminderung von 15 Prozent bewirken können, doch zieht sie nun einen Schlussstrich. Olaf Diering: "Hier soll zwar was auf die Wände aufgetragen werden, doch das überzeugt uns nicht. Die Feuchtigkeit sitzt im Mauerwerk. So lässt sich die Ursache des Schimmels nicht beheben." Zum 25. März zieht die Familie aus.
Wie erwähnt: Spezialist Dr. Bundesmann als auch NBG-Chef Warnecke sehen das Übel nicht in Baumängeln begründet, sondern in Restfeuchte im Bau und falschen Lüftungsverhalten der Mieter. Bernd Warnecke: "Mit dem Aufbringen des Beschichtungsmaterials ist die Sache aus der Welt, bis dahin gewähren wir den Mietern - falls angefordert - einen Mietnachlass." Neumieter, so Warnecke, bekommen eine Art Gebrauchsanweisung für die Wohnung, die auf richtiges Lüften und Heizen hinweist.
Ob Baumängel oder nicht, im Falle der Wohnungen im Michaelisholz kommt ein Umstand erschwerend hinzu: Der der Nebenkosten. Die sind hier besonders hoch, da die Häuser mit vergleichsweise teurer Fernwärme versorgt werden. Das Resultat: Viele Mieter lüften nur zaghaft, um Wärme nicht entweichen zu lassen. Ein Teufelskreis.