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Radiobeitrag zeichnet düsteres Bild Radiobeitrag im Deutschlandfunk zeichnet düsteres Bild: Ist Zeitz eine Geisterstadt?

Von Angelika Andräs 21.09.2017, 09:41
Im Januar wurden die letzten Ruinen in der Schützenstraße in Zeitz abgerissen, darunter das Brandhaus Nummer 7.
Im Januar wurden die letzten Ruinen in der Schützenstraße in Zeitz abgerissen, darunter das Brandhaus Nummer 7. Petrik Wittwika

Zeitz - „Zwölf Uhr mittags in Zeitz. Die Straßen sind leer, kaum Menschen unterwegs ... Immer mehr junge Menschen ziehen aus Zeitz im Burgenlandkreis weg, viele Häuser stehen bereits leer und verfallen ... Außerdem fehlen Arbeitgeber, Zuzug gibt es gar nicht - ein schwer aufzuhaltender Kreislauf. ... eine aussterbende Stadt...“ Ausschnitte aus einer Sendung des Deutschlandfunks (DLF) in der Reihe „Deutschland heute - Abgehängte Regionen“ von Christoph Richter.

Bei den Hörern oder denen, die es im Nachhinein gelesen haben, fallen die Reaktionen grundverschieden aus. „... wenn ich an Zeitz denke in der Nacht...“, schreibt der in Leipzig lebende Zeitzer Hans-Joachim Richter, unter anderem Herausgeber eines Buches über Zeitz, „die hier vermittelte Grundstimmung zehrt seit Jahrzehnten an meinem Willen für die Belebung des Gebliebenen in meiner Heimatstadt.“

Zeitz-Ost und der Stadtrand werden modernisiert, die Innenstadt steht leer und verfällt

Was Stadtentwicklungs-Fachleute vor zehn Jahren voraussagten und niemand glauben wollte, trete nun ein: Zeitz-Ost und der Stadtrand werden modernisiert, die Innenstadt steht leer und verfällt. Hier seien Weichen falsch gestellt worden.

Allein steht Richter nicht mit seiner Meinung, aber es gibt auch heftigen Widerspruch: Schön sei Zeitz, in den letzten zehn Jahren sei viel passiert, die Innenstadt sei saniert. Bis auf die Rahnestraße, die tatsächlich ein Schandfleck ist. Dazu heißt es im DLF-Beitrag: „Ein paar Straßen weiter sieht es in Zeitz aus, wie kurz nach dem Krieg. Oder als ob die Menschen ihre Stadt fluchtartig verlassen hätten.

Ganze Straßenzüge in Zeitz sind vernagelt, verrammelt, leer

Ganze Straßenzüge sind vernagelt, verrammelt, leer. Aus Dachfirsten wachsen Birken, Häuser fallen in sich zusammen, die stuckverzierten Fassaden bröckeln. Wie eine Film-Kulisse.“ Der Burgenlandkreis im Süden Sachsen-Anhalts stehe als Sinnbild für die Schattenseiten der Einheit: Arbeitslosigkeit, Armut, Hoffnungslosigkeit. „Die Menschen in Zeitz verstehen es daher bis heute auch nicht, warum man 2003 der Stadt die letzte Attraktion genommen hat: das Theater mit eigenem Ensemble.“

Das alles ist sicher eine Seite, mit der die Stadt ringt, die sich auch gar nicht verbergen lässt. Aber ist es deshalb quasi die Bronx Sachsen-Anhalts? Nein, sagt die überwiegende Mehrheit der Kommentatoren im sozialen Netzwerk Facebook. Dort wird aufgezählt, was sich in Zeitz alles getan hat und gerade tut. Der Bericht wird als Frechheit bezeichnet, es sei falsch, den Verfall von Zeitz mit fehlender Kultur zu rechtfertigen, schreibt einer. Und ein anderer: „Ich bin fest der Meinung, dass Zeitz die Talsohle durchschritten hat und sich positiv entwickelt.“ Und es gebe Arbeitgeber und Arbeit für die, die welche suchen.

Enttäuscht vom Radio-Beitrag über Zeitz ist man in der Stadtverwaltung

Enttäuscht ist man in der Stadtverwaltung: „Der Beitrag ist vor allem für alle Menschen, die hier leben und sich Tag für Tag mit großem Engagement dafür einsetzen, unsere lebens- und liebenswerte Stadt voranzubringen, ein Schlag ins Gesicht – insbesondere für alle Kultur- und Theaterschaffenden, denn schließlich haben wir ein so vielfältiges Theaterleben in der Stadt, wie kaum eine andere Stadt dieser Größenordnung.“

Pressesprecherin Susanne Janicke sagt: „Leider hat der Autor im Vorfeld keinen Kontakt zur Pressestelle der Stadt Zeitz aufgenommen. Wir haben ihm aber bereits eine E-Mail geschrieben und unsere Sicht der Dinge dargelegt, verbunden mit einer herzlichen Einladung, nochmals nach Zeitz zu kommen, damit wir ihm auch noch die schönen Ecken unserer Stadt zeigen und von den positiven Entwicklungen berichten können.“ (mz)

Die Ruinen haben alle offene Fenster, eingeschlagene Scheiben.
Die Ruinen haben alle offene Fenster, eingeschlagene Scheiben.
Hartmut Krimmer