Anlieger kochen vor Wut: Neue Straße in Zeitz: Schotterstraße wird zur Rennstrecke - Anlieger kochen vor Wut

Zeitz - Fahrzeug rollt an Fahrzeug. Die zweite Welle des Berufsverkehrs. Ein Cabrio mit halleschem Kennzeichen fährt Schritt. Eine gute Gelegenheit, den Fahrer zu fragen, warum er statt der offiziellen Umleitungsstrecke für die Baumaßnahme Weißenfelser Straße in Zeitz die illegale Abkürzung über die Neue Straße nimmt. Er gibt erst einmal Gas, doch die Autoschlange lässt ihn schnell stoppen. „Egal: Ich fahre jeden Tag hier lang, und das ist mein gutes Recht“, sagt Karsten Schmidt, „und das sage ich jedem. Hier ist eine Straße, da fahre ich drei, vier Kilometer weniger als auf der offiziellen Umleitung, also fahre ich diese Straße.“

Eine richtige Straße ist zumindest dieser Teil nicht. Es handelt sich um eine Schotterstrecke. Die Staubwolken sind an trockenen Tagen wie zurzeit nicht nur weit zu sehen, sondern legen sich als dicke Schicht auf die Fenster und Mauern der Anwohner, auf die Wäsche, die sie draußen trocknen wollen, auf Gartenmöbel, einfach auf alles.

Anwohner ist das nächste Stichwort. Die neue Straße ist für die Durchfahrt gesperrt, frei nur für Anlieger. „Aber da hat der Mann aus Hamburg plötzlich das Anliegen hier entlang Richtung Autobahn zu fahren. Und der Altenburger hat das Anliegen, schneller zu Hause zu sein“, schimpft eine Frau, die ihr Rad schiebt. „Wir hier haben das Anliegen, weniger gefährlich zu leben, denn egal, wie es staubt, Schritt fahren die Wenigsten.“

Das beschreibt auch ein anderer Anwohner. Er war auf dem Polizeirevierkommissariat. Denn als ob es nicht reicht, dass hier die Autos rollen, als wäre es die ausgewiesene Umleitungsstrecke, gibt es auch richtig Stress. Er und sein Nachbar sprachen den Fahrer eines roten Audi an, der gab noch etwas mehr Gas und bretterte davon und zeigte den Mittelfinger lange und deutlich sichtbar...

„Es ist sowieso schon schlimm, war es vorher, ist es auch jetzt noch, aber das war schon sehr krass“, berichtet der Anwohner, „wir haben das Kennzeichen, und wenn er sich nicht sehr schnell entschuldigt, gibt es eine Anzeige.“

Dabei bringen die Anlieger sogar noch ein gewisses Verständnis auf, dass mal ein Fahrer die kürzere Strecke wählt, obwohl sie selbst in den meisten Fällen die offizielle Umleitungsstrecke fahren - schon dem Auto zuliebe. Aber wenn jemand schon dreistermaßen die Anliegerstrecke fährt, dann sollte er sich anders verhalten. „Oder wollte der Fahrer uns beweisen, dass er mit dem Führen dieses Autos eigentlich überfordert ist?“

Lärm, ständiger Verkehr und Staub nerven. Doch weil die Fahrer nicht wenigstens langsam fahren, wird es auch gefährlich. „Hier wohnen viele Kinder oder sind zu Besuch, die laufen schnell mal aus der Einfahrt. Und normalerweise ist ja auch kaum Verkehr.“ Auf die Stadt, zumindest auf deren Kontrollen, setzt hier an der Straße niemand mehr. Man hofft nur noch auf Ende August: Da zieht die Baustelle weiter. Gebaut wird dann von Freizeitmobile Kulmann bis zur Einfahrt Aral-Tankstelle. Dann wird die Neue Straße Sackgasse. (mz)