Praxis-Test zu Barrierefreiheit in Zeitz: Praxis-Test zu Barrierefreiheit in Zeitz: Kommt man ohne Hürden in die Apotheke?

Zeitz - Wie kommt der Rollstuhl in die Apotheke? Und ist im Geschäft noch genügend Platz und Bewegungsfreiheit für einen Rollator? Laut Verordnung über den Betrieb von Apotheken sollen seit fünf Jahren alle Apotheken barrierefrei erreichbar und im Geschäft genügend Raum für die Beratung der Kunden vorhanden sein.

Was ist dann mit den Apotheken, die sich nicht nur in einem Haus befinden, wo bauliche Veränderungen schwierig sind, sondern womöglich auch noch in denkmalgeschützten Gebäuden? Dort kann man nicht mal schnell einen neuen Eingang bauen oder einen entsprechend großen Mauerdurchbruch für eine Automatiktür machen. In Zeitz zeigt sich: Bei keiner Apotheke gibt es für die Kunden und Patienten ein gravierendes Problem.

Und man ist sich einig: Lieber eine Stufe, aber man hat eine Apotheke. Und klappt es gar nicht mit dem mühelosen Zugang, so ist die Apothekendichte hier mit zwölf Einrichtungen in der Stadt so hoch, dass man eine geeignete findet.

Doch der rollstuhlgerechte Zugang zur Apotheke ist ja nur ein Teil, wenn es um Barrierefreiheit geht. Die MZ prüfte das Problem vor Ort an einer der ältesten Apotheken in der Innenstadt, die sich auch in einem denkmalgeschützten Haus befindet: in der Privilegierten Oberen Apotheke Zum Mohren in der Brüderstraße.

Die Chance auf einen Umbau hat Apothekerin Elke Starke-Kreil nicht. Ihr Haus ist eingezwängt zwischen Rathaus und dem leerstehenden und verfallenen Gebäude der ehemaligen Notenbank. Doch Probleme hat sie nicht: Neben der Treppe, die extra neu gemacht wurde, gibt es eine Auffahrt zum Apothekeneingang. Dann allerdings wird es unter Umständen schwierig, denn ins Innere des Geschäfts kommt man nur über eine 20 Zentimeter hohe Stufe.

Elke Starke-Kreil holt die mobile Rampe. Jetzt stünde der Zufahrt in den Laden nichts im Wege. In der Praxis sieht es aber eher anders aus. „Wenn jemand die Stufe nicht schafft oder ein Rollstuhlfahrer nicht in den Geschäftsraum kommt, dann gehen wir natürlich sofort zur Tür. Das wissen unsere Kunden auch, und das klappt seit eh und je“, sagt Starke-Kreil, „Beschwerden gab es noch keine.“ Zumal ja auch jedem angeboten wird, die Medikamente ins Haus zu bringen.

So sieht das auch MZ-Leserin Marion Franke. Sie geht gern in die Mohrenapotheke. „Die Stufe macht mir schon zu schaffen, vor allem, wenn ich auf dem Weg zum Bus oder Parkplatz bin und schon was im Rollator habe“, erzählt sie, „aber den lasse ich auch mal an der Tür stehen. Und die Freundlichkeit der Apotheker wiegt das auf!“ Egal, ob man ihr helfe, den Rollator in das Geschäft zu bugsieren oder, wenn sie mit ihrem Schwager, der im Rollstuhl sitzt, unterwegs ist, das Gewünschte an die Tür bringt: „Es gab noch nie Schwierigkeiten.“

Umso mehr mag sie in der Mohrenapotheke ebenso wie in der gegenüberliegenden, ebenfalls in einem alten, denkmalgeschützten Haus etablierten Schwanen-Apotheke - vermutlich die älteste Apotheke der Stadt - das Ambiente. „Ich will mich ja auch wohlfühlen und geduldig beraten werden. Das ist ähnlich wichtig, wie der perfekte Eingang, oder?“

Ist es. Als Barrieren im Sinne der geforderten Barrierefreiheit in Apotheken werden neben Stufen, Treppen und zu wenig Fläche auch genannt: schlechte Beschilderung, fehlende Beleuchtung, zu viele große Glasflächen, keine visuellen oder akustischen Informationen zur Orientierung, keine Geduld, keine einfache Sprache, die die Patienten verstehen.

MZ-Leser Klaus Huth geht in der Innenstadt am liebsten in die Sonnen-Apotheke, wo es einen „normalen“ Zugang, aber auch eine Automatiktür gibt. „In der Katharinen-Apotheke in Zeitz-Ost passt auch alles. Und würde jetzt festgestellt, dass es da nicht den gesetzlichen Regelungen entspricht, wäre mir das egal.“ Angesichts der großen Zahl an Apotheken in Zeitz und den Ortschaften habe doch jeder seinen Favoriten und komme dort mit den Gegebenheiten klar.

Sorgen um große anstehende Veränderungen machen sich weder Apotheker noch Kunden. Der behindertengerechte Zugang ist vor allem Pflicht für Apotheken, die neu eröffnen. Die Arbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB), die länderübergreifend solche Vorschriften erläutert und näher auslegt, erklärte dazu: „Der Apothekenleiter einer bestehenden Apotheke muss alle Anstrengungen unternehmen und dies auch den Aufsichtsbehörden gegenüber belegen.“

Ob man im Einzelfall ohne bauliche Maßnahmen auskommen kann, müsse allerdings mit der jeweiligen Aufsichtsbehörde abgestimmt werden, hieß es dazu von der Arbeitsgruppe. Das Gesetz lässt also durchaus Ausnahmen für bestehende Apotheken zu. Auch bei der Übergabe des Betriebs sind Ausnahmen noch möglich. Bei einer kompletten Neueröffnung gilt allerdings: Barrierefreiheit muss sein. (mz)