1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Zeitz
  6. >
  7. Paul-Wegmann-Schule wird Bildungscampus: Paul-Wegmann-Schule wird Bildungscampus: Wer der Mensch hinter dem Namen war

Paul-Wegmann-Schule wird Bildungscampus Paul-Wegmann-Schule wird Bildungscampus: Wer der Mensch hinter dem Namen war

Von Petrik Wittwika 24.11.2018, 17:00
Die ehemalige Paul-Wegmann-Schule in Zeitz ist wieder im Gespräch, sie soll Teil eines Bildungscampus’ in Zeitz werden.
Die ehemalige Paul-Wegmann-Schule in Zeitz ist wieder im Gespräch, sie soll Teil eines Bildungscampus’ in Zeitz werden. Hartmut Krimmer

Zeitz - „Wer Waffen produziert, weiß, dass sie benutzt werden!“ oder „So lange gesprochen wird, wird nicht mit Waffen gekämpft!“ Zwei Zitate, die an Aktualität nichts eingebüßt haben. Sie stammen von Paul Wegmann (1889-1945).

Den meisten Zeitzern ist der Name vermutlich bekannt, weil das Schulgebäude am Thomas-Müntzer-Platz seinen Namen trägt. Es ist jetzt durch die Pläne für einen Bildungscampus in Zeitz wieder in vieler Munde. Und unmittelbar vor der Ruine befindet sich der Gedenkstein - manchmal zugewachsen, zurzeit gut sichtbar.

Paul Wegmann war einst Kreisjugendpfleger

An Paul Wegmann, den einstigen Zeitzer Kreisjugendpfleger, überzeugten Pazifisten und bekannten sozialdemokratischen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, erinnert seit 1. Juni 2017 ein Stolperstein vor seiner letzten Wohnung. Ganz bewusst fand die Gedenkveranstaltung anlässlich der Stolpersteinverlegung am Internationalen Kindertag statt, denn Kinder und Jugendliche benachteiligter Bevölkerungsschichten waren es, um deren Vorankommen in der Welt sich Wegmann als Jugendpfleger redlich bemühte.

Ihnen gehörte seine ganze Aufmerksamkeit, denn „in einer Gesellschaft leben, heißt Verantwortung übernehmen“, so Wegmanns Lebensmaxime.

Stolperstein für Paul Wegmann in Berlin

Jener ihm auf Initiative der SPD gewidmete Stolperstein, den der Kölner Künstler Gunter Demnig, geistiger Vater des Projekts, höchstpersönlich verlegte, wurde aber nicht etwa in Zeitz vor der Gutenbergstraße 2 in die Erde gelassen, wo sich Paul Wegmann in den 1930er Jahren mit Ehefrau Anna und seinen drei Kindern ein Zuhause geschaffen hatte, sondern in Berlin, im Treptow-Köpenicker Ortsteil Bohnsdorf, wo er bis zu seiner erneuten Verhaftung im Sommer 1944 in der Dahmestraße 69 lebte.

Alle drei Kinder Paul Wegmanns waren an diesem besonderen Tag zugegen. Annelore Rinnert als Erstgeborene sprach bewegende Worte zu den Anwesenden und schilderte, wie sie als junges Mädchen den Vater erlebte, als er eines Tages nach der Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen zu Hause ankam: Ein schwer traumatisierter Mann stand vor ihr, dessen Lebenswillen die Nazis vollständig brechen wollten.

Allgegenwärtig ist Paul Wegmann in Zeitz auch als Name einer Siedlungsstraße in Rasberg

Allgegenwärtig ist Paul Wegmann trotz allem in Zeitz und das auch als Name einer Siedlungsstraße in Rasberg. Das zunehmend verfallende, seit 2002 leerstehende Backsteinschulgebäude am Thomas-Müntzer-Platz unweit des Steinsgrabens, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen feiern könnte, offeriert an der Fassade noch immer deutlich seinen Beinamen „Paul Wegmann“.

Im Frühjahr 1947 hatten die Zeitzer Stadtverordneten beschlossen, der damaligen 2. Volksschule den Beinamen „Paul-Wegmann-Schule“ zu verleihen. Genau davor erinnert ein erst kürzlich vom jahrelangen Wildwuchs befreiter Gedenkstein an Paul Wegmanns ereignisreiches Leben und rastloses Wirken, das im öffentlichen Zeitzer Raum kaum noch bekannt ist. Sein Todesjahr ist darauf allerdings nicht korrekt wiedergegeben.

Kreis-Kindererholungsheim „Paul Wegmann“

Als „Lost Place“ finden Unermüdliche auch immer wieder den Weg zum ehemaligen, 1926 eingeweihten Kreis-Kindererholungsheim „Paul Wegmann“, dessen sandsteinerne Ruine am Ostrand des Zeitzer Forstes im Verborgenen schlummert.

Wer war der Mensch Paul Eugen Wegmann, mit dem sich ein wichtiges, aber zugleich auch düsteres Kapitel jüngerer Zeitzer Geschichte verbindet? „Namen sind Schicksalszeichen!“, so besagt es jedenfalls eine alte lateinische Weisheit. Und Pfarrer Dietrich Wegmann aus Ragow bei Berlin, der im vergangenen Jahr 84-jährig aus dem aktiven Dienst der evangelischen Kirche verabschiedet worden ist, beschrieb schon vor vielen Jahrzehnten seinen Vater in einem Lebensabriss als „Wanderer“, was der Name Wegmann übersetzt auch bedeutet. Paul Wegmann hat dieses Sprichwort sein Leben lang bestätigt.

Not in der Familie

Schon von klein auf muss der am 17. September 1889 in Wuppertal-Ronsdorf im Bergischen Land Geborene für den Familienunterhalt mit aufkommen. Als er elf Jahre alt ist, stirbt sein Vater Ernst Wegmann, ein Bandwirker und einfacher Manufaktur-Heimarbeiter, wodurch sich die Not der Familie um die Witwe Helene Amalie Wegmann, geborene Schultes, zu der insgesamt acht Kinder gehören, vergrößert. (mz)

In Zeitz steht ein Gedenkstein am Thomas-Müntzer-Platz, auf dem Wegmanns Todesjahr allerdings falsch angegeben ist.
In Zeitz steht ein Gedenkstein am Thomas-Müntzer-Platz, auf dem Wegmanns Todesjahr allerdings falsch angegeben ist.
Petrik Wittwika