Nachtschwimmen Nachtschwimmen: Ein Zaubertrank bewirkt Wunder
Weißenfels/MZ. - Kurz nach halb sechs lassen sich Sibylle und Werner Schwoide sowie Gertraude Pricha ihre Teilnehmerurkunden aushändigen. Letztere ist mit 70 Jahren die älteste Teilnehmerin und hat immerhin 1 250 Meter zurückgelegt. Frau Schwoide (63) plaudert: "Wir gehen dienstags zum Seniorenschwimmen. Da sind 1 000 Meter Pflicht. Doch beim Nachtschwimmen waren wir das erste Mal." Und warum sie erst in aller Frühe gekommen seien? "Weil dann nicht mehr so viel Betrieb ist", meint Günter Schwoide.
Werner und Liane Keil - zwei von den gut 50 freiwilligen Helfern - werfen am Beckenrand einen Blick auf die Uhr. Sie sind seit fast 24 Stunden auf den Beinen, müssen aber noch die Bahnen von Siegfried Hildebrandt und Thomas Hüfner zählen, mit denen der Ehrgeiz durchgegangen ist. Punkt sechs Uhr stehen für den einen 13 900 und für den anderen 11 450 Meter auf dem Papier. Da hat sich Friedemann Lange längst abgetrocknet und wartet auf die Siegerehrung.
Zum dritten Mal habe er Platz 2 geholt, obwohl er sich nicht mal optimal vorbereiten konnte. Bei dieser Feststellung ignoriert der 44-Jährige, dass er in der Altersklasse ab 26 Jahren sogar Erster geworden ist. Zu sehr geht der Blick auf die (inoffizielle) Gesamtwertung. Dabei lief es für den Weißenfelser anfangs schlecht. Gegen Mitternacht hätten ihm alle Knochen weh getan. Doch zum einen habe er in den zwei Pausen jeweils eine halbe Stunde fest geschlafen, zum anderen habe ihm Christa Gorzki einen Zaubertrank gegeben. Danach hatte er keine Schmerzen mehr. "Es war wie ein Wunder." Frau Gorzki meint, dass das doch nur der simple Energietrunk Gatorade gewesen sei. Doch um einen der Favoriten um 1 200 Meter zu übertreffen reichte es.
Dabei lag nach den ersten drei Stunden der Ex-Weißenfelser René Bergmann, der jetzt in Leipzig lebt, nur 800 Meter hinter Lars Gorzki. Er hatte bis zur 3. Klasse mal ernsthaft trainiert, dann aber aufgehört. Bereits 21.30 Uhr ist ihm klar: "An Lars bin ich bisher jedes Mal verzweifelt. Wenn der nicht einbricht oder aufgibt, ist nichts zu holen." Seine Vorjahresleistung von 30 000 Metern will er dennoch überbieten. Doch plötzlich sei der Akku leer gewesen. Über die letzten Bahnen habe er sich wenigstens noch auf 25 Kilometer gequält.
Auch die Siegerin bei den Frauen - Marika Kannegießer - hat ihr Ziel, die 20 000 Meter, nicht erreicht. Allerdings kommt sie, die derzeit an der Polizeischule in Saarbrücken ausgebildet wird, auf 18 000 Meter. Anfangs habe der Körper nicht mehr mitgespielt, und dann habe auch der Geist "Schluss" gesagt. Das nächste Mal wolle sie besser vorbereitet kommen.
Die Dreifachsiegerin der letzten Jahre, Heike Pydde, vermag das nicht zu beunruhigen. Wegen mangelnden Trainings habe sie diesmal nicht gepasst, "aber vielleicht wollte ich ja mal den anderen den Vortritt lassen", sagt die 38-jährige Reichardtswerbenerin. Deshalb hilft sie der Masters-Staffel des Schwimmvereins zu Sieg und Einstellung des Rekordes von 3 150 Metern einer Naumburger Mannschaft. Mario Würzburger erzählt, dass sich hier Schwimmer im Team zusammengefunden hätten, die sich bereits seit DDR-Zeiten kennen und sich dienstags und donnerstags treffen. Und der 38-jährige Hartmut Krämer setzt hinzu, dass die Gemeinschaft zähle.
Auch von Marius Rauschel gibt es eine Kampfansage. Der 17-Jährige, der für die Wasserwacht dabei ist, hatte in Weißenfels das Schwimm-Abc gelernt, besucht nun die Leipziger Sportschule und ist Deutscher Meister des Jahrganges '85. Ob es aber schon nächstes Jahr klappe, wisse er nicht, weil er ja nicht für lange Strecken trainiere.